Start-up-Check 19.11.2019, 10:26 Uhr

Auterion: Das Rückgrat von Enterprise-Drohnen

Als die Drohnentechnologie noch in den Kinderschuhen steckte, initiierten Lorenz Meier und Kevin Sartori schon wegweisende Projekte. Nun erregen sie weltweit Aufsehen mit einem Betriebssystem für den Business-Einsatz von Drohnen.
Lorenz Meier und Kevin Sartori gründeten das Start-up Auterion vor zwei Jahren
(Quelle: Auterion)
Kevin Sartori bezeichnet sich selbst als Enthusiasten für fliegende Objekte und Automatisierung. Noch im Strampelanzug sei eines seiner ersten Worte «Flugi» gewesen. Diese Faszination zieht sich bis heute durch. Mit dem Start-up Auterion, das er gemeinsam mit Lorenz Meier im Herbst 2017 gründete, geht es steil nach oben. Die beiden haben sich mit ihrem Open-Source-Betriebssystem für Enterprise-Drohnen weltweit einen Namen gemacht.
Kennengelernt haben sich die Co-Founders schon vor Längerem als Tischnachbarn im Autonomous Systems Lab der ETH Zürich. Sartori absolvierte dort seinen Master in Robotik und hängte anschliessend in Kalifornien an der UC Berkeley gleich noch einen MBA an. Danach war Sartori in der Industrie tätig – unter anderem für die im Silicon Valley beheimatete Drohnenfirma 3D Robotics. Meier blieb dagegen an der ETH und promovierte in Drone Software Architecture. Dabei initiierte er Open-Source-Projekte und arbeitete massgeblich an diesen mit. Sie legten den Grundstein für Auterion. Unter anderem startete Meier 2008 das Projekt Pixhawk, später kamen MavLink und QGroundControl hinzu. 2011 entstand aus Pixhawk die PX4-Autopilot-Software.

Android für Drohnen

PX4 sorgt im Prinzip dafür, dass Drohnen autonom starten, landen und sich orientieren können. Da es sich um quelloffene Software handelt, kann sie von Drohnenfirmen verwendet und individuell angepasst werden. Aufgrund des modularen Aufbaus des Betriebssystems wird dieses auch als «Android für Drohnen» bezeichnet. Anwender haben jeweils die Möglichkeit, PX4 als Basis zu nutzen und selbstständig mit Spezialfunktionen zu erweitern.
Sartori zufolge sind in den vergangenen Jahren Hunderttausende Produkte auf den Markt gekommen, bei denen die PX4-Autopilot-Software zum Einsatz kommt – von kleinen Drohnen aus dem Consumer-Bereich bis hin zu mehreren Hundert Kilogramm schweren Cargo-Drohnen. «Betrachtet man die Drohnenwelt von den Stückzahlen her, ist das PX4-Ökosystem inzwischen das zweitgrösste hinter jenem von DJI», erklärt der Auterion-Mitgründer. Der chinesische Hersteller DJI ist Marktführer im Bereich der zivilen Drohnen- und der Luftbildtechnologie, setzt aber auf ein selbst gebautes Betriebssystem. Sartori sieht deshalb Parallelen zum Smartphone-Markt, mit den dort vorherrschenden Betriebssystemen Android und iOS: «Oftmals ist es so, dass sich zwei Lösungen durchsetzen – eine proprietäre und eine offene.»

Implementierung vereinfachen

Weil PX4 flexibel ist und Änderungen in der Software rasch vorgenommen werden können, kommt das Betriebssystem nun vorwiegend bei kommerziellen Anwendungen zum Einsatz, wie der Unternehmer erklärt. So ist auch die Lösung des Start-ups mit Hauptsitz in Zürich auf Business-Kunden ausgerichtet. Auterion bietet Drohnenunter­nehmen ein Open-Source-Betriebssystem an, das auf PX4 basiert. Sartori erzählt, dass die Entwicklung eines darauf aufbauenden Systems «der nächste logische Schritt» war, nachdem immer mehr Hersteller damit begonnen hatten, auf die Autopilot-Software von Lorenz Meier zu setzen. «Bis anhin taten sich aber viele Firmen schwer damit, PX4 zu implementieren. Dafür braucht man gute Leute und genügend Ressourcen», sagt er.
Meier witterte hier schon früh eine Geschäftslücke. Um diese zu schliessen, lancierten die beiden Auterion-Gründer mit ihrer Enterprise-Distribution schliesslich ein für Unternehmen optimiertes PX4. Als Vorbild diente laut Sartori das Geschäftsmodell von Red Hat. «Die Lösung erleichtert es nun kleinen Drohnenunternehmen, auf einfache Art und Weise, bessere Produkte schneller auf den Markt bringen zu können», erklärt der Drohnenexperte.
Auterion liefert das Betriebssystem mit einer Reihe von Basisanwendungen für den Betrieb der Drohnen, je nach Bedarf kann es mit weiteren Apps ergänzt werden
Quelle: Auterion

Vielseitiges System

Den Kunden liefert das Start-up ein Betriebssystem, das bereits mit einer Reihe von Basisanwendungen für den Betrieb der Drohnen daherkommt. Je nach Bedarf könne man dieses dann mit weiteren Apps ergänzen – analog zu Android. Zum Paket gehört unter anderem die Software für Piloten, dass diese Flüge planen können. In der Cloud stellt Auterion etwa eine Device-Management-Plattform bereit, damit die Anwender Informationen zu jedem Gerät erhalten, sowie ein Analyse-Tool. Anhand von Flugdaten überprüft dieses mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen in Echtzeit diverse Faktoren und entscheidet, ob einzelne Bauteile oder gleich eine ganze Drohne ausgetauscht werden muss. «So stellen wir einerseits sicher, dass der Kunde die Flotte immer betreiben kann. Andererseits erhöhen wir damit gesamthaft die Sicherheit, indem wir Drohnen rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen, die Risiken darstellen könnten», er­läutert Kevin Sartori. Und grundsätzlich sei die Software so konzipiert worden, dass sie möglichst vielseitig ein­gesetzt werden könne. «Der Einsatz von Auterion ist überall dort prädestiniert, wo man mittels Automatisierung Kosten, Zeit und Aufwand einsparen kann.»

Grosse Entwickler-Community

Sartori zufolge sei es für seinen Mitgründer Lorenz Meier von Anfang an wichtig gewesen, eine möglichst grosse Entwickler-Community rund um PX4 aufzubauen. Heute werde die Software bereits von mehr als 8000 Entwicklern verwendet. Über 600 Entwickler würden aktiv zum Projekt beitragen. Der Mitgründer von Auterion weiss, dass die Community rund um die Autopilot-Software zudem zu mehr als 90 Prozent aus Mitarbeitenden von Unternehmen aus dem Drohnenbereich besteht. «Daher verfügen wir auch über eine sehr professionelle Gemeinschaft, die eng mit der Industrie verknüpft ist.» Und darin liege schliesslich auch die Stärke von Auterion: «Wenn wir unser System gemeinsam mit einer Community weiterentwickeln können, wissen wir, dass das Produkt am Markt gebraucht wird.»
Das Auterion-Team in Zürich; weitere Mitarbeitende sind am US-Standort in Los Angeles tätig
Quelle: Auterion
Das ist nicht zuletzt für die Geldgeber und Supporter wichtig. Es kommt deshalb wohl nicht von ungefähr, dass sich die beiden Gründer im September letzten Jahres eine Seed-Finanzierung über 10 Millionen US-Dollar sichern konnten. Mit dabei waren bei der Finanzierungsrunde nebst dem Lead-Investor Lakestar auch Mosaic Ventures, Costonoa Ventures und Tectonic Ventures. Und im Mai dieses Jahres gelang es ihnen, Marco Bill-Peter, SVP Customer Experience and Engagement bei Red Hat, als Verwaltungsratsmitglied an Bord zu holen.

Die USA im Visier

Eine Niederlassung hat Auterion inzwischen auch in Los Angeles aufgebaut. Die Mitarbeitenden kümmern sich dort um bestehende und potenzielle Kunden im US-Markt. Laut Sartori sei diese Präsenz für das Start-up von grosser Bedeutung. «In den USA geschieht gerade sehr viel. Der Markt ist dynamischer und viel skalierbarer als in Europa. Zudem sind uns die US-Unternehmen, die Drohnen einsetzen, um einiges voraus.» Die Auterion-Mitarbeitenden am Hauptsitz in Zürich kümmern sich indes um den Rest der Welt. Angesiedelt ist hier unter anderem auch die Produkt­entwicklung, das Engineering und das Marketing.
“Der Markt in den USA ist dynamischer und auch skalierbarer als in Europa„
Kevin Sartori
2018 gewann das Start-up am Digital Economy Award die Auszeichnung «Next Global Hot Thing». Die Auszeichnung unterstreicht auch die Zukunftspläne des Start-ups. Auterion hat sich global ausgerichtet und will den US-Markt erobern, der dem Co-Gründer zufolge aktuell «extrem schnell» wächst. Sartori hat sich deshalb folgendes Ziel gesetzt: «Wir wollen die grösste Drohnen-Software-Firma für kommer­zielle Anwendungen werden.» Künftig soll das Auterion-System also das Rückgrat jeder Enterprise-Drohne bilden.
Zur Firma
Auterion
wurde 2017 von Kevin Sartori und Lorenz Meier gegründet. Letztes Jahr konnte das Gründerduo eine Seed-Finan­zierung in der Höhe von 10 Millionen US-Dollar abschliessen. An den beiden Standorten in Zürich und Los Angeles arbeiten ak­tuell rund 50 Mitarbeitende für das Technolgieunternehmen.



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