23.04.2012, 17:29 Uhr
Bundesverwaltung für IT-Projekte kritisiert
Am Freitag veröffentlichte die Finanzdelegation (FinDel) ihren Tätigkeitsbericht des Jahres 2011. Besonders drastisch fällt das Urteil für das Informatikprojekt «Insieme» aus: 150 Millionen Franken sind scheinbar nicht genug, um in der Steuerverwaltung Systeme aus den 80er-Jahren abzulösen.
Die Informatikstrategie des Bundes gefällt, allerdings muss der Bundesrat noch Änderungen vornehmen.
Die Finanzdelegation hat gemäss Artikel 51 Absatz 2 ParlG den Auftrag, den gesamten Finanzhaushalt zu prüfen und zu überwachen. Sie erstattet den Finanzkommissionen darüber Bericht und stellt Antrag. Sie kann sich mit weiteren Beratungsgegenständen befassen und ihre Feststellungen den Finