CEO Zühlke Schweiz 12.09.2022, 07:19 Uhr

«Die Schweiz besitzt einen Vertrauensbonus»

Seit über 50 Jahren beschäftigt sich das Unternehmen Zühlke mit Innovation. Schweiz-CEO Nicolas Durville sieht in ethischer Nutzung von KI eine grosse Chance für den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Nicolas Durville ist seit 2004 bei Zühlke beschäftigt und amtet seit 2018 als Schweiz-CEO
(Quelle: Daniel Thüler)
Ohne die Talente in der ganzen Welt stünde Zühlke nicht dort, wo sie heute stehen. Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen – auch in der Schweiz. Der hiesige CEO Nicolas Durville weiss um die Fachkräfteknappheit, schätzt die internationale Zusammenarbeit und die innovativen Kunden. Zühlke hilft ihnen auch, sich in der digitalen Welt neue Standbeine aufzubauen, wie Durville im Interview berichtet.
Computerworld: Sie feiern demnächst ein rundes Jubiläum bei Zühlke – wenn Sie 20 Jahre im Unternehmen sind. Welche Gründe hat die Treue?
Nicolas Durville: Zühlke hat einen sehr guten Ruf in der Branche und darüber hinaus. Mir macht es Spass, für eine derart renommierte Firma zu arbeiten und weiter den ­guten Ruf zu pflegen und weiterzuentwickeln.
Bei Zühlke kann ich ausserdem mit sehr vielen enorm talentierten Menschen zusammenarbeiten. Wie viele hier bin auch ich Purpose-getrieben, freue mich also daran, wenn unsere Leistung einen Sinn ergibt. Es hilft sehr, dass Zühlke die Innovation in der DNA hat.
Ein dritter Aspekt ist das starke Wachstum der vergangenen Jahre. Die Anzahl Mitarbeitenden hat sich seit meinem Start verdreifacht. Früher konzentrierte sich das Geschäft auf Zentraleuropa und das Vereinigte Königreich, heute sind wir global an 17 Standorten präsent. Die multikulturellen Einflüsse machen den Job noch spannender!
CW: Welche Konsequenzen hat das internationale Wachstum für das Schweizer Geschäft, für das Sie verantwortlich sind?
Durville: Die Schweiz ist nach wie vor der grösste Standort, an dem annähernd jede zweite Person von Zühlke angestellt ist. Neben unserer Niederlassung in Schlieren gibt es noch einen Standort in Bern. Mittlerweile finden Entwicklung und Produktion aber nicht mehr nur allein in der Schweiz statt. Schweizer Kunden werden auch von Mitarbeitenden der Auslandstandorte unterstützt. Die Herausforderung, genügend qualifiziertes Personal in der Schweiz zu finden, ist einer der Gründe für die internationale Entwicklung. So arbeiten in der Leistungserbringung für Schweizer Kunden vermehrt Talente von verschiedenen Standorten der Zühlke Group zusammen.
CW: Könnten Sie die gleichen Leistungen mit ausschliesslich Schweizer Personal erbringen?
Durville: Ganz klar nein. [seufzt] Als Konsequenz würden wir dann weniger Projekte realisieren können und auch weniger Umsatz erwirtschaften.
Die Shoring-Modelle vor 25 bis 30 Jahren sind hauptsächlich aus Kostengründen etabliert worden. Damals lautete die Kalkulation: Entwicklung in der Schweiz ist teuer, Entwicklung an den entfernten Standorten günstig. Diese Überlegung greift heute zu kurz, denn wir haben in der Schweiz schlicht die grosse Anzahl an Fachkräften nicht, die wir für unsere Projekte benötigen. Deshalb müssen wir die Talente auch im Ausland rekrutieren.
CW: Ist der Fachkräftemangel das grösste Problem für weiteres Wachstum – von Zühlke und auch der Schweiz?
Durville: Für weitere Innovation ist der Mangel an Fachkräften und Talenten sehr akut in der Schweiz. Nicht einmal die Corona-Krise – in der die Beschäftigung in unserem Sektor auf hohem Niveau verharrte – oder eine mögliche Rezession haben hier eine Auswirkung. Denn die Fachkräfte benötigen wir unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Eine Lehre, die wir aus der Pandemie gezogen haben, ist die Fragilität der globalen Lieferketten. Es spricht vieles dafür, dass wir künftig nicht mehr einen globalen Wirtschaftsraum haben, sondern mehrere regionale Zonen. Ein international tätiges Unternehmen benötigt dann für jede dieser Zonen – Stichworte sind hier Gesetzgebung und Regulierung – Anpassungen und teils eigene Plattformen. «One size fits all» hat ausgedient, jede der Plattformen muss den regionalen Vorschriften entsprechen.
Wenn Zühlke bis anhin eine Lösung entwickeln konnte, die Unternehmen dann global einsetzen konnten, werden wir künftig verschiedene Plattformen bauen müssen. Für meine Kolleginnen und Kollegen und mich bedeutet das: Wir müssen uns immer neue Plattformen und Technologien aneignen, um die international tätigen Unternehmen bei ihren Projekten unterstützen zu können.



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