«Auch digital lässt sich nicht alles automatisieren»
Nichts geht mehr ohne IT
CW: Die Fach-IT ist komplett im Outsourcing. Werden die Software und alle Daten auch in einem deutschen Rechenzentrum gehostet?
Cyril Perrig: Ja, ein grosser Teil der Dextra-IT ist ausgelagert an sum cumo. Vor etwa anderthalb Jahren fiel der Entscheid, mit einem weiteren IT-Dienstleister zusammenzuarbeiten. In dieser Kooperation ging es um den Aufbau eines Data Warehouses. Wir wollen heute und in Zukunft vermehrt Entscheidungen aufgrund unserer Geschäftsdaten treffen können. Technologien wie künstliche Intelligenz und Machine Learning sollen helfen bei der Automatisierung von internen Prozessen und beispielsweise der Fallbearbeitung. Im Oktober und November dieses Jahres haben wir zwei Software-Ingenieure eingestellt.
CW: Welche Aufgaben haben die beiden Ingenieure?
Perrig: Sie sollen uns zunächst bei der Weiterentwicklung des Data Warehouses unterstützen. Ausserdem besteht hre Aufgabe darin, um die Kernsysteme herum Anwendungen zu programmieren, die wir für die Prozessautomatisierung nutzen wollen.
“Wir wollen Dextra Rechtsschutz zu einem juristischen Concierge weiterentwickeln, der unseren Kunden auch selbstständig hilft„
Beat Riniker
Ein Beispiel ist die automatische Fallverteilung: Je nach Sachverhalt und Auslastung sowie Kompetenz des Angestellten werden den Mitarbeitenden die Fälle vom Computer zugewiesen. Dabei kommt Machine Learning zum Einsatz.
Ein anderes Beispiel ist die automatisierte Courtagen-Abrechnung für die Broker.
Beide Prozesse können wir unabhängig von den Kernsystemen entwickeln. Wir benötigen allein die offenen Schnittstellen zu den Daten.
Putzbach: Ich erachte es als ein Merkmal einer modernen IT, im Kerngeschäft auf Standardprodukte zu setzen. Wenn es um die Alleinstellungsmerkmale geht, sind Individuallösungen gefragt. Sie müssen sich allerdings natürlich problemlos an die Kernsysteme anbinden lassen.
CW: Wäre ein Data Warehouse nicht auch ein attraktives Zusatzgeschäft für sum cumo Sapiens gewesen?
Putzbach: Ehrlich gesagt fehlt uns die Expertise in diesem Geschäft. Unsere Stärken sind bei den Kernplattformen, den Frontends und dem Marketing. Inklusive der Online-Vermarktung und -Werbung.
Beat Riniker: Für Dextra war es ein grosser Vorteil, dass wir die Software quasi auf der «grünen Wiese» entwickeln konnten. So blieb uns beispielsweise erspart, dass wir ein vorhandenes Kundenportal einsetzen mussten – wie es bei vielen Marktbegleitern der Fall ist. Wir konnten das Anwaltsportal, das Brokerportal und auch die Kundenportale aus einer Hand beziehen und somit ein einheitliches Benutzererlebnis gewährleisten.
Der CTO ist gleichzeitig der IT-Leiter. Cyril [Perrig] sitzt in der Geschäftsleitung, was bei einer digitalen Rechtsschutzversicherung den durchaus hohen Stellenwert der IT für das Geschäft widerspiegelt.
CW: Ein gutes Stichwort. Wie gut funktioniert eine Versicherung, wenn die Computer nicht laufen?
Perrig: Es funktioniert nicht mehr viel. Denn wir sind in den Büros komplett papierlos unterwegs. Unsere Briefpost wird gescannt, die Kommunikation geschieht via E-Mail, die Fallbearbeitung erfolgt digital und auch die Telefonanlage ist ein Computer. Wir könnten ohne diese Systeme zwar einige Tage weiterarbeiten, müssten die Informationen aber anschliessend in die Systeme einpflegen.
Diese digitalen Arbeitsabläufe bringen uns bezüglich Flexibilität und Effizienz grosse Vorteile, wobei gleichzeitig die Abhängigkeit von einer funktionierenden IT-Infrastruktur immens gross ist.
Putzbach: Bisher hatten wir glücklicherweise keine Ausfälle zu beklagen. Auch unsere Systeme sind bei Providern mit sehr hohem Service Level gehostet. Bei einer Verfügbarkeit von über 99,5 Prozent und robuster Technik kann normalerweise auch nicht viel passieren.
Riniker: In der aktuellen Pandemie-Situation bietet uns dieses IT-getriebene Setup die Option, von einem Tag auf den anderen ins Home Office zu wechseln. Einige Mitbewerber mussten die Kunden um Geduld bei der Fallbearbeitung bitten, da sie nur einmal pro Woche ins Büro durften.
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