«Die Schweizer Wirtschaft hat die Chancen erkannt»

Bildung in Zeiten der Digitalisierung

CW: Die digitale Transformation wird auch neue Berufe hervorbringen. Einige der aktuellen Berufsbilder werden hingegen verschwinden. Was kann Ihr Departement dazu beitragen, die Umwälzungen im Arbeitsmarkt abzumildern?
Schneider-Ammann: Der Bundesrat ist dieser Frage im Juli nachgegangen und hat seinen «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020» veröffentlicht. Im Bildungsbereich sieht der Aktionsplan die verstärkte Förderung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) vor. Wir wollen auch die Berufsbildung flexibilisieren.
CW: Was haben Sie hier geplant?
Schneider-Ammann: Die Bildungsangebote sollen rascher angepasst werden. Zudem geht es darum, dass die Beschäftigten den digitalen Anforderungen der Arbeitswelt gewachsen sind. Das heisst: bessere Weiterbildung.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann: «Was wir wirklich noch nicht wissen, ist, welche Berufe es in der Zukunft geben wird. Viele werden wahrscheinlich gerade jetzt erfunden»
Quelle: Beatrice Devenes
CW: Ab Januar 2018 können Unternehmen Subventionen für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in Sachen IT-Kompetenzen beantragen. Welches Potenzial sehen Sie hierfür?
Schneider-Ammann: Ich erwarte einen deutlichen Schub durch unsere Massnahmen. Ich hoffe, dass viele Firmen, mit oder ohne Unterstützung, alles daransetzen, um ihre Mitarbeitenden für unsere digitale Zukunft fit zu machen. Ich erwarte auch von den Angestellten, dass sie sich bereit zeigen, neue Herausforderungen anzunehmen. Nur zusammen können wir diese meistern.
CW: Die OECD sieht die Schweiz bei der Digitalisierung gut aufgestellt, moniert allerdings, dass unser Land bei der Bildung Nachholbedarf habe. Was braucht es, um im Bereich Bildung vorwärtszumachen?
Schneider-Ammann: Die OECD attestiert der Schweiz einen im internationalen Vergleich überdurchschnittlichen Leistungsausweis dank unseres dualen Berufsbildungssystems. Aber die Digitalisierung ist eine Herausforderung. Zudem müssen wir auch unser Bildungssystem entsprechend anpassen. Wie gesagt: Wir haben im Juli unseren Aktionsplan gestartet. Ich hoffe auch immer noch auf zusätzliches Geld, um diese Pläne zu fördern.
CW: Inwieweit könnte durch die Folgen der digitalen Transformation das bedingungslose Grundeinkommen wieder ein Thema werden? Müssen wir unser Wirtschaftssystem überdenken?
Schneider-Ammann: Bisher hat die Schweiz noch jeden Strukturwandel erfolgreich gemeistert. So haben unsere Firmen in den letzten 20 Jahren fast 900'000 neue Jobs geschaffen. Zudem müssen Sie sich vorstellen, was mit der präventiven Einführung eines bedingungslosen Grund­einkommens passieren würde: riesige Kosten, Senkung der Produktivität, Bürokratie, etc. Das Schweizer Volk hat schon einmal über ein solches Projekt abgestimmt und hat klar Nein gesagt.
CW: Aber durch die Umwälzungen werden auch Arbeitsplätze verschwinden.
Schneider-Ammann: Die Angst der Massenarbeitslosigkeit geistert jedes Mal herum, wenn grössere Veränderungen in der Wirtschaft bevorstehen. Wir haben zwar gewisse Vorstellungen, welche Berufe verschwinden könnten, aber wir wissen noch gar nicht, wie schnell und in welchem Ausmass. Aber was wir wirklich noch nicht wissen, ist, welche Berufe es tatsächlich in der Zukunft geben wird. Viele werden wahrscheinlich gerade jetzt erfunden. Da gibt es nur ein gutes Rezept: Bildung und Weiterbildung.



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