Auslandschweizer-Organisation kritisiert Stillstand bei E-Voting
Technische Probleme
Doch auch beim Versuchsbetrieb gab es Hindernisse. Diese sind nicht politisch, aber technischer Natur. 2015 hatte der Bundesrat einem System eines Konsortiums von Kantonen die Zulassung verweigert. Grund dafür war eine Lücke beim Schutz des Stimmgeheimnisses. Vergangene Woche stellte der Kanton Genf den Betrieb seines Systems ein. Dieses war auch von Bern, Aargau und Luzern genutzt worden. Damit verbleibt noch das E-Voting-System der Post. Dessen Schicksal ist aber gegenwärtig ebenfalls in der Schwebe. Die Post hatte dessen Quellcode im Februar 2019 offengelegt und einen Intrusionstest durchgeführt. Dabei waren schwerwiegende Mängel im Quellcode entdeckt worden. Derzeit wird ein Audit eingeführt. Mitte August will die Bundeskanzlei entscheiden, ob das letzte verbleibende E-Voting-System bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober eingesetzt werden kann. Bisher hat noch kein Kanton ein entsprechendes Gesuch gestellt.
Ganz aufgeben will der Bundesrat das E-Voting trotzdem nicht. Er hat die Bundeskanzlei beauftragt, bis Ende 2020 mit den Kantonen eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs zu konzipieren. Ziel ist ein stabiler Versuchsbetrieb. Dazu gehören laut Thurnherr der Ausbau unabhängiger Kontrollen, eine Stärkung von Transparenz und Vertrauen sowie der stärkere Einbezug der Wissenschaft.
Gegner machen Druck
Gleichzeitig wetzen die Gegner des E-Voting die Messer. Derzeit läuft die Unterschriftensammlung für eine Initiative, die ein fünfjähriges Moratorium verlangt. Nach Ablauf der Frist könnte dieses nur aufgehoben werden, wenn das E-Voting mindestens so sicher ist wie die persönliche Stimmabgabe. Hinter der Initiative stehen Politiker und Politikerinnen von rechts und links, darunter der Luzerner SVP-Nationalrat und IT-Unternehmer Franz Grüter, Grünen-Nationalrat und IT-Spezialist Balthasar Glättli (ZH) und der ehemalige Waadtländer SP-Nationalrat Jean Christophe Schwaab. Zu den Gegnern des E-Voting gehören auch die Jungparteien und der Chaos Computer Club.
Das Initiativkomitee begrüsst den Entscheid des Bundesrats. Ein vorläufiger Verzicht reiche aber nicht aus, heisst es in einer Stellungnahme vom Donnerstag. Nur ein in der Bundesverfassung verankertes Moratorium garantiere, dass es zu keinen Manipulationen von Volksabstimmungen kommen könne. Das Initiativkomitee wirft dem Bundesrat vor, die Risiken von E-Voting nicht vollends erkannt und verstanden zu haben.