DSAG-Umfrage 12.10.2020, 11:51 Uhr

Schweizer SAP-Projekte trotzen der Krise

Die Schweizer SAP-Anwender treiben trotz der Corona-Krise ihre SAP-Projekte voran. Eine Umfrage der DSAG ergab weiter, dass die Budgets auch im nächsten Jahr konstant bleiben.
Christian Zumbach von der DSAG hat seine Schweizer Kollegen über die Auswirkungen des Lockdowns befragt
(Quelle: DSAG)
Die Corona-Pandemie geht an der Schweizer Wirtschaft – und auch den SAP-Anwendern – nicht spurlos vorbei. Mehr als zwei Drittel der Betriebe erwartet negative wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Krise auf den Umsatz. Das ergab eine Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), die am Montag veröffentlicht wurde. Wobei insbesondere die Resultate aus der Schweiz eher mit Vorsicht zu geniessen sind, nahmen doch nur 31 von rund 270 Mitgliedsunternehmen an der Umfrage teil. In der DACH-Region waren es Vertreter von 263 Firmen. Insgesamt sind in der DSAG über 3700 Firmen zusammengeschlossen.
Den Schweizer wie auch den Unternehmen im deutschsprachigen Raum hätten insbesondere die Lockerungen der Corona-Massnahmen im Frühsommer geholfen. Christian Zumbach, DSAG-Vorstand für die Schweiz, warnt allerdings vor verfrühter Euphorie: «Aus Sicht der Industrie müssen wir befürchten, dass die Krise erst begonnen hat. Zusätzlich hat die Schweiz als Exportland die Herausforderung, dass die internationale Konjunktur ebenfalls unter der Pandemie leidet», sagt er. Wie erwähnt, gaben 76 Prozent der Schweizer Befragten (DACH-Region: 74 Prozent) an, dass ihr Umsatz zurückgeht.

IT-Budgets trotz Krise konstant

Trotz der sinkenden Umsätze entwickeln sich die IT-Budgets für das nächste Jahr vielenorts nicht rückläufig. So gaben 74 Prozent der Schweizer Unternehmen (DACH: 76 Prozent) an, dass Stand jetzt keine Veränderung für ihr IT-Investitionsbudget 2021 vorgesehen ist.
Auch die Anforderungen an die Digitalisierung haben in den Unternehmen durch die Corona-Krise zugenommen. Das gaben 71 Prozent der Schweizer Befragten (DACH: 81 Prozent) an. «Die IT-Abteilungen mussten von heute auf morgen neue Prozesse etablieren, die Arbeit in virtuellen Teams ermöglichen und sicherstellen, dass der Datenfluss gewährleistet ist», sagt DSAG-Ländervorstand Zumbach.

S/4Hana-Projekte trotzen der Krise

Die DSAG hatte angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie vermutet, dass auch S/4Hana-Projekte leiden könnten. Laut Umfrage trifft dies durchaus zu – zumindest für den DACH-Raum. Hier haben 43 Prozent die S/4Hana-Projekte verschoben oder zurückgestellt. Die Schweiz ist in dieser Beziehung wesentlich krisenresistenter: Nicht einmal jedes Dritte Unternehmen (31 Prozent) gab an, bei den S/4Hana-Vorhaben nachjustiert zu haben.
Mehr noch: Bei 66 Prozent der Schweizer Unternehmen (DACH: 50 Prozent) werden die S/4Hana-Projekte konsequent vorangetrieben oder sogar beschleunigt. «Für viele Firmen ist S/4Hana inzwischen als Basis für die digitale Transformation gesetzt. Deshalb überrascht es auch nicht, dass nur für drei Prozent der Firmen S/4Hana kein Thema ist», erläutert Zumbach.

«Es liegen keine SAP-Projekte auf Eis»

