Annalise Eggimann, Direktorin, Innosuisse
16.01.2019, 06:17 Uhr
«Man kann auch von der Schweiz aus die Welt erobern»
Im Ranking der innovativsten Länder der Welt rangiert die Schweiz ganz vorne. Hierzu trägt auch Innosuisse bei, die Agentur des Bundes für die Innovationsförderung. Direktorin Annalise Eggimann spricht im Interview über die Bedeutung von Forschung und Entwicklung, weshalb Innovation auch soziale Aspekte verfolgen sollte und wieso der Einsatz von IT aus dem Innovationsprozess nicht mehr wegzudenken ist.
Direktorin Annalise Eggimann will den Bekanntheitsgrad der Innovationsagentur des Bundes, Innosuisse, erhöhen.
(Quelle: Werner Rolli)
Wie definieren Sie Innovation?
Innovation bedeutet für mich, etwas Neues schaffen und damit einen Effekt erzeugen. In unserem Fall ist das eine ökonomische Wirkung. Das muss keinen höheren Umsatz bedeuten. Es ist auch eine Art von Gewinn, wenn soziale Kosten reduziert werden. Das Massgebende für uns ist der Neuheitscharakter eines Projekts und dieser kann sehr breit gefächert sein. Das können Produkte, Services oder Herstellungsprozesse sein.
Wie neuartig müssen die Projektgesuche sein, wie fein wird gesiebt?
Innosuisse fördert nur Projekte von sehr guter Qualität. Ein Indikator hierfür ist die Bewilligungsquote für die eingereichten Gesuche. Im Bereich ICT betrug diese vergangenes Jahr 47 Prozent, lag also genau im Durchschnitt über alle Projekte hinweggesehen. Ein Beispiel für ein Innovationsprojekt ist das auf der Blockchain-Technik basierende Car Dossier – eine Zusammenarbeit der Hochschule Luzern und der Universität Zürich mit dem Software-Haus AdNovum, dem Autohändler AMAG, der Autovermietung Mobility, der Versicherung AXA und dem Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau.
Wie viele Projekte fördern Sie derzeit im ICT-Sektor?
Letztes Jahr wurden insgesamt 823 Gesuche für ein Innovationsprojekt eingereicht. Im Bereich ICT waren es 164, von denen 77 bewilligt wurden. Das sind mehr als in den Segmenten Biotech und Mechanical Engineering. IT ist heute aber auch aus anderen Segmenten nicht mehr wegzudenken. Als Querschnittstechnologie enthalten zahlreiche Innovationsprojekte eine IT-Komponente. Das können IT-unterstützte Projekte in den Life Sciences sein oder IT-Lösungen für Produktionsprozesse. Rein IT-getriebene Projekte machen aktuell einen Fünftel aus, Tendenz steigend. Der Anteil Start-ups mit einem ICT-Hintergrund beträgt inzwischen über 40 Prozent. Vor zwei Jahren lag der Anteil noch bei rund 30 Prozent.
Wie steht es allgemein um die Forschung und Entwicklung bei Schweizer Unternehmen?
Der grösste Teil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in der Schweiz stammt zu rund 70 Prozent aus dem privaten Sektor, der Rest von der öffentlichen Hand. Derzeit befassen sich viele Firmen mit dem Thema Industrie 4.0. Wir beobachten allerdings, dass aufgrund verschiedener Faktoren wie etwa dem steigenden Kostendruck oder dem starken Franken, die Forschungsleistungen in den KMU insgesamt zurückgehen. Hier müssen wir uns fragen, was diese Entwicklung für die Innovationskraft und -fähigkeit der Schweiz in Zukunft bedeutet.
Wie schaffen Sie Abhilfe?
Unsere Innovationsmentoren beraten KMU beim Erstellen eines Innovationsprojekts oder bei der Suche nach Forschungspartnern. Ein niederschwelliges Angebot sind auch die Innovationsschecks, bei denen Firmen Gutscheine für Forschungsleistungen beantragen können. Mit den Schecks kann man zum Beispiel für eine Machbarkeitsstudie an ein Forschungsinstitut herantreten. Für dieses Angebot registrieren wir im Moment eine sehr grosse Nachfrage.
Was könnten die Folgen sein?
Wenn wir uns die Herausforderungen durch digitale Transformation anschauen, wird die Bedeutung unserer Förderangebote deutlich, die kundengerecht und möglichst niederschwellig sind, um Firmen einen einfachen Zugang zur Forschung zu ermöglichen. Auch ist es wichtig, dass wir Unternehmen sensibilisieren und auf die Bedeutung von Forschung und Entwicklung aufmerksam machen. Ergänzend hierzu müssen wir realistische Wege für die Innovationsentwicklung aufzeigen. Als Querschnittsdisziplin nimmt die ICT auch bei der Innovationsförderung eine Schlüsselposition ein. Die Digitalisierung hat diese Schlüsselposition noch verstärkt. Es braucht mehr Forschung, um Lösungen zu Themen wie etwa der Energiewende zu finden.
Zur Person
Annalise Eggimann ist Direktorin der zum Jahresbeginn 2018 gestarteten Innosuisse. Seit 2015 leitete Eggimann die Geschäfte der Vorgängerorganisation, der Kommission für Technologie und Innovation (KTI). Weitere Stationen ihrer Karriere sind der Schweizerische Nationalfonds und das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM). Die Juristin mit Anwaltspatent hält einen MBA der Universität Zürich.