Guido Zumstein
24.07.2018, 06:00 Uhr
«IFS ist ein wesentlicher Player in der Schweiz»
Als Guido Zumstein vor rund acht Jahren zu IFS Schweiz kam, zählte der ERP-Hersteller nur eine Handvoll Kunden. Mittlerweile sind es mehrere Dutzend, sagt er im Interview.
Guido Zumstein hat in den vergangenen acht Jahren die Schweizer Niederlassung von IFS aufgebaut
(Quelle: IFS Schweiz)
Die Schweizer Industriebetriebe Glas Trösch, Iftest, Schulthess und Sotax setzen neu auf das ERP-System von IFS. Der schwedische Hersteller hat in den vergangenen Jahren noch diverse weitere Schweizer Kunden überzeugen können. Computerworld sprach mit dem Geschäftsführer von IFS Schweiz, Guido Zumstein, über Herausforderungen und Chancen im Wettbewerb um die Kundenprojekte bei Industrie-Unternehmen.
Computerworld: Herr Zumstein, Sie sind nun fast seit acht Jahren der Geschäftsführer von IFS in der Schweiz. Wie lautet Ihre Bilanz?
Guido Zumstein: Wir konnten in dieser Zeit eine Schweizer Niederlassung mit Beratung, Presales und Sales aufbauen sowie mehrere Dutzend Kunden gewinnen. Das Neukundengeschäft hat zu massiven Umsatzsteigerungen geführt. Zudem ist es uns gelungen, hier ein Netzwerk mit Partnern und Influencern zu etablieren.
Ausserdem konnten wir die Marke IFS entwickeln und sind zu einem wesentlichen Player im Schweizer Markt geworden. Als einen entscheidenden Erfolgsfaktor werte ich das familiäre Betriebsklima mit sehr zufriedenen Mitarbeitern. Wir haben daher eine extrem niedrige Fluktuation.
Welches sind die Besonderheiten eines schwedischen Mutterhauses?
Eine Besonderheit ist die ausgeprägte Innovationskultur. Die Innovationsstärke der Schweden wird ja generell seit Jahren in einschlägigen Studien als weltweit führend eingestuft. Unsere schwedische R&D-Abteilung, die uns einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil beschert, ist ein gutes Beispiel dafür. Zudem wird in unserem Mutterhaus Corporate Social Responsibility gross geschrieben und neben der Kunden- hat auch die Mitarbeiterzufriedenheit einen sehr hohen Stellenwert.
Zur Person
Guido Zumstein
ist seit September 2010 der Geschäftsführer von IFS Schweiz. Zuvor amtete der Wirtschaftsinformatiker als Geschäftsführer eines Anbieters von E-Business-Software. In mehreren früheren Rollen war Zumstein unter anderem als CIO bei maxon motor beschäftigt. Der Industriekonzern ist selbst Kunde von IFS.
Alleinstellungsmerkmale und Portfolio-Lücken
Welche Alleinstellungsmerkmale sehen Sie bei IFS?
Wir sind, sowohl was unser Unternehmen als auch was unsere Software angeht, global aufgestellt. Unsere Lösungen sind von Grund auf für den internationalen Einsatz konzipiert und wir haben eigene Standorte und Partner in über 60 Ländern der Welt. Unternehmen können globale Projekte mit einem «Single Point of Contact» realisieren. Insbesondere für Schweizer Unternehmen, die ja traditionell stark exportorientiert und international aufgestellt sind, ist das sehr attraktiv.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal sehe ich in der Technologieführerschaft. Die Layer-Architektur unserer Software ermöglicht es den Anwendern, kostengünstig und unkompliziert upzudaten sowie auch upzugraden. So können sie ihre Lösungen de facto in einem «Evergreen»-Modus betreiben und immer auf dem aktuellsten technologischen Stand sein. Auch bietet die Software viel Flexibilität: Durch viele Konfigurationsmöglichkeiten lassen sich individuelle Anpassungen realisieren, ohne dass dafür Programmierung nötig ist.
Eine Stärke ist sicherlich auch unsere Branchenfokussierung. Sie sorgt dafür, dass wir die spezifischen Anforderungen der Firmen kennen. Die Weiterentwicklung unserer Produkte erfolgt stets in enger Zusammenarbeit mit strategischen Kunden aus den Zielbranchen.
Das war jetzt ganz schön viel Eigenlob. Deshalb: Was fehlt aktuell im Portfolio von IFS? Was können die Marktbegleiter besser? Wie will IFS aufschliessen?
Wir müssen noch an unserem Bekanntheitsgrad arbeiten. Es gilt, unsere Marke noch weiter zu stärken, etwa durch die Teilnahme an relevanten Messen oder den Ausbau unseres Influencer-Netzwerks. Zudem setzen wir auf gezielte Sponsoring-Massnahmen wie die Präsenz unseres Logos im Biathlon-Weltcup oder das Sponsoring von Spitzensportlern.
Ausserdem benötigen wir ein besser ausgebautes Partnernetzwerk. IFS investiert deshalb derzeit sowohl global als auch lokal sehr viel in den Channel-Vertrieb. So haben wir aktuell Siegbert Glaser für die Position des Director Channel Sales für die Region Europe Central gewinnen können, zu der auch die Schweiz zählt. Als erfahrener Partner-Manager wird er den Ausbau des Partner-Ökosystems vorantreiben.
Was bedeutet Digitalisierung für IFS, was für die Kunden?
Für uns bedeutet Digitalisierung, Kunden mit einem leistungsfähigen und modernen digitalen Kern auszustatten. Er soll es ihnen ermöglichen, von Trends wie Automatisierung, Internet of Things und Servitization zu profitieren.
Bei unseren Schweizer Kunden sind das grosse Themen, deshalb laufen dort derzeit viele Upgrade-Projekte, um die technologische Grundlage für Digitalisierungsvorhaben zu legen. So wollen sie innovative Services oder sogar komplett Service-orientierte Geschäftsmodelle realisieren, Predictive-Maintenance-Anwendungen in ihrer Produktion umsetzen oder smarte Produkte entwickeln, die an das Internet of Things angebunden sind.
IFS in Schweizer Industriebetrieben
Können Sie bitte zwei Kundenprojekte skizzieren, die Sie für bemerkenswert halten.
Gerne. Das wäre einmal der Dosier- und Mischanlagen-Hersteller Dopag. Um sich für weiteres Wachstum zu wappnen, hat das Unternehmen IFS Applications eingeführt. Die neue Lösung erstreckt sich von der Produktionssteuerung, das Rechnungs- und Personalwesen über Projektmanagement, Supply Chain Management sowie Verkauf, bis hin zu Business Analytics, Qualitätsmanagement, CRM und Dokumenten-Management. So konnte Dopag die Prozesse an seinem Stammsitz in Cham standardisieren. Künftig soll die Lösung noch an sämtlichen weltweiten Standorten für einheitliche Abläufe sorgen.
Ein weiteres bemerkenswertes Kundenprojekt ist Sotax: Der Technologieführer für pharmazeutische Prüfgeräte hat sich vor Kurzem für die Einführung von IFS Applications 10 entschieden. Sotax löst nicht nur die bisherige ERP-Standardlösung ab, sondern integriert eine Vielzahl von Prozessen, die bisher in peripheren Anwendungen abgebildet wurden. IFS wird an den Standorten in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Kanada, Tschechien und den USA in einem globalen «Big Bang» implementiert. Später ist beabsichtigt, auch die indische Niederlassung zu integrieren und dann die gesamte Gruppe über IFS Applications zu steuern.
Danke für das Stichwort. Die Version 10 von IFS Applications ist erst jüngst lanciert worden. Welche Erfahrungen haben Sie gesammelt?
Die neue Version ist im Markt sehr gut aufgenommen worden. Auch die Akzeptanz der Lösung bei unseren Bestandskunden ist gross. Obwohl sie erst Anfang Mai auf der globalen IFS-Konferenz präsentiert wurde, sind bereits erste Upgrade-Projekte in der Implementierung.
Sind noch weitere Schweizer Kunden unter den Upgrade-Kandidaten?
Ja, beispielsweise der Büromaterialhersteller Biella. Das Unternehmen fertigt in Brügg über 3000 verschiedene Produkte, darunter das Vorzeigeprodukt: den «Bundesordner». Biella führt in allen europäischen Standorten ein Upgrade auf IFS Applications 10 durch.
Weiter implementiert auch Bucher Emhart Glass, Weltmarktführer bei Glasformungs- und Glasprüfmaschinen, aktuell IFS Applications 10 in acht Ländern. Neben dem Hauptsitz in Steinhausen wird die Software an den Standorten in Deutschland, Italien, Japan, Malaysia, Schweden, Singapur und den USA zum Einsatz kommen. Über 800 Anwender werden mit dem Programm arbeiten. Die Einführung erfolgt ebenfalls in einem globalen «Big Bang»-Projekt.
Welche Pläne verfolgen Sie mit IFS selbst in der Schweiz für die nähere Zukunft?
Wir wollen unseren Wachstumskurs fortsetzen und dabei organisch wachsen. Dafür ist es sehr wichtig, unser Ökosystem in der Schweiz auszubauen und dort bestehende Channel-Partnerschaften zu intensivieren sowie neue Partner zu gewinnen. Unser Wachstum macht es ausserdem erforderlich, unsere Infrastruktur zu erweitern und unsere Büroflächen in der Schweiz zu vergrössern.
Zur Firma
IFS
das schwedische Unternehmen wurde 1983 gegründet und beschäftigt in etwa 50 Ländern rund 3500 Mitarbeiter. Sie sind in den regionalen Niederlassungen wie die Schweizer Tochtergesellschaft in Regensdorf für den Vertrieb und die Bereitstellung der Software verantwortlich. Die Produktentwicklung und der Support erfolgen hauptsächlich in den Forschungs- und Entwicklungszentren in Schweden und Sri Lanka. IFS zählt nach eigenen Angaben mehr als 10'000 Kunden auf der ganzen Welt.
www.ifsworld.com/ch/
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