IT ist mehr als Technologie 24.04.2025, 09:25 Uhr

Digital ist Technik – Change ist Kultur

Digitale Transformation ist weit mehr als der Einsatz neuer Technologien. Sie verändert Prozesse, Rollen, Kommunikationswege und letztlich die Kultur eines Unternehmens. Viele Projekte scheitern nicht an der Technik, sondern am fehlenden Change Management.
Beim Change Management geht es darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen.
(Quelle: Shutterstock/Chan)
IT-Projekte wie die Einführung eines ERP-Systems, der Umstieg auf Cloud-Lösungen oder die Integration von KI-Anwendungen greifen tief in bestehende Strukturen ein. Sie verändern nicht nur Prozesse und Technologien, sondern stellen auch die Arbeitsweisen, Rollen und Routinen der Mitarbeitenden infrage. Verunsicherung, Widerstand oder Überforderung sind natürliche Reaktionen auf tiefgreifende Veränderungen. Mitarbeitende fragen sich: Was bedeutet das für meine Rolle? Muss ich neue Fähigkeiten lernen? Wird meine Arbeit ersetzt? Beim Change Management geht es darum, Menschen mitzunehmen, Ängste ernst zu nehmen und Orientierung zu geben.

Vertrauen und Kommunikation

Ein wirksamer Veränderungsprozess beginnt mit Kommunikation. Mitarbeitende wollen nicht nur wissen, was sich ändert, sondern vor allem warum und was das für sie bedeutet. Dazu braucht es nicht nur Informationen, sondern Dialogformate, Schulungen, Feedbackschlaufen und vor allem: Präsenz der Führungskräfte. Veränderung ist nicht allein eine technische, sondern in erster Linie eine soziale und kulturelle Herausforderung. Wer offen kommuniziert und auch unbequeme Fragen zulässt, schafft die Grundvoraussetzung für Veränderungsbereitschaft. Veränderungskommunikation ist keine einmalige Mitteilung, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Je tiefer ein Projekt in die Arbeitsrealität eingreift, desto wichtiger ist eine konsequente und strukturierte Kommunikationsstrategie – abgestimmt auf Zielgruppen, Projektphasen und Informationsbedürfnisse.

Bewusstsein schaffen

Wer Betroffene zu Beteiligten machen will, muss offen, regelmässig und zielgruppengerecht informieren. Nicht nur über das Was, sondern auch über das Warum. Change Management lebt von Dialog, Rückmeldung und Mitgestaltung. Gerade in IT-Projekten, in denen Fachbereiche betroffen sind, hilft es, frühzeitig Key User, Prozessverantwortliche oder «Brückenbauer» zu involvieren. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist die klare Vision: Was soll erreicht werden? Welche Vorteile entstehen für wen? Menschen folgen eher einer Idee als einem Projektplan. Eine gut erzählte Change Story kann dabei genauso wirkungsvoll sein wie eine technische Roadmap.
8-Stufen Modell für erfolgreiche Veränderungen von John Kotter
Quelle: John Kotter

Methoden und Werkzeuge

Change Management ist keine Einzeldisziplin, sondern ein interdisziplinärer Ansatz, der Kommunikation, Führung, Psychologie und Projektmanagement vereint. Im Folgenden ein Überblick über zentrale Methoden und Tools, die sich in der Praxis bewährt haben:
1. Stakeholder-Analyse: Wer ist wie betroffen?
Die Stakeholder-Analyse ist ein unverzichtbares Tool zu Beginn jeder Veränderung. Sie hilft zu erkennen, wer vom Wandel betroffen ist, welche Interessen, Einflussmöglichkeiten und Emotionen im Spiel sind. Ziel ist es, die relevanten Zielgruppen frühzeitig zu identifizieren, ihre Haltung zur Veränderung einzuschätzen und passende Kommunikations- und Interventionsstrategien zu entwickeln. Tipp: Stakeholder nicht nur nach Hierarchie analysieren, sondern auch nach informellen Netzwerken – wer beeinflusst wen im Alltag?
2. Change Story: Warum machen wir das überhaupt?
Eine starke, konsistente und verständliche Change Story ist das kommunikative Rückgrat jedes Projekts. Sie beantwortet zentrale Fragen wie: Was ändert sich? Warum ist das nötig? Was bedeutet das für die Organisation – und für mich persönlich? Eine gute Change Story schafft Sinn, Orientierung und emotionale Anschlussfähigkeit. Tipp: Die Story muss nicht perfekt sein, aber glaubwürdig, nahbar und wiederholbar – idealerweise verankert in der Sprache der Zielgruppen.
3. Kommunikationsplan: Wer braucht wann welche Information?
Ein strukturiertes Kommunikationskonzept legt fest, welche Informationen in welcher Form, zu welchem Zeitpunkt und über welche Kanäle an welche Zielgruppen kommuniziert werden. Dabei gilt: Regelmässigkeit, Transparenz und Dialogorientierung sind wichtiger als tolle Powerpoint-Präsentationen. Praxisbeispiele: Newsletter, Stand-up-Meetings, Projektcafés, Intranet-Updates, Video-Statements der Geschäftsleitung usw.
4. Qualifizierung und Training: Kompetenz schafft Akzeptanz
Veränderung braucht nicht nur Willen, sondern auch Können. Neue Tools oder Prozesse führen häufig zu Unsicherheit. Trainings, Schulungen, Coachings oder E-Learning-Angebote helfen, Wissen aufzubauen, Selbstvertrauen zu stärken und Ängste abzubauen. Wichtig: Nicht nur Technik trainieren, sondern auch Verständnis fördern – warum wird etwas geändert, und wie profitieren Mitarbeitende davon?
5. Multiplikatoren: Veränderung von innen heraus
Change Agents sind Mitarbeitende, die den Wandel innerhalb ihrer Abteilungen aktiv mitgestalten. Sie sind Ansprechpartner, Vermittler und Vorbilder – und wirken oft glaubwürdiger als externe Projektteams. Ihr Vorteil: Sie kennen die informellen Strukturen, sprechen die Sprache der Betroffenen und können Widerstände frühzeitig erkennen.
6. Feedback und Monitoring: Lernen im Wandel
Veränderungsprozesse müssen regelmässig überprüft und angepasst werden. Dazu eignen sich Feedbackformate wie Stimmungsbarometer, Retrospektiven, Umfragen oder moderierte Workshops. Ergänzend helfen «Change-Readiness-Checks», um Fortschritt und Akzeptanz zu messen – nicht nur am Ende, sondern auch während des Projekts. Nutzen: Frühzeitiges Erkennen von Widerständen oder Missverständnissen.



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