Felix Kamer im Interview 03.02.2020, 11:56 Uhr

«5G schafft 140'000 Jobs in der Schweiz»

Der Tech-Konzern Huawei ist für den 5G-Ausbau beim heimischen Mobilfunkkonzern Sunrise zuständig. Im Interview spricht Huaweis Schweizer Vice President Felix Kamer über den Nutzen von 5G, die IT-Sicherheit sowie Kundenprojekte in der Schweiz.
Felix Kamer, Vice President Huawei Technologies Switzer­land, arbeitet seit 2008 für den Technologiekonzern. Laut Kamer kann die Schweiz zur Vorreiterin in Sachen 5G werden
(Quelle: Huawei)
Die Mobilfunktechnik 5G hat das Potenzial, die Kommunikationsbranche grundlegend umzukrempeln, und Huawei Technologies Switzerland steht als zentraler End-to-End-Lösungsanbieter mittendrin. Drei Beispiele, die das enorme Anwendungsspektrum aufzeigen: Im Automobilsektor sorgt die Technik für einen Schub beim autonomen Fahren, denn mit 5G wird nicht nur Echtzeit­navigation möglich, sondern auch das Übermitteln von Verkehrsdaten und deren Verarbeitung beschleunigen sich. Im Mobilfunk können per 5G über weite Strecken etwa 8K- Videos gestreamt werden. Und auch das IoT profitiert von 5G, etwa durch reduzierte Latenzzeiten und höhere Bandbreiten.
Bei allen Vorteilen muss natürlich auch das Strahlen­risiko, das mit 5G als Funktechnologie entsteht, neu beurteilt werden. Kritiker monieren zudem eine höhere Anfälligkeit für IT-Sicherheitsrisiken. Mit 5G stehen viele Entscheide und auch Fragen an, denen sich Felix Kamer, Vice President Huawei Technologies Switzerland, im Interview stellt.
Computerworld: Warum ist der Netzausbau mit 5G so wichtig für Firmen und Endkunden?
Felix Kamer: 5G bringt der Schweiz einen massiven Produktionszuwachs. Eine Studie des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation (Asut) zeigt einen Zuwachs des Produktionswerts von über 42 Milliarden Franken, wenn 5G schnell eingeführt wird. Damit werden ca. 140'000 Arbeitsplätze geschaffen. Der Bundesrat hat mit der raschen Vergabe der 5G-Lizenzen im Frühjahr 2019 gezeigt, wie wichtig ihm der schnelle Netzausbau ist. Damit kann die Schweiz zur Vorreiterin einer Entwicklung werden, die für den Wohlstand des Landes eine ausserordentlich wichtige Rolle spielt.
CW: Welche technischen Mehrwerte erbringt die neue Mobilfunktechnik 5G konkret?
Kamer: Die 5G-Technologie wird drei wesentliche Verbesserungen des Mobilfunks mit sich bringen, die jeweils schreckliche Abkürzungen haben:
  • eMBB (Enhanced Mobile Broadband) erlaubt künftig einen deutlich höheren Datendurchsatz. Die Technik wird schon jetzt angeboten.
  • uRLLC (Ultra Reliable and Low Latency Communications) ermöglicht sehr zuverlässige und sehr schnelle Antwortzeiten.
  • mMTC (Massive Machine Type Communications) unterstützt viel mehr Verbindungen pro Funkzelle, als das bisher möglich war. mMTC wird etwa im Bereich des Internet of Things bei der Gerätevernetzung Vorteile bringen.
Eine konkrete Anwendung in der Schweiz ist zum Beispiel der Fix-Wireless-Access (FWA): Hierbei stellen wir für die Nutzung zu Hause eine hohe Bandbreite über die Luft in Regionen bereit, in denen die Gebäude nicht durch Glas­fasern angebunden und vernetzt sind. Das kann etwa topografische Gründe haben, an Orten, wo eine Erschlies­sung über physische Glasfasern schlicht zu kostspielig ist.
CW: Inwieweit bietet 5G Sicherheitsvorteile gegenüber den Standards 4G respektive Long Term Evolution?
Kamer: Im Mobilfunk werden die neuen Technologien in Generationen zusammengefasst, weil die Kompatibilität der Netze und Endgeräte sehr wichtig ist. Mit jeder Generation werden die Sicherheitsanforderungen erhöht, so werden viel mehr Funktionen stark verschlüsselt. Konkret ist bei 5G der Datenverkehr verschlüsselt, die Integrität geschützt und unterliegt gegenseitiger Authentifizierung. Auch beim Roaming gibt es neue Schutzmechanismen.
CW: Was müssen IT-Sicherheitsverantwortliche und CISOs beachten, welche die 5G-Technologie etwa für ein Campus-Netzwerk einsetzen wollen?
Kamer: Da das Campus-Netzwerk in diesem Fall durch einen Mobilfunkanbieter betrieben wird, ist es wichtig, dass CISOs die Sicherheitsaspekte mit dem Mobilfunkanbieter ihres Unternehmens detailliert diskutieren.
CW: 5G arbeitet unter anderem mit Edge Computing und lokalen Clouds. Inwieweit wird 5G durch die verteilte Netzarchitektur verletzlicher und welche Massnahmen sieht Huawei vor, um lokale Angriffe auf die Edge Cloud zu erkennen und dann auch zu verhindern?
Kamer: Die verteilte Architektur bietet Vorteile, insbesondere bei der Latenz, ist aber in der aktuellen 5G-Version noch nicht umgesetzt (Stichwort: 5G Non-Standalone versus Standalone). Die verteilte Architektur mit ihren verschiedenen Möglichkeiten wie Edge Computing hat auch andere Angriffsmöglichkeiten und entsprechend müssen die Sicherheitskonzepte geplant und umgesetzt werden. Die Aussage, dass eine verteilte Architektur grundsätzlich verletzlicher ist, stimmt so nicht.
Zur Person
Felix Kamer
ist Vice President bei Huawei Technologies Switzerland und seit 25 Jahren in der ICT-Branche tätig, unter anderem war er bei IBM und Swisscom. Ab 2008 prägte er den Aufbau von Huawei Schweiz massgeblich mit. Im Jahr 2018 arbeitete er ein Jahr am globalen Hauptsitz in Shen­zhen (China) und ist seit 2019 zuständig für die Bereiche Public Affairs and Communication.



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