Interview
27.05.2008, 10:04 Uhr
CRM-Wüste Schweiz
René Meier, Pionier der europäischen CRM-Szene, äussert sich exklusiv gegenüber Computerworld über die Unterlassungsünden der Schweizer Unternehmen bezüglich Kundenmanagement.
In Sachen CRM ist die Schweiz noch ein Entwicklungsland. Auch fehlt es an gut ausgebildeten CRM-Experten. Computerworld unterhielt sich exklusiv mit René Meier, Chef der Retcom Group.
Computerworld: Herr Meier, sind Sie zufrieden mit den Schweizer Unternehmen im Bereich Customer Relationship Management (CRM) ?
René Meier: CRM hat heute nicht nur mit der klassischen Kundenbeziehungspflege, sondern auch mit Technologie und Prozessorientierung zu tun. Da liegt einiges im Argen. Schweizer Unternehmen leiden an einem akuten Mangel interdisziplinär ausgebildeter CRM-Experten. Zwar bietet die Zürcher Hochschule Winterthur den weiterführenden Studiengang Master of Advanced Studies in Customer Relationship Management an. Es passiert aber noch viel zu wenig.
Computerworld: Immerhin gibt es durchaus einige Schweizer Unternehmen, die trotz dieses Mangels dank guter CRM-Strategien besonders erfolgreich waren.
René Meier: Stimmt, zu nennen wäre das Schweizer Traditionsunternehmen Griesser AG, eine europaweit führende Anbieterin für Storen und Rolladen. Griesser hat seine Service-Center auf ein zentrales Call Center mit Sitz in Aadorf umgestellt. Wichtig: Ein zentraler Datenpool versorgt Berater mit einer 360-Grad-Kundensicht. Davor betrieb jede der 16 Niederlassungen seine eigene telefonische Anlaufstelle, kochte ihr eigenes Süppchen. Die Technik mietet Griesser von der Swisscom, die sich um die Konfiguration, den Betrieb und regelmässige Updates kümmert.
Nestlé Nespresso verfolgt einen Multi-Channel-Ansatz. Neben der klassischen Werbung in den Shops betreibt der Konzern Newsletter- und Database-Marketing und pflegt seine Online-Präsenz. Auch PricewaterhouseCoopers hat mit der Vision ,,Client first" sein Verkaufsprozess-Management neu organisiert. Neben der Technik, der meist zu viel Bedeutung zugemessen wird, legte man sehr viel Wert auf die intensive Schulung der Mitarbeiter.
Computerworld: Apropos Technik - welche Rolle spielen komplexe Data Warehouses und Analyse-Software beim Kunden-Management? Schiessen Firmen nicht häufig übers Ziel hinaus?
René Meier: Natürlich sollte man es vermeiden, mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen. KMU wäre schon viel damit geholfen, ein einfaches und preiswertes Adress-Management anzuschaffen. Wie heisst überhaupt der Ansprechpartner beim Kunden? An wen soll die Weihnachtskarte gehen? Solche für die Kundenpflege elementaren Infos werden häufig noch in Zettelkästen abgelegt.
Die Kunden-Historie mit Gesprächsnotizen, Offerten und Bestellungen lässt Rückschlüsse auf Angebote zu, die den Kunden in Zukunft interessieren könnten. Hier herrschen oft noch Insellösungen vor. Jeder Vertreter und Verkäufer macht sich seine eigenen Notizen.
Das gewaltige Potenzial, das im Lead-/Opportunity-Management steckt, können KMU mit technikgestütztem CRM viel systematischer ausschöpfen. Die 20 Prozent meiner Kunden, mit denen ich 80 Prozent meines Umsatzes mache, lassen sich mit einer Datenbank schnell ausfindig machen. Viele Unternehmer glauben jedoch noch, sie könnten verkaufen, ohne eine Kunden-Datenbank zu betreiben.
Das komplette Interview finden Sie am Freitag in der Heftausgabe der Computerworld.