«Die IT lief trotz Corona-Flaute»
Von Oracle zu SAP
CW: So lange sind Sie ja noch gar nicht bei SAP. Vor zwei Jahren wechselten Sie von Oracle auf SAP S/4Hana. Was waren die Gründe dafür?
Castillo: Das neue Lizenzmodell von Oracle war der Hauptgrund für den Wechsel. Unsere Kosten wären dadurch um ein Vielfaches gestiegen, was für uns nicht akzeptabel war. SAP S4/Hana hatten wir schon länger im Blick und haben dann den Business Case forciert, sodass wir innerhalb nur eines Jahres auf die Hana-Plattform migriert sind.
Castillo: Das stimmt, wir haben einen Greenfield-Ansatz gewählt. Die grössten Kopfschmerzen bereitete uns dabei die Downtime. Denn wir mussten die Datenbank extrahieren, in das neue System laden und prüfen, ob alles funktioniert. So waren wir letztendlich 24 Stunden nicht erreichbar. Dafür haben wir ein Wochenende im November gewählt, an dem traditionell wenig Traffic ist. Für den Flughafenschalter und die Krisenorganisation haben wir eine kleine Schattendatenbank aufgebaut, da dort der Betrieb nicht 24 Stunden stillstehen kann. Während der ersten drei Monate auf SAP hatten wir noch mit einigen «Kinderkrankheiten» zu kämpfen, da einige Einstellungen nicht stimmten, sodass die Performance zu wünschen übrig liess. Als wir auch mithilfe der Partner an den richtigen Schrauben gedreht hatten, erreichte das neue System dann immerhin die Leistung der Oracle-Lösung.
CW: Neben der Kostenvermeidung ist vermutlich aber auch eine bessere Performance das Ziel gewesen …
Castillo: Richtig. Mittlerweile sind wir an einigen Stellen performanter als zuvor, insbesondere bei den Reaktionszeiten. Die In-Memory-Verarbeitung bedeutet aber auch, dass unsere Entwickler nun neue technologische Möglichkeiten haben. Bei unseren Eigenentwicklungen haben wir anfangs nur auf die Kompatibilität mit Hana geachtet – und nicht auf die Optimierung. Diese Arbeiten laufen gerade jetzt im Rahmen diverser Change-Projekte.
CW: Was war der bisher grösste «gefühlte» Erfolg als IT-Verantwortlicher?
Castillo: Dass wir schon früher als erwartet die 20-Prozent-Challenge meistern konnten. Obwohl wir den gleichen Service liefern und nicht den Job-Abbau forciert haben, konnten wir die IT-Kosten um ein Fünftel reduzieren. Die wichtigsten Stellschrauben dabei waren eine strikte Priorisierung von Projekten und neu verhandelte Verträge mit den Lieferanten. Als wir anschliessend die Rechnung aufgemacht haben, war es schon ein schönes Erfolgserlebnis.
Noch höher würde ich aber den Erfolg werten, dass wir in diesem Frühjahr tatsächlich alle Mitarbeitenden von einem Tag auf den anderen ins Home Office schicken konnten. Und der Betrieb ununterbrochen weiterlief.
CW: Und die grösste Enttäuschung?
Castillo: Gemeinsam mit dem IT-Management habe ich intensiv an agilen Arbeitsmethoden und dem Empowerment der Informatikkollegen gearbeitet. Diese «Transformation» der Arbeitsweise und auch des Mindsets dauern noch immer an und ist und wird auch nicht so schnell abgeschlossen sein, wie ich es mir gewünscht hätte. Mit gezielten Schulungsangeboten haben wir hier Hilfestellungen gegeben – was auch gut angekommen ist.
Bei den Innovationsprojekten war ich eher von der Marktreife und Akzeptanz von neuen Technologien bei den Kunden enttäuscht. Wir hatten früher eine Abteilung, die sich um «Digital Business Development» gekümmert hat und «Minimal Viable Products» und «Proof of Concept» in den Bereichen virtuelle Realität sowie Voice entwickelt. Unter anderem konnten sich Kunden im Reisebüro virtuell auf einem Kreuzfahrtschiff umsehen. Das Angebot war aus meiner Sicht sehr spannend, krankte aber leider an den fehlenden Inhalten. So mussten wir den Test stoppen und letztendlich leider auch die Abteilung wieder schliessen.
Zur Firma
Hotelplan Group
ist eine 100-prozentige Tochter des Migros-Genossenschafts-Bundes.
Zur Gruppe gehören die Ländergesellschaften Hotelplan Suisse sowie Hotelplan UK, die Geschäftsreisensparte mit bta first travel und Finass, der Reiseveranstalter vtours, die Ferienhaus-Divison mit Interchalet und Interhome sowie das Start-up Bedfinder.
Bei Hotelplan Group arbeiten aktuell rund 2000 Mitarbeitende. Die Gruppe erzielte im Jahr 2019 einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Franken.