«Was ist falsch an der Schatten-IT?»
CIO als Netzwerk-Architekt
CW: Da wäre es wohl am Einfachsten, jeder Geschäftsbereich installiert sich seine eigene IT…
Naef: Nein, das kann nicht die Antwort sein. Silo-Denken, Doppelspurigkeit, Ineffizienzen und Inkompatibilitäten wären vorprogrammiert. Vielmehr müssen wir von den traditionellen hierarchischen Strukturen wegkommen. Denn wir leben im Netzwerk-Zeitalter! Das Ziel muss es sein, eine vernetzte Struktur von IT-Fachleuten zu schaffen, die sich durch die gesamte Organisation zieht. Die Experten müssen von einem gemeinsamen Zweck (Purpose) getrieben werden und auf gemeinsame Ziele hin arbeiten.
Dies ist vergleichbar mit der Art und Weise wie Agile Squads organisiert sind und effektiv zusammenarbeiten. Diese Teams setzen sich aus Mitgliedern verschiedener Organisationseinheiten (im traditionellen hierarchischen Sinne) zusammen, werden von einem gemeinsamen Zweck getrieben, arbeiten auf gemeinsame Ziele hin, organisieren und managen sich meist selbst und kümmern sich nicht um Berichtslinien und hierarchische Unternehmensstrukturen.
CW: Der CIO würde dann quasi zu einem (grossen) Knoten im Netzwerk…
Naef: Vielleicht nicht unbedingt ein Knoten, sondern eher ein Strippenzieher. Zweifellos muss sich seine Rolle aber grundlegend ändern. Und zwar weg von der zentralen Kontrolle der IT als operative Einheit hin zu einem Coach, Katalysator und Netzwerker, der es dem Unternehmen ermöglicht, sich in ein digitales Unternehmen zu transformieren. Dafür muss sich der CIO auch aktiv vom traditionellen hierarchischen Denken lösen und ein Vorbild für eine vernetzte Organisation werden.
Heute bestimmt nicht die Grösse der IT-Organisation, gemessen an der Anzahl Mitarbeitenden, oder die Höhe des IT-Budgets die Bedeutung der IT und damit die des CIOs. Entscheidender ist der Mehrwert, den der CIO und die IT bringt und der Impact, die er/sie auf die Stakeholder des Unternehmens, sprich, das Business, die Mitarbeitenden, Kunden, Umwelt usw. ausüben kann.
CW: Wie und wo soll der CIO beginnen?
Naef: CIOs müssen in der Lage sein, mit Schatten-IT-Teams im gesamten Unternehmen zusammenzuarbeiten, diese zu nutzen, von deren Nähe und Verständnis für das Geschäft sowie von deren Flexibilität und Innovationskraft zu profitieren. Dabei dürfen sie allerdings niemals die Kosten oder Sicherheit gefährden oder gar in ein unkontrolliertes Chaos abdriften. Darum müssen trotz allem gewisse unternehmensweite Prinzipien, Regeln und Architekturen gemeinsam fürs ganze Unternehmen definiert und befolgt werden, zum Beispiel auch im Bereich der Cyber Security.
Zur Serie
Die künftige Rolle des CIO
Im Interview äussert Patrick Naef prägnant seine Meinung über aktuelle und künftige Herausforderungen der IT. Für Computerworld skizziert er die künftige Rolle des CIO. Die Beiträge zu Themen wie Digital Leadership, den Mehrwert von IT, Open Innovation und die Virtualisierung des Geschäfts sind in regelmässigen Abständen auf www.computerworld.ch zu lesen.
Bisherige Artikel:
Patrick Naef: «IT ist Teil jedes Geschäftsprozesses»
Patrick Naef: «Der CIO darf nicht Chief Legacy Officer werden»
Patrick Naef: «Die IT wird Teil aller Produkte»
Patrick Naef: «Virtualisieren von Objekten birgt viel Potenzial»
Patrick Naef: «Starre Firmenstrukturen bremsen Innovation»
Patrick Naef: «Digitale Transformation schafft nicht der CIO alleine»
Patrick Naef: «Was ist falsch an der Schatten-IT?» (dieser Beitrag)