Julian Assange
18.02.2013, 14:33 Uhr
«Mut ist wichtiger als Angst»
Julian Assange sitzt seit acht Monaten freiwillig in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Scheinbar ist sein Mitteilungsbedürfniss in dieser Zeit gewachsen, bei einem Interview plaudert er ausführlich über Wikileaks, die Pussy Riots und seinen Plan, dieses Jahr ins Australische Parlament gewählt zu werden.
Mittlerweile ist es ruhig geworden um Julian Assange. Der Wikileaks-Gründer, der letztes Jahr fast wöchentlich in den Medien war, sitzt seit über einem halben Jahr in der ecuadorianischen Botschaft in London um seiner Auslieferung durch britische Behörden zu entgehen, die ihn nach Schweden überführen wollen. Assange wird vorgeworfen, sich dort an zwei Frauen sexuell vergangen zu haben. Sollte Assange die Botschaft verlassen, wird ihn deshalb die britische Polizei verhaften. Seine Hauptsorge ist allerdings nicht der Prozess in Schweden, sondern die hohe Wahrscheinlichkeit, von dort aus in die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm die Todesstrafe droht. Die Amerikaner sehen durch Wikileaks ihre nationale Sicherheit gefährdet und in Assange ihren Sündenbock. Was ihm genau vorgeworfen werden soll, konnten die US-Behörden bis heute nicht formulieren, das wird sie aber laut Assange nicht davon abhalten, ihm Gewalt anzutun. In London wurde Assange letzte Woche vom Politprofessor John Keane interviewt, der wie der Wikileaks-Gründer aus Australien kommt. Ein Auszug des Gesprächs:
Julian Assange über?
?sein Leben im «Gefängnis» Das Problem ist nicht die schlechte Luft oder der fehlende Sonnenschein. Was mir wirklich Probleme bereitet ist die visuelle Eintönigkeit. Die ecudorianischen Botschaftsmitglieder helfen aber auch nach acht Monaten noch, wo sie können. Wenn sie Nachrichten überbringen, klopfen sie beispielsweise immer an die Tür zu meinem Zimmer. Aber obwohl ich mich hier sicher fühle, macht mich die Langeweile kaputt. Deswegen höre ich klassische Musik, nehme Boxstunden und trainiere mehrmals die Woche mit einem ehemaligen SAS-Whistleblower. Keane vermutet, dass das Verlangen nach Abwechslung der Grund ist, warum Assange mit ihm hier so offen redet und auch, dass der 42-Jährige verzweifelt seine Ideen verbreiten will. ?seinen Kampf gegen die Behörden Um die Wahrheit zu sagen: ich liebe einen guten Kampf. Viele Leute vertrauen darauf, dass ich stark bleibe. Ich will natürlich meine Freiheit, aber dieser Arrest gibt mir die Gelegenheit, nachzudenken. Ich bin fokussiert und weiss, wofür ich einstehe. Immer mehr meiner Leute werden vom FBI befragt und festgehalten, doch es geht hier um eine grössere Wahrheit, der wir verpflichtet sind. Mut ist wichtiger als Angst. Und heutzutage verlieren immer mehr Menschen ihre Zivilcourage. ?Mut «Mein Mut ist anders», antwortet er auf die Frage, ob er seinen wie eigentlich alle Menschen aus religiösen oder spirituellen Quellen hätte. «Es sind die schwierigen Umstände, die uns formen. Richtiger Mut bedeutet, die Dinge zusammenzuhalten, wenn jeder erwartet, dass du zusammenbrichst. Mut kann gelernt werden, Frauen haben normalerweise mehr davon als Männer. Neustes Beispiel dafür sind beispielsweise die Pussy Riots. Diese Frauen zeigen den Männern, was Mut ist. Obwohl sie als Aussenseiter behandelt werden, haben sie auf die harte Tour gelernt, strukturelle Macht zu bekämpfen. ?Wikileaks Wir haben mehr getan, als nur die unfertige Kommunikationsrevolution unserer Zeit zu steuern, in der die Menschheit durch digitale Netzwerke einfachen und billigen Zugriff zu kopierten Informationen bekommt. Wir haben es mit den Mächtigsten der Welt aufgenommen. ?politische Ambitionen Bald wird es in Australien eine neue WikiLeaks-Partei geben. Die dafür benötigten 500 Mitglieder schaffen wir locker, wir wissen schon wer der Partei vorsteht und haben auch ein erstes Manifest für die bevorstehenden Wahlen (in Australien wird am 14. September 2013 das Parlament gewählt) angefertigt. Wir werden Senatoren für verschiedene Staaten aufstellen und ich werde einer davon sein. ?seine Zukunft Der amtierende ecuadorianische Präsident, Rafael Correa, wird wiedergewählt. Er wird weiter zu mir halten. Dadurch wird der Druck auf Schwedens Behörden grösser werden, weil die beiden Klägerinnen die Verhandlungen hinter sich bringen wollen. Und was die USA angeht: wenn ich den Senats-Sitz gewinne, wird die USA gezwungen sein, ihre Ermittlungen gegen mich einzustellen, weil sie keine Diplomatenkrise heraufbeschwören wollen. Das grösste militärische Reich der Erde wird sich zurückziehen und die Spionagevorwürfe gegen mich fallen lassen müssen. Das gesamte Interview, in welchem vertiefter über die Wikileaks-Partei und Assanges Chancen, Australischer Senator zu werden, gesprochen wird, sowie die Gedanken von John Kane, gibt es auf theconversation zu lesen.