Wer Sicherheit will, braucht Verbündete
Einzelkämpfer versus Crowd Security
Einen Informationsfluss zur IT-Sicherheit über die Unternehmensgrenzen hinweg findet man noch seltener. Über Security-Probleme spricht man anscheinend nicht gern. Ein Austausch innerhalb der eigenen Branche und damit mit Mitbewerbern scheint für viele noch ein Tabu zu sein. Doch es gibt erste Ansätze, gemeinsam für mehr Cybersicherheit einzutreten. Sie fasst man unter den Begriff Crowd Security oder Crowdsourced Security.
«Cybersicherheit ist kein technologisches Problem – es ist ein menschliches – und um gegen eine Armee von Gegnern antreten zu können, brauchen wir eine Armee von Verbündeten», betont Casey Ellis, Gründer von Bugcrowd, die Idee hinter Crowdsourced Security.
Ein Weg dazu geht so: Man lädt eine Gruppe geeigneter Personen (die Crowd) ein, die ein bestimmtes IT-System auf Schwachstellen untersuchen sollen. Der Vorteil ist offensichtlich: Man bekommt das Wissen vieler, um Sicherheitsrisiken aufzuspüren und abzuwenden. Im Gegenzug bietet man zum Beispiel eine Belohnung (Bug-Bount-Programm).
Der Markt ist bereits gut gefüllt mit entsprechenden Crowdsourced-Security-Angeboten. Neben Bugcrowd gibt es zum Beispiel noch Yes We Hack, Crowdswarm, Synack und CrowdSec. Die steigende Beliebtheit solcher Plattformen ist auch eine Folge der sich verschärfenden IT-Sicherheitslage in Zeiten von Corona mit Homeoffice und dezentralem Arbeiten.
«Die Pandemie hat die Sicherheit auf den Kopf gestellt. Plötzlich waren wir alle mit exponentiell erweiterten Angriffsflächen konfrontiert. Das bedeutete, dass Sicherheitsteams kreativ und flink sein und nach innovativen und reaktionsschnellen Lösungen suchen mussten, zum Beispiel On-Demand-Crowdsourced-Security, um ihnen Zugang zu vertrauenswürdigen Sicherheitsforschern zu verschaffen, damit sie ihre Assets aus einer gegnerischen Perspektive testen konnten», erklärt Jay Kaplan, CEO und Mitbegründer von Synack. «Das ist die Art von proaktiver Sicherheit, die hochwertige Ergebnisse liefert und den Unternehmen hilft, der Bedrohung während der gesamten Pandemie einen Schritt voraus zu sein», so Kaplan.
Unternehmen wie Telenor Schweden sehen in einem Bug-Bounty-Programm insbesondere den Vorteil, Zugang zu einer professionellen Security-Community zu bekommen. «Durch das Yes-We-Hack-Bug-Bounty-Programm sind wir mit einem der besten globalen Netzwerke von ethischen Hackern verbunden, die uns dabei helfen, Sicherheitslücken in unserer Infrastruktur vor allen anderen zu finden. Wenn wir proaktiv vorgehen und das Hacken unserer Infrastruktur zulassen, können wir Schwachstellen finden, bevor Kriminelle dies tun, und sie beheben», so Marcus Lundblad, Security Engineer bei Telenor Schweden.
Guillaume Vassault-Houlière, CEO und Mitbegründer von Yes We Hack, betont den Aspekt der Vertrauensbildung durch Massnahmen wie Crowd Security: «Telenor Schweden wird in allen Märkten als vertrauenswürdiger und sicherer Anbieter anerkannt, weil er sich auf den Schutz der Kundendaten konzentriert und seine kritische Infrastruktur durch die Einführung von bahnbrechenden Lösungen wie Bug Bounty verteidigt.»
Von Bug Bounty bis Malware-Scanning
Bug-Bounty-Programme, bei denen Belohnungen für das Melden entdeckter Schwachstellen ausgelobt werden, sind nur ein Beispiel, wie Unternehmen von der Cybersecurity-Community profitieren können. Auch die aktive Suche nach Angriffsmöglichkeiten, das Pen-Testing, nutzt die Security-Expertise der Crowd, also externer Security-Fachleute, die sich ehrenamtlich oder gegen ein bestimmtes Entgelt auf die Suche nach Sicherheitslücken begeben. Ein «Penetration-Testing as a Service» gibt es auch von Security-Dienstleistern, doch ähnlich wie bei Open Source hat auch die Security Community solche «Freiwilligendienste» hervorgebracht.
Ein anderes Beispiel für Crowdsourced Security ist Crowdsourced Malware-Scanning mit Virustotal. Virustotal nutzt die Fähigkeiten und die Informationen von vielen verschiedenen Antiviren-Engines, Website-Scannern, Datei- und Link-Analyse-Tools sowie Hinweise von Nutzenden und aggregiert deren Kommentare und Resultate zur Schad-Software. Die Besonderheit ist, dass nicht nur ein einzelner Malware-Scanner die Bösartigkeit einer Datei oder eines Links bewertet, sondern eine Vielzahl von Scannern tut dies, deren Bewertungen in das Gesamtresultat einfliessen.
Ein Security-Service wie Virustotel nutzt somit das Wissen über Malware von vielen Malware-Scannern und Malware-Expertinnen und -Experten gleichzeitig. Aber auch die Unternehmen selbst und damit die Angriffsziele der Cyberkriminellen haben ein Wissen, das für die Cybersicherheit sehr wertvoll sein kann.