07.04.2016, 13:13 Uhr

IT-Vergabe im Luzerner Kantonsspital sorgt für Wirbel

Das Luzerner Kantonsspital hat den Zuschlag für ein neues IT-System einer hierzulande unbekannten US-Firma gegeben. Weil deren Preis deutlich höher war als sämtliche anderen Offerten, beschäftigt sich ein Gericht damit.
Das Luzerner Kantonsspital hat letztes Jahr ein neues Klinikinformationssystem (KIS) ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt im Dezember der US-Softwarehersteller Epic. Wie die Luzerner Zeitung berichtet (Artikel nur für Abonnenten zugänglich), sorgt diese Vergabe für mächtig viele rote Köpfe rund um den Vierwaldstättersee. Epic soll mit Abstand der teuerste Anbieter gewesen sein, obwohl im öffentlichen Beschaffungswesen dem Preis eine entscheidende Rolle zukommt. 68,5 Millionen Franken wird das Projekt inklusive Betrieb in den nächsten acht Jahren kosten, berichtet die Zeitung. Die Offerten der unterlegenen Konkurrenz sind nicht zugänglich, sollen sich laut Quellen aber zwischen 10 und 26 Millionen Franken bewegen. Die nicht berücksichtigten Unternehmen verdauen die Niederlage schwer. Die Ausschreibungsunterlagen sollen irreführend gewesen sein, wird moniert. Zudem wird kritisiert, dass Epic keinen Kunden im deutschsprachigen Raum hat. Man fragt sich, wie die US-Firma das Projekt stemmen könnte, wenn sogar deutsche Softwaranbieter mit der Schweizer Gesetzgebung im Gesundheiswesen zu kämpfen hätten.

Digitialisierung nur mit grossen Playern

Sympathie kann dem Vergabeentscheid des Luzerner Kantonsspital im Artikel einzig Guido Burkhardt abgewinnen. Er ist Geschäftsführer des Verbands «swissig», der sich mit Innovationen im Gesundheitswesen auseinandersetzt. Heute sei es in der Schweizer Spitallandschaft so, dass meistens verschiedene Lösungen zu einem grossen Ganzen zusammengeführt werden, was aufwendig, teuer und unbefriedigend sei. Die Luzerner würden sich nun offensichtlich «als Vorreiter in der Schweizer Spitalinformatik positionieren», so Burkhardt. Epic kennt auch Burkhardt nicht wirklich. Das Unternehmen kommuniziere nach aussen nicht sonderlich transparent. Wie inside-it schreibt, wurde bei der Ausschreibung dafür gesorgt, dass beinahe alle Schweizer KIS-Anbieter ausgeschlossen wurden. Es wurde eine Zertifizierung verlangt, die offenbar nur fünf grosse internationale Unternehmen besitzen. Warum das Kantonsspital die Zertifizierung erwartete, konnte das IT-Branchenportal nicht in Erfahrung bringen. Dafür zitiert man «Branchenkenner», die davon ausgehen, dass die Luzerner mit dem neuen KIS einen Schritt in Richtung Digitalisierung machen könnten. Kleine Marktteilnehmer könnten die Transformation nicht stemmen, weswegen das Spital bewusst einen grossen Player suchte.

T-Systems klagt

Eine der unterlegenen Firmen war T-Systems. Sie hat aufgrund unklarer Ausschreibungsunterlagen Beschwerde gegen die Vergabe eingereicht,  ein Urteil ist noch hängig. Da die Beschwerde aufschiebende Wirkung hat, ist das KIS-Projekt derzeit gestoppt. Bis ein Entscheid gefallen ist, soll es mehrere Monte dauern. Mit dem neuen KIS will Luzern ein zentralisiertes IT-System für alle medizinischen, patientenbezogenen und administrativen Prozesse schaffen. Es soll jährlich 40?000 stationäre Behandlungen und 500?000 ambulante Konsultationen abwickeln können. 



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