Die beiden DSAG-Vorstände Jean-Claude Flury und Christian Zumbach kommentieren im Interview mit Computerworld einige weitere Resultate der Mitgliederumfrage aus Schweizer Perspektive.
Jean-Claude Flury von der DSAG hat selbst noch im März ein SAP-Projekt abgeschlossen
Quelle: DSAG
Computerworld: Liefen im Lockdown die SAP-Projekte in der Schweiz weiter oder lagen sie auf Eis?
Jean-Claude Flury: Von allfälligen Projekten, die auf Eis gelegt wurden, ist uns nichts bekannt. Einige Unternehmen werden vielleicht etwas langsamer vorwärts gehen. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sich viele im Home Office erst einmal einrichten mussten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine oder andere Projekt mit einem Go-live-Termin im Frühjahr umgeplant werden musste. Konkrete Beispiele dazu habe ich nicht. Aber aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass bei uns im Unternehmen gerade der Go-Live eines S/4Hana-Upgrade-Projekts anstand, als die Diskussion über den Lockdown im März begann. Da wurde durchaus über dessen Umsetzbarkeit diskutiert, das Projekt dann aber Mitte März erfolgreich abgeschlossen.
CW: Die Schweiz beschleunigt die Hana-Migration stärker als die Nachbarländer. Welche Gründe sehen Sie?
Flury: Unternehmen, die früh mit der Migration begonnen haben, haben ihre Projekte soweit als möglich beschleunigt und werden weitermachen. Das trifft laut unserer Erhebung auf 66 Prozent zu. Wer es zu Ende bringt, kann sich dann auf andere Themen konzentrieren. Aber es werden von 31 Prozent auch Projekte geschoben, möglicherweise weil sie sich aktuell nicht rechnen oder weil nicht zwingend in den entsprechenden Bereich investiert werden muss.
CW: In der DACH-Region wächst das Vertrauen in SAP wieder. Nicht so in der Schweiz. Sind die Kunden hier übermässig kritisch oder macht SAP Schweiz keinen guten Job?
Christian Zumbach: Es wird von den Schweizer Unternehmen sicherlich auch ein Stück weit kritisch beobachtet, welchen Weg SAP aktuell mit den neuen Lösungen einschlägt, oder was die Cloud-Strategie betrifft. Es gab in letzter Zeit so viele Ankündigungen von SAP wie zum Beispiel über Zukäufe von SuccessFactors, über Fieldglass, Ariba und Concur bis hin zu Qualtrics. Das kann den einen oder anderen Kunden erst einmal verunsichern, was da so alles in der Pipeline ist, und ob sie sich darauf auch verlassen können.
Bei den Themen rund um S/4Hana ist das Vertrauen relativ stark. Bei Themen rund um die Customer Experience an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch nicht so sehr. Bei den Schweizer Unternehmen dauert das immer etwas länger mit dem Vertrauensaufbau. Aber wenn sie dann mal überzeugt sind, stehen sie voll hinter den Themen.

«IT-Investitionsbudgets sind unverändert»

CW: Ein weiteres Resultat war: In der Schweiz gibt es offenbar tiefere Anforderungen an Digitalisierung durch Corona – ist die Schweiz schon digitaler?
Zumbach: Wir haben glücklicherweise eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur in der Schweiz. Das hat sich bewährt, als sich plötzlich alle ins Home Office zurückgezogen haben. Das könnte ein Indiz dafür sein, warum laut Umfrage bei 74 Prozent keine Veränderungen für die IT-Investitionsbudgets vorgesehen sind. Und in punkto digitaler Zusammenarbeit hat es den Unternehmen sicher einen Schub gegeben.
Flury: Auf die digitale Transformation bezogen, denken jetzt sicher viele Unternehmen über Folgeprojekte nach. Sie haben gesehen, dass die digitalen Kanäle hier und da vielleicht noch nicht so gut ausgebaut waren und sie jetzt Gas geben müssen, um nicht abgehängt zu werden. So wollen beispielsweise 82 Prozent der Schweizer die Umsetzung einer Plattform-Strategie weiter vorantreiben respektive beschleunigen. Sind doch aktuell intelligente Netzwerke aus Lieferanten und Partnern, übergreifende Prozesse und die gemeinsame Datennutzung extrem wichtig. Da wird demzufolge sicher noch einiges kommen. Zumal sich auch die Denkweise geändert haben dürfte. So sahen sich sicherlich einige gezwungen, nicht mehr über ein Für und Wider zu philosophieren, sondern Tatsachen zu schaffen.
CW: Heute treffen sich die DSAG-Mitglieder erstmals virtuell. Welche Erwartungen haben Sie an die «DSAGLive»?
Flury: Der direkte Austausch vor Ort und das persönliche Netzwerken machen den DSAG-Jahreskongress zu etwas Besonderem. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir auch mit der «DSAGLive» als virtuelle Alternative den bewährten Mehrwert aus authentischen Berichten der DSAG-Mitglieder, dem Austausch auf Augenhöhe und einem hohen Informationsgehalt bieten.
Zumbach: Aus Schweizer Sicht wünschen wir uns natürlich, dass möglichst viele Schweizer Unternehmensvertreter teilnehmen, und das umfangreiche Informationsangebot nutzen. Und von SAP erwarten wir klare, praktikable Lösungen zum Beispiel für den Ausbau der Customer Experience, die schnell, einfach und durchaus auch kurzfristig einsetzbar sind. Wir gehen davon aus, dass erste Lösungen an der «DSAGLive» vorgestellt werden.



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