«Mode muss ein Erlebnis sein»

Digitale Lösungen für das PKZ-Verkaufspersonal

CW: Welchen Mehrwert bietet das Sale-Pad im Verkauf?
Senti: Der E-Shop soll den Verkäuferinnen und Verkäufern in den Filialen als Werkzeug dienen. Als Technik kommt ein Tablet zum Einsatz, über das unsere Mitarbeitenden im Ladengeschäft auf den Online-Shop und zusätzlich auf die gesamten Filialbestände zugreifen können. Der Online-Kanal soll künftig nicht als Feind angesehen werden, der einem den Umsatz nimmt, sondern als Partner, der einen unterstützt, in der Filiale einen zusätzlichen Verkauf zu tätigen, den man früher vielleicht nicht hätte abschliessen können.
CW: Wo stehen Sie mit dem Sale-Pad?
Senti: Hier befinden wir uns noch in der Umsetzung. Ziel ist es, im Sommer mit einer Pilotphase in ausgewählten Stores zu starten. Der gesamte Rollout ist für den kommenden Herbst geplant. Damit einher geht ein Schulungsprogramm für die Anwender in den Filialen. Denn die Einführung des Systems wird auch zu Veränderungen führen. Die Akzeptanz für das Online-Geschäft ist zwar bei den Mit­arbeitenden in den physischen Geschäften seit dem Start unseres E-Shops gestiegen, aber noch nicht ganz so hoch, wie ich mir das wünsche. Wenn man neue Werkzeuge und Anwendungen in die Filialen bringt, sind Schulungen und die Begleitung während der Einführung wichtig, damit das Verkaufspersonal auch gleich merkt, dass ihnen das Sale-Pad einen zusätzlichen Nutzen bringt.
CW: Inwiefern ändert sich die Rolle des Verkaufspersonals durch die neuen digitalen Lösungen?
Senti: Im Gegensatz zu vor zehn oder gar zwanzig Jahren sind im Verkauf heute andere Fähigkeiten gefragt. Daran muss man arbeiten. Das geht auch nicht von heute auf morgen. Das ist eine Veränderung, die Zeit benötigt.
CW: Achten Sie beim Rekrutierungsprozess für den Verkauf auf digitale Skills?
Senti: Das nicht unbedingt, denn unsere Anwendungen sollten so einfach sein, dass man sie sofort einsetzen kann und auch Mitarbeitende, die keine Digital Natives sind, umgehend mit ihnen klarkommen. Wenn 80 Prozent unserer Mitarbeitenden in den Stores die Systeme nicht ohne Schwierigkeiten verstehen können, dann ist die Lösung, die wir ihnen bieten, zu kompliziert. Aber auf Stufe der Filialleitung achten wir auf eine gewisse Affinität für digitale Lösungen.
CW: Die Bekleidungsbranche steht unter wirtschaft­lichem Druck. Hinzu kommen Plattformanbieter wie Zalando oder Amazon. Inwieweit wirkt sich das auf Ihren finanziellen Spielraum aus? Leiden Sie unter Budgetdruck oder gibt es sogar mehr Geld, um sich mit digitalen Lösungen aus der Umklammerung zu befreien?
Senti: Wir wuchsen letztes Jahr um zwei Prozent, entgegen dem Branchentrend. Der Markt entwickelt sich aber weiterhin negativ. Entsprechend spüren wir einen gewissen Kostendruck. Grundsätzlich betrachten wir die Entwicklung aber aus einer übergeordneten und ganzheitlichen Perspektive. Wir setzen nicht voll auf online, da offline schwieriger wird oder umgekehrt. Vielmehr investieren wir antizyklisch in alle Kanäle. Als KMU müssen wir uns aber gut überlegen, in welche Massnahme wir wie viel Budget investieren. Auch deshalb halten wir unsere IT schlank und gehen Projekte gezielt mit externen Partnern an.
Für Reto Senti hat die digitale Transforma­tion erst angefangen und wird den Handel ständig begleiten
Quelle: PKZ
CW: Zum Thema Einkaufserlebnis – welche Trends sehen Sie hier momentan?
Senti: Es reicht nicht mehr, einfach Kleider in ein Geschäft zu hängen und dann auf Kundschaft zu warten. Mode muss ein Erlebnis sein! Wir spüren, dass es die Kunden schätzen, wenn wir Events veranstalten wie zum Beispiel zum Saisonstart. Die PKZ Fashion Nights und PKZ Gents Nights in unseren grossen Häusern finden viel Anklang. Zusätzlich bieten wir Styling-Workshops auch in kleineren Gruppen und weitere Mode-Events auch lokal mit anderen Fachgeschäften, die keine Mode anbieten, aber uns gut ergänzen. Das Einkaufserlebnis entwickelt sich und es kann auch sein, dass es in fünf oder zehn Jahren Ladenkonzepte mit ausgeprägtem Showroom-Charakter gibt, bei denen die Ware von einem zentralen Lager direkt nach Hause geliefert wird. Das sind Entwicklungen, die uns ebenfalls beschäftigen.
CW: Was bedeutet das für die digitale Welt? Wie ver­ändert sich in diesem Bereich die Kundenansprache?
Senti: Hier sehen wir die Möglichkeit, Kunden personalisiert anzusprechen, anstatt allen das Gleiche anzubieten. Wir wollen Kunden auch online inspirieren und ihnen ein Erlebnis bieten, wenn sie in die Fashion-Welt von PKZ eintauchen. Hier reicht es ebenfalls nicht mehr, einfach ein Produkt anzuzeigen. Letzten Herbst hatten wir deshalb ein Pilotprojekt durchgeführt, bei dem wir eine Styling-Beratung über eine Hotline anboten. Dort konnte man mit Modeberaterinnen und Stylisten sprechen, die einem online halfen, passende Produkte zu bestellen. Das kam zum Teil gut an. Allerdings lernten wir auch, dass Online-Kunden die Distanz respektive die Anonymität im Web einzukaufen, schätzen und nicht unbedingt online beraten werden möchten.
CW: Als CDO müssen Sie für die Geschäftsstrategie auch technische Entwicklungen laufend evaluieren. Welche digitalen Trends und Hypes haben Sie auf dem Radar?
Senti: Ich sehe überall Potenzial, wo es dem Kunden einen Nutzen bringt. Ich sehe viele digitale oder technische Innovationen, die spannend und eine tolle Spielerei sind, aber nicht viel Mehrwert bringen. Wir sind daran interessiert, Kundinnen und Kunden die richtigen Produkte zu empfehlen und zu zeigen. Style-Tipps bieten wir ohnehin schon, beispielsweise durch unsere hauseigenen Mode-Shootings. Themen, die wir in unserer Pipeline haben, betreffen die Produktwahl und ergänzende Empfehlungen. Stets mit der Prämisse, Kunden einen Zusatznutzen zu bieten und nicht nur eine technische Spielerei zu sein.
CW: Was könnten Sie sich in Zukunft vorstellen?
Senti: Es gibt beispielsweise die Möglichkeit, dass man ein Foto von sich oder auch ein auf Instagram entdecktes Outfit in eine Software lädt und dann über eine visuelle Suche Produkte angezeigt bekommt, die dem Outfit am nächsten kommen. Wenn ein Kunde kommt und sagt, dieser Look würde mir gefallen, kann man über eine visuelle Suche die passenden Produkte anzeigen, die wir verfügbar haben. Hier sehe ich grosses Potenzial. Über solche Trends denken wir nach. Mit Machine Learning kann man aus Empfehlungssystemen sehr viel herausholen. Solche Themen wollen wir im Verlauf der zweiten Jahreshälfte angehen. Das sind Entwicklungen, die extrem spannend sein können. Auch für unseren stationären Handel.
CW: Der CDO soll die digitale Transformation begleiten. Wann sehen Sie Ihre Mission abgeschlossen?
Senti: Da sehe ich so schnell kein Ende in Sicht, denn die digitale Transformation hat erst angefangen. Unternehmen, die sich heute nicht mit den digitalen Entwicklungen beschäftigen oder diese gar als Gefahr sehen und ihre Chancen nicht nutzen, werden vor Problemen stehen. Denn die paar Themen, die wir heute haben, sind noch nichts im Vergleich zu jenen, mit denen wir uns in zwanzig Jahren auseinandersetzen werden. Der Handel wird folglich die digitale Transformation in absehbarer Zeit nicht abschliessen können. Der digitale Wandel wird ständig weitergehen.
Zur Firma
Das Modehaus PKZ
wurde 1881 von Paul Kehl in Winterthur gegründet. Nach einem Umzug nach Zürich drei Jahre später sicherte sich der Gründer den Markennamen Paul Kehl Zürich mit dem bekannten Kürzel PKZ. Heute hat das Unternehmen seinen Hauptsitz in Urdorf bei Zürich und betreibt schweizweit 39 Laden­geschäfte sowie einen Online-Shop.



Das könnte Sie auch interessieren