«Lean, Agile & Scrum»-Konferenz 2020 von swissICT
11.08.2020, 10:50 Uhr
Weshalb agile Methoden ausserhalb der IT grosses Potenzial haben
Am 2. und 3. September lädt swissICT zur «Lean, Agile, Scrum»-Konferenz 2020. Im Interview spricht Keynote-Speaker Bernd Oestereich über das Bedürfnis nach Selbstorganisation auch ausserhalb der IT-Abteilung und worauf es bei der Einführung agiler Methoden ankommt.
Agile Arbeitsmethoden gehören in der IT und in IT-nahen Umgebungen zum Arbeitsalltag. Die agilen Arbeitsweisen machen Schule und halten in den Fachbereichen Einzug. Auf diese Weise sollen beispielsweise Produkte schneller entwickelt und an Kundenwünsche angepasst werden. Allerdings muss die eingesetzte Methode auch zum Unternehmen passen. Ansonsten muss die Methode adaptiert werden. Best Practices und Ideen werden an der LAS 11, der «Lean, Agile & Scrum»-Konferenz 2020 (LAS) von swissICT Anfang September ausgetauscht.
Bernd Oestereich ist Coach bei kollegiale-fuehrung.de und Keynote-Speaker an der LAS 11. Im Interview erklärt Oestereich, weshalb nicht jede agile Methode auf Anhieb passt und welche Bedeutung die kollegiale Führung bei der Organisationsentwicklung spielt.
Computerworld: Sie werden an der LAS 11 eine Keynote zum Thema agile Methoden in der Organisationsentwicklung halten. Was wird die Teilnehmenden erwarten?
Bernd Oestereich: In meinem Vortrag werde ich verschiedene Anwendungsfälle unterscheiden, beispielsweise, ob es um Produktentwicklung, agile Arbeitsweisen für sonstige operative Arbeit, um kollegiale Führung oder um Organisationsentwicklung geht. Davon abhängig sind unterschiedliche agile Methoden und Herangehensweisen hilfreich oder eben gerade nicht.
Computerworld: Das heisst?
Oestereich: Agile Produktentwicklungsmodelle wie Scrum und Kanban und Modelle zur agilen Organisationsentwicklung ergänzen sich zwar, adressieren jedoch spezifische Anwendungsfälle, die eben nicht verwechselt werden sollten.
Computerworld: Woher kommt das Bedürfnis in Unternehmen, agile Arbeitsweisen auch in Fachbereichen einzusetzen? Entsteht das in den Fachabteilungen selbst, ist es ein von der Geschäftsleitung initiierter Top-Down-Ansatz oder probiert man einfach mal, weil es gerade alle machen?
Oestereich: Die erhöhte Komplexität in der Arbeit erfordert weitergehende Möglichkeiten der Koordination, Organisation, Führung und Entscheidungsfindung in Unternehmen. Traditionelle Führungs- und Organisationsprinzipien führen unter komplexen Bedingungen typischerweise nur zu mehr Selbstbeschäftigung. Die eigentliche und wertschöpfende Arbeit und die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen leiden. Mitarbeiter und Führungskräfte aller Ebenen geraten in Überlastung.
Computerworld: Wie lässt sich eine Überlastung vermeiden?
Oestereich: Vor allem systemtheoretisch aufmerksame Inhaberinnen und oberste Führungskräfte suchen daher nach weitergehenden Führungs- und Organisationsprinzipien, die eine grössere Selbstorganisation und Anpassungsfähigkeit ermöglichen. Meines Erachtens nach müssen die Rahmenbedingungen für mehr Selbstorganisation von oben nach unten ermöglicht werden. Familien- und inhabergeführten Unternehmen gelingt dies häufig einfacher als solchen mit wechselnden angestellten Managern. Durch agilere Arbeitsweisen ein attraktiverer Arbeitgeber zu werden, ist ebenfalls ein häufiger Antrieb.
Computerworld: In welchen Unternehmensbereichen – abseits der IT – sehen Sie das grösste Potenzial für die Anwendung agiler Methoden?
Oestereich: Das grösste Potential haben die direkt wertschöpfenden Bereiche, also die Einheiten, die unmittelbar das herstellen oder leisten, wofür die Kunden gerne bezahlen. Entwicklungsabteilungen, vor allem die IT, arbeiten mit Scrum, Lean & Co ganz erfolgreich und haben in der Regel wenig weitergehenden Bedarf zu agiler Organisationsentwicklung. Umgekehrt haben viele andere Bereiche eher Bedarf nach einer kontinuierlichen selbstorganisierten Organisationsentwicklung, für die Scrum und Kanban weniger passend sind.