An der Branche vorbei 25.09.2019, 14:00 Uhr

ICT-Anbieter fordern mehr Polit-Support

Die ICT-Branche übt aus Anbietersicht nur wenig Einfluss auf Parlamentarier aus. Mehr Inputs versprechen Kandidierende, die im Oktober bei den nationalen Wahlen an den Start gehen.
In der Wandelhalle des Bundeshauses tauscht man sich über aktuelle Geschäfte aus
(Quelle: Keystone / Peter Klaunzer)
Überwachungs-, Geldspiel- und Fernmeldegesetz oder die Revision des Datenschutz- und des Beschaffungsrechts: In den vergangenen Jahren haben Politikerinnen und Politiker in Bundesbern einige Geschäfte behandelt, die im weitesten Sinne auch die ICT-Branche betrafen. Nicht immer wurde letztlich im Sinne der Unternehmen entschieden – wie beispielsweise beim Geldspielgesetz und den damit verordneten Internetsperren. Diese wurden vom Volk klar angenommen, zum Leidwesen der Provider.
So schätzt die Branche den aktuellen Einfluss auf die Politik ein
Quelle: Computerworld
Deutlich fiel in der aktuellen Top-500-Umfrage denn auch die Meinung zum Einfluss der ICT-Branche auf die Politik aus. Mehr als die Hälfte der Befragten schätzt diesen als «gering» oder «sehr gering» ein – der Anteil vergrös­serte sich im Vergleich zum Vorjahr sogar. Nur knapp 8 Prozent kreuzten bei der Frage nach dem Einfluss auf die Politik «gross» oder «sehr gross» an.
Ähnliche Rückmeldungen aus der Branche erhielt auch Swico. Der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche stellte kürzlich den «Swico ICT Index» für das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres vor. Neu gebe es Stimmen aus allen Segmenten, die von der Schweizer Politik eine stärkere Unterstützung der Branche hinsichtlich regulatorischen Vorschriften und mutigen Projekten fordern, teilte der Anbieterverband zur Publikation des neuen «Swico ICT Index» mit. Berücksichtigt werden dabei jeweils die Segmente IT-Technology, IT-Services, Software, Consulting, Consumer Electronics sowie Imaging/Printing/Finishing.

Digitalisierung hat nicht erste Priorität

Judith Bellaiche übernahm bei Swico Anfang Mai die Geschäftsleitung von Jean-Marc Hensch. Die Zürcher GLP-Kantonsrätin teilt die Mehrheitsmeinung der Anbieter, die an der Computerworld-Umfrage teilnahmen. «Wir stellen ebenfalls fest, dass die ICT-Branche und die Digitalisierung als Bewegung Bundesbern nicht prioritär interessieren. Es ist eine ziemlich zähe Angelegenheit, neue Themen und Anliegen einzubringen», erklärt Bellaiche. Politiker beschäftigten sich ihr zufolge lieber mit dem Militärdienst, der Ausländerthematik oder der Landwirtschaft. Die ICT-Branche komme dagegen zu kurz. «Wir haben sehr wichtige und existenzielle Anliegen und das ist der Politik nicht ganz bewusst.» Die ICT-Branche nehme eine wichtige Querschnittsfunktion ein. Bellaiche vergleicht IT-Dienstleistungen deshalb mit Strom oder Wasser. «Uns braucht es und da fehlt nach wie vor die nötige Anerkennung», verdeutlicht die Swico-Geschäftsleiterin ihren Standpunkt.
“Der Schweizer ICT-Branche fehlt eine starke Lobby„
Judith Bellaiche, Swico
Bellaiche sieht für den Mangel an Einfluss zwei Gründe: Der Schweizer ICT-Branche fehle eine starke Lobby. Swico bringe sich zwar mit gezielten Stellungnahmen immer wieder in Position, jedoch übten sich Parlamentarier bei Digitalfragen auch in Zurückhaltung. «Es fehlt an Mut, gewisse Themen aufzugreifen. Oftmals handelt es sich nämlich um sehr kontroverse Fragen.» Man stosse zudem an Wissensgrenzen, da die Materie schnell technisch werden könne, meint die Swico-Chefin. «Datenschutzfragen bewegen beispielsweise die Gemüter. Womöglich gibt es da Ängste, Emotionen auszulösen, die man dann politisch nicht steuern kann.» Das sei bedauerlich, sagt Bellaiche. «Diese Themen müssen unbedingt angepackt werden.»



Das könnte Sie auch interessieren