09.06.2005, 09:01 Uhr
Die Jagd nach Kundenwerten
Den «360-Grad-Blick» auf den Kunden hat zwar noch niemand, aber das Interesse an CRM steigt in der Schweiz.
Den Prognosen der Marktforscher von AMR Research zufolge darf das IT-Segment CRM (Customer Relationship Management) zumindest bis ins Jahr 2008 mit jährlichen Wachstumsraten von fast zehn Prozent rechnen. Werden heuer mit CRM-Produkten global rund 11,2 Milliarden Dollar umgesetzt, so sollen die Einnahmen 2008 bereits über 14,4 Milliarden betragen, glauben die Auguren. Vor allem die kleineren und mittleren Betriebe (KMU) sind es, die Schwung in die Szene bringen. Sie erhoffen sich, durch ein gezieltes Kundenbeziehungsmanagement unter anderem die Verkäufe anzukurbeln sowie das Marketing und die allgemeine Kundenzufriedenheit zu verbessern.
Dass das Thema auch Schweizer KMU lockt, bewies das 6. CRM-Forum, das vergangene Woche im Zürcher World Trade Center über die Bühne ging. Ein erklecklicher Teil der 220 Kongressbesucher stammte aus dieser Gruppe. Das Interesse kommt nicht von ungefähr, denn nach Ansicht von Professor Peter Winkelmann von der Landshuter Universität für angewandte Wissenschaften, der die Tagung fachlich leitete, setzen in der Schweiz erst zehn Prozent der mittleren Firmen CRM-Instrumente ein. Es besteht Handlungsbedarf, denn auch Basel II drängt dazu, Werte und Perspektiven des Kundenstammes zu erfassen. Bei den Grossbetrieben sind immerhin schon 40 Prozent auf CRM getrimmt. «Aber den 360-Grad-Blick auf die Kunden hat noch niemand», so der Professor.
«Trotz CRM: Den 360-Grad-Blick auf die Kunden hat hierzulande noch niemand!»
Im Rahmen des CRM-Forums kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass diejenigen Kunden besonders wichtig sind, bei denen sich in der Zukunft durch Mehrwertdienste, Prozessverbesserungen oder Win-Win-Partnerschaften hohe Wertsteigerungspotenziale aufbauen lassen. Die Wertgenerierung beim Kunden erhöhe die Kundenbindung und fliesse in Form neuer Geschäfte wieder an den Lieferanten zurück, war man sich einig. Dass es möglich ist, sinnvoll Millionen von Kunden zu bewerten, um Kundenstrukturen zu erhalten und die richtigen Schlüsse für Marketing und Vertrieb zu ziehen, zeigten die Referate von Andreas Niemack, bei Swisscom Fixnet für das Retail-Geschäft verantwortlich, sowie Marcel Stettler, Leiter CRM Operations bei den Winterthur Versicherungen. Letzterer veranschaulichte, wie Cluster-Matrixen für mindestens 2000 Kunden erstellt werden. Wobei man unter Cluster Personengruppen mit gleichen Attributen versteht.
Wie man die eigene Firma und die Kunden mit einer Profilmatrix aufeinander abstimmt, erklärte Frank Jirjis von BSH (Bosch und Siemens Hausgeräte). Marcus Schett, CFO (Chief Financial Officer) bei Zellweger Analytics, strich anhand seiner Firma praxisnah die «Wertsteigerung des Unternehmens durch CRM-Implementierung» und den Return-on-Investment binnen eines Jahres hervor.
Das CRM-Forum stiess bei den Besuchern auf grosse Akzeptanz. Denn hier reden tatsächlich die Anwender zu den Anwendern - die Veranstaltung wird nicht missbraucht, um Produktewerbung zu betreiben.
Karlheinz Pichler