Collaboration-Software
09.10.2018, 12:30 Uhr
Erste Einschätzung zu IBM Domino/Notes 10
Der Entwicklungspartner HCL und IBM lancieren die Version 10 von Domino und Notes. Die Mitglieder der Schweizer Notes User Group geben ihre Einschätzung zur neuen Software ab.
Mehr als fünf Jahre sind seit dem letzten grossen Release der Collaboration-Lösung Domino und Notes vergangen. Das ist in der schnelllebigen Software-Branche eine halbe Ewigkeit. Den IBM-Anwendungen bekam die lange Pause nicht immer gut. Neue Funktionen liessen auf sich warten, die Anwender bangten um ihre Investitionen und wendeten sich teilweise von der Software ab. Andere hatten auch ihre Geschäftslogiken mit dem Domino-System umgesetzt und äusserten ihren Unmut über vage Aussagen seitens Big Blue zur Zukunft der Produkte. Bis im Herbst vergangenen Jahres.
Damals zog IBM die Reissleine und übertrug dem indischen IT-Dienstleister HCL die Verantwortung für die Weiterentwicklung von Domino und Notes. HCL seinerseits versprach, nun schnell liefern zu wollen. Der verantwortliche Manager Richard Jefts kündigte während eines Treffens der Schweizer Notes User Group (SNoUG) in diesem Frühjahr in Zürich an: Im Herbst gibt es ein Major Release von Domino und Notes. Nun wird geliefert. Die Version 10 wird an einem Anlass im deutschen Frankfurt am Main offiziell lanciert. Die Präsentation wird auf Facebook live übertragen – und am morgigen Mittwoch an der Universität Zürich wiederholt. Die Hochschule ist selbst ein Anwender der IBM-Software.
Bei der Weiterentwicklung von Domino hatte HCL insbesondere Bestandskunden im Auge. Davon haben offenbar viele ihren (Haupt-)Sitz in Europa. Schliesslich wird Version 10 zuerst in Frankfurt und Stockholm gezeigt. Unter anderem Zürich, Brüssel, London und Wien folgen einen Tag später, zusammen mit China, Indien und die USA.
Funktional hat sich viel getan, lautet das Urteil von Helmut Sproll, Vorsitzender der SNoUG und Managing Partner von Cross-Works. Sein Unternehmen ist nach eigenen Angaben langjähriger Business- und Design-Partner für die Collaboration-Produkte von IBM. Sproll testet seit einigen Monaten die Beta-Versionen von Domino und Notes. Für Computerworld hat er einige Highlights der neuen Programme zusammengefasst.
Domino generalüberholt
Von Helmut Sproll
Auch wenn heute offiziell Domino/Notes 10 im Paket angekündigt wird: Der Fokus der neuen Version liegt eindeutig im Bereich des Domino-Servers. Hier wurde kräftig modernisiert und die Grundlage dafür gelegt, um mit der nächsten Version (die bereits im nächsten Jahr folgen soll) auch beim Notes-Client neue Wege gehen zu können.
Zu den Neuerungen beim Server zählen: Die maximale Grösse einer Notes-Datenbank beträgt neu 256 Gigabyte. Angesichts der bisherigen 64 Gigabyte eine zweifellos massive Verbesserung, die vor allen Dingen in grösseren Umgebungen willkommen sein wird. Weiter steht Administratoren und Entwicklern neu eine an SQL angelehnte Sprache zur Verfügung, mit der selbst grosse Dokumentenbestände sehr schnell abgefragt und auch mutiert werden können.
Das Clustering mit Domino galt schon bisher als eine Stärke des Servers. Neu sind Domino-Cluster «selbstheilend»: Künftig sorgen die einzelnen Server eines Clusters selbst dafür, dass alle Applikationen, die auf dem Cluster laufen sollen, auch auf allen Servern des Clusters liegen. Daneben wird Domino zukünftig als Docker-Image verfügbar sein, eine stark verbesserte Volltextsuche bieten und sich mittels SAML noch besser in bestehende IT-Infrastrukturen integrieren lassen.
Für Entwickler die sicherlich wichtigste Neuerung ist die Schnittstelle zu Node.js-Servern. Dabei verhält sich Domino wie eine normale NoSQL-Datenbank. Via einem externen Node.js-Server kann aber ein viel grösserer Kreis an Programmierern auf die Datenbank zugreifen.
Abgespeckter Notes-Client fürs iPad
Im Vergleich zum Server steht beim Notes-Client der grosse Schritt noch aus. Die überraschendste Neuerung dürfte die Portierung von Notes auf Tablets sein. Damit lassen sich bestehende Notes-Applikationen ohne Anpassungen an Code und Design auf dem iPad nutzen – und das nicht nur online, sondern auch offline.
Auf dem Client – sei es Windows oder Mac – gefällt daneben die neue Optik. Der Desktop wurde modernisiert und flexibler gestaltet. Neu kann zum Beispiel jeder Benutzer das Erscheinungsbild seines Clients und auch ein eigenes Hintergrundbild bestimmen. Der Funktionsumfang wurde zwar nur punktuell, dafür aber gezielt vergrössert: So kann Notes nun endlich auch E-Mails zeitversetzt versenden, und das im Gegensatz zu anderen Lösungen auch dann, wenn der Client nicht läuft. Weiter lassen sich E-Mails neu als Anhang einfach weiterleiten und mehrere E-Mail-Signaturen anlegen. Insbesondere Benutzer mit mehreren unterschiedlichen Aufgaben werden diese Option zu schätzen wissen.
Schliesslich ist der Mut von HCL/IBM bemerkenswert, einige Funktionalitäten, die – wenn überhaupt – nur von wenigen Benutzern verwendet wurden, aus dem Client zu entfernen. Dieser für viele überfällige Schritt reduziert nicht nur die Komplexität, sondern resultiert auch in einer spürbar verbesserten Performance. So geht das Arbeiten mit Notes 10 schon in der aktuellen Beta 2 überaus flüssig vonstatten.