15.03.2007, 09:08 Uhr

Mehr Effizienz dank optimierter IT-Planung

Eine Planungslösung erlaubt es der Winterthur Schweiz, ihre IT-Architektur besser an die Geschäftsanforderungen anzupassen. Das erhöht die Effizienz der IT-Planung und spart Kosten.
Christoph Gall, Leiter IT-Strategie und Architektur bei der Winterthur Schweiz: «Enterprise Architecture Management ist erst dann als Steuerungsinstrument geeignet, wenn es in eine integrierte Planung eingebunden wird.»
Neuinvestitionen gezielt planen, Wartungskosten senken, jederzeit den Überblick über die IT-Architektur haben. Diese drei Ziele setzte sich Christoph Gall, heute Leiter IT-Strategie und Architektur bei Winterthur Schweiz, als es vor einigen Jahren darum ging, ein zentrales Architektur-Management für den grössten Schweizer Allbran-chen-Versicherer einzu-führen. Nötig wurde dies, weil sich die seit Anfang 2007 -zur AXA-Gruppe gehörende Winterthur Schweiz eine detaillierte Übersicht über die Anwendungslandschaft und die Infrastruktur beschaffen wollte, um die Kosten für Beschaffung, Betrieb und Projek-tierung zu senken und die Effizienz für die Planung und den Einsatz neuer Lösungen zu steigern.

Heterogene Ausgangslage

Die grösste Herausforderung ergab sich dabei aus der historisch gewachsenen, dezentralen Organisation der Winterthur. Diese verfügt über weitgehend unabhängige Vertretungen in ganz Europa - mit eigenen IT-Abteilungen in jeder Markt-ein-heit. Entsprechend heterogen präsentiert sich ihre IT-Landschaft mit 32 verschiedenen Datenbankprodukten, 15 Betriebssystemen (unter anderem diverse Windows-Generationen, AIX, OS/390, OS/400 und Solaris) und gut 30 Programmiersprachen (beispielsweise Cobol, Visual Basic, Java, C, C++, Delphi, PL/I, Assembler und Pearl). Diesen IT-Dschungel zu analysieren war schwierig.
Christoph Gall: «Ein umfangreicher Fragebogen wurde wegen des hohen Arbeits-aufwandes nur von wenigen IT-Kollegen ausgefüllt. Auch ein international angelegtes Projekt führte nicht zum Ziel. Immerhin konnten die Architekten in der Zentrale den lokalen Einheiten nach Durchsicht der bestehenden Daten und einigen Excel-Makros zur Datenanalyse aber einfache Übersichten über ihre IT-Landschaften geben. Diese erstmalige Transparenz überzeugte die lokalen CIOs, wie wichtig eine übersichtliche Abbildung der IT-Struktur ist.»
Um eine Komplettübersicht zu erstellen und aktuell zu halten sowie für das Enterprise Architecture Management (EAM) war aber eine professionelle Lösung nötig.

Professionelle Lösung gefragt

Basierend auf einem selbst entwickelten Meta-Modell und einem Prototypen zur Demonstration von Ausrichtung und Zielen evaluierte die Winterthur die Lösungen mehrerer Anbieter. Die Anforderungen waren dabei klar formuliert: Die Hersteller mussten das Meta-Modell umsetzen, ihren eigenen Kern flexibel an die Verhältnisse bei der Winterthur anpassen und allfällige weiterführende Ideen sowie Unterstützung für die Planung bieten können.
Christoph Gall: «Heute werden alle IT-Aktivitäten danach beurteilt, wie sie die Geschäftsstrategie unterstützen. Reines Modelling reicht dazu nicht aus; EAM ist gefragt. Es bildet die Architektur mit ihrem unternehmerischen Kontext ab und strukturiert sie nach Gesichtspunkten wie Geschäftszielen, Prozessunterstützung, zu verarbeitende Informationen oder technische Struktur. Als Steuerungsinstrument wird EAM erst wirksam, wenn es in eine integrierte Planung eingebunden ist. Dabei gilt es, Szenarien und Optionen zu entwickeln, deren Relevanz hinsichtlich der Unternehmensstrategie zu bewerten und mit einem geeigneten Governance-Prozess über deren Realisierung zu entscheiden. Unter diesen Prämissen ist EAM ein wirk-sames -Instrument, um die IT an den Erfordernissen der Geschäftsstrategie auszurichten.»

Umsetzung des Pilotprojektes

Nach einer vorläufigen Reduktion des Scope auf die Markteinheit Schweiz und einer umfangreichen Evaluierungsphase kontaktierte Winterthur das Unternehmen Alfabet und setzte innerhalb eines Monats ein -Pilotprojekt auf. Nachdem alle Tests erfolgreich bestanden -waren, wurde die Alfabet-Lösung «PlanningIT» für 400 Mitarbeiter der IT-Abteilung eingeführt. Diese sollten helfen, den Status quo der IT-Architektur zu ermitteln. Anwender wurden in Gruppen von je 15 bis 20 Teilnehmern geschult. Danach konnten sie die bereits automatisch importierten Daten manuell ergänzen und aktualisieren.
Christoph Gall: «Schon Anfang 2006 weckten die ersten Ergebnisse Begehrlichkeiten anderer Abteilungen. Die Solution-Architekten wollten sie nutzen, um die Umgebung einer spezifischen Anwendung zu ermitteln. Die interne Rechnungsprüfung wollte eine Orientierung über die komplexe Anwendungslandschaft erhalten. Die Infrastruktur-Mannschaft interessierte, welche Komponenten welche Applikationen unterstützten. Der Risk Officer fand damit heraus, was im Katastrophenfall zu tun wäre. Jede Abteilung wollte das Tool schnell für seine Zwecke nutzen und wei-tere Funktionalitäten ergänzen.»
Die IT-Architekten erstellten eine strikte Implementierungsstrategie. Von Juni bis August 2006 wurde in zwei Projekten die gesamte Infrastruktur-Landschaft erfasst und bewertet. Von Oktober 2006 bis Januar 2007 wurde die Domänen-Architektur erfasst. Die Domänenarchitekten sind dafür verantwortlich, die Architektur schlank und redundanzfrei zu halten, Die ebenfalls im Oktober 2006 begonnene Erfassung der Informationsarchitektur wird in diesen Tagen abgeschlossen. Sie ist Grundlage für den weiteren Aus-bau der Service-orientierten Architektur (SOA). Diese sorgt für die engere Anbindung der IT-Architektur an die Geschäftsprozesse und durch einen modularen Ansatz für höhere Flexibilität, Wiederverwendbarkeit und schlankes Design.

Blick in die Zukunft

Die Verbindung zwischen Geschäftsprozessen und Funktionalität der Anwendungen erlaubt es der Winterthur künftig, bei Änderungen der Prozesse die Auswirkungen auf die IT-Landschaft zu identifizieren und zu prognostizieren. Das Unternehmen wird zudem feststellen können, wie wichtig bestimmte Technologien für das Business sind und welchen Einfluss Lifecycle-Überlegungen haben. In Kombination mit SOA kann es zudem IT-basierte Dienste für neue Geschäftsprozesse dynamisch orchestrieren. Fernziele sind die Simulation von Auswirkungen von Änderungen der IT-Landschaft, die Abschätzung der Folgen neuer Geschäftsmodelle, die Analyse zukünftiger Architektur-Konzepte sowie die Planung und Gestaltung neuer, optimierter IT-Landschaften.
Informationen zum Unternehmen

Winterthur Schweiz

Seit Anfang 2007 gehört die Winterthur Schweiz zur AXA Gruppe. Mit rund 20 Prozent Marktanteil ist sie der führende Allbranchenversicherer im Schweizer Markt.
Sie bietet eine breite Palette von Personen-, Sach- und Haftpflichtversicherungslösungen und mass-ge-schneiderte Lebensversicherungs- und Pensionskassen-lösungen für Privat- und Unternehmenskunden. Die Winterthur Schweiz beschäftigt rund 5800 Mitarbeiter. Mit 49 Generalagenturen und 221 Agenturen bietet sie das dichteste Vertriebsnetz aller Schweizer Versicherer.
Im Jahr 2005 erzielte die Winterthur Schweiz ein Geschäfts-volumen von 10,4 Milliarden Franken und verwaltete per 31. Dezember 2005 Vermögen von 61 Milliarden Franken.
Zur Person

Christoph Gall

Christoph Gall wurde 1967 in der Schweiz geboren. Der Informatik--Ingenieur und promovierte Betriebswirtschaftler war als strategischer Berater in verschiedenen global agierenden Unternehmen aktiv, danach arbeitete er als Hochschuldozent.
Seit 2000 arbeitet Christoph Gall in diversen Funktionen für die Winterthur Schweiz Ver-sicherungen. Er unterstützte den Aufbau der Architektur-Abteilung in der Zentrale, ver-antwortete diverse Projekte zur Konsolidierung der IT-Landschaft auf unter-nehmensweiter Ebene und arbeitete als leitender Stratege. Derzeit führt er die Abteilung IT-Strategie und Architektur.
Checkliste

Optimierte IT-Planung

Soll ein neues Geschäftsmodell eingeführt werden, das verschiedene Prozesse beeinflusst, muss der IT-Architekt u.a. folgende Fragen beantworten:
o Welche Systeme sind betroffen?
o Welche Dienste müssen wie aufeinander abgestimmt werden?
o Welche Schnittstellen sind gegebenenfalls anzupassen?
o Wie wird die aktuelle Strategie dadurch beeinflusst?
o Welche anderen Projekte müssen neu priorisiert werden?
o Wie lange wird die Einführung dauern?
o Wie hoch sind die Kosten?
Jörg Rothweiler



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