Red Hat 25.06.2015, 00:33 Uhr

Gibt es bald nur noch Open-Source?

Open-Source ist im Mainstream angekommen. Auch Microsoft, HP und IBM setzen auf die Innovationskraft der Open-Source-Communities. Die aktuellen Software-Trends vom Red Hat Summit in Boston.
Open-Source ist viel mehr als nur Software. Dahinter steckt ein neues Produktionsmodell, ein neuer Arbeitsstil, eine ganz neue Philosophie: Partizipation und "Sharing". Das ist kein leeres, geschwollenes Gerede. Software-Entwickler von IBM, HP, Microsoft - also die Proprietären - haben das erkannt und engagieren sich in den Open-Source-Communities, weil sie sich einen konkreten Mehrwert davon versprechen. Es gibt Probleme, die überfordern ein einziges Unternehmen, auch wenn es ein grosses ist. Open-Source-Communities erledigen den Job schneller, effizienter und innovativer.
"Open-Source ist im Mainstream angekommen", betonte Jim Whitehurst, CEO von Red Hat, auf dem Summit 2015 in Boston. Der Weg dorthin war lang und beschwerlich, und Whitehurst zitiert Mahatma Ghandi: Erst ignoriert man dich, dann lacht man dich aus, dann bekämpft man dich - und am Ende gewinnst Du! Red Hat ist auf der Gewinnerstrasse angekommen. "Seit 53 Quartale erzielen wir Umsatzsteigerungen, irgendetwas müssen wir richtig machen", sagte Werner Knoblich, SVP und General Manager Emea, zu CW. Das Betriebssystem Red Hat Enterprise Linux l(RHEL) , nicht Windows, läuft mittlerweile auf der Mehrheit der Server im Backend. Die Cloud basiert auf RHEL, davon ist man bei Red Hat überzeugt. Auch SAPs In-Memory-Plattform Hana läuft auf Red Hat Enterprise Linux. Aber Open-Source ist viel mehr als Linux, das zeigen die Neuankündigungen auf der Hausmesse. Die Platform-as-a-Service-Software Openshift Enterprise 3 unterstützt die zurzeit stark diskutierten Docker-Linux-Container und hat die Container-Orchestrierungsplattform Kubernetes - ebenfalls Open-Source - integriert. Software-Entwickler bauen, verwalten und verteilen damit Applikationen in hybriden Szenarien, on-premise und/oder in der Cloud. Was Openshift für die App-Entwicklung, das ist Red Hat Atomic Platform für die Infrastruktur. Zusammen sollen sich damit auch sogenannte Multi-Container-Applikationen, also miteinander vernetzte Apps, auf beliebige Ressourcen in hybriden Clouds migrieren lassen.

Amadeus: ein "sehr sehr wichtiger Kunde"

Mit dem Fluggast-Reservierungssystem Amadeus hat Red Hat einen ganz grossen Fisch an Land gezogen. Die Amadeus Cloud Services laufen auf Openshift Enterprise 3, und die Anforderungen sind hoch. Amadeus betreibt tausende von Applikationsservern und verwaltet damit 95 Prozent der Flugreisen weltweit. Pro Sekunde müssen die Systeme mit 145.000 Anfragen fertig werden. Pro Tag fallen etwa 1,6 Milliarden sogenannter "Data Requests" an. "Amadeus als Kunde gewonnen zu haben war sehr, sehr wichtig für uns", gab Red Hats Paul Cormier, President for Products & Solutions, unumwunden zu. Stark diskutiert wurde die Container-Technologie, vor allem Docker. Sie kamen in jeder Keynote vor. Dabei sind Container eigentlich nichts Neues. Tester und Software-Entwickler nutzen sie seit Jahren, um schnell und unkompliziert eine Laufzeit-Umgebung für ihre Programme aufzusetzen. Das vor zwei Jahren gegründete Startup Docker hat App-Container salonfähig gemacht und die für den Enterprise-Einsatz dringend benötigten Management-Werkzeuge hinzugefügt. Sie sind das ideale Vehikel, um Apps plattformunabhängig in der Cloud auszurollen. Aber es bleiben noch Herausforderungen: Mehr als die Hälfte aller Container enthielten Fehler und seien für Firmen ein Sicherheitsrisiko, warnt Cormier. Auch Fragen der Standardisierung seien noch lange nicht zufriedenstellend gelöst.

Viele Köche am Containerbrei

Der Kampf um die Standardisierung der Container ist voll entbrannt. Die Sache sieht so aus: Bislang sind Container plattformunabhängig noch nicht wirklich portierbar. Sie enthalten neben den Applikationen ausserdem Komponenten - sprich Bibliotheken - des jeweiligen Betriebssystems, auf dem sie laufen sollen. Windows-Container enthalten Windows-Komponenten, RHEL-Container enthalten RHEL-Komponenten und so fort. Unternehmen wie Microsoft, EMC, VMware, Cisco, Google, HP und IBM versuchen daher, soviel wie möglich von ihrer eigenen Technologie im zukünftigen Container-Standardformat unterzubringen. Umso leichter fällt es später, Container für eigene Zwecke einzusetzen, zu proprietarisieren.

ERPs: Kein Fall für Open-Source?

"Die Anhänger des proprietären Lizenzmodell wollen keine Offenheit, sie wollen sich nicht verändern", stellt Red Hats Cormier fest. "Das war ein ganz harter Kampf, den wir über die letzten Jahre ausgefochten haben. Aber jetzt sind wir dabei, ihn zu gewinnen". Trotzdem werden in den nächsten Jahren Open-Source und proprietäre Software nebeneinander existieren. Der Grund liegt in der Funktionsweise der Open-Source-Communities selbst. Einige Software-Projekte seien so speziell, dass sich dafür einfach keine ausreichend grossen Communities zusammenfänden, sagt Red Hats Emea-Chef Knoblich. Auch ERP-Systeme sieht er vom Angriff der Open-Source-Krieger verschont. ERPs sind laut Knoblich zu business-kritisch, zu kriterial und viel zu komplex für Open-Source. Fragt sich nur: Wie lange noch?



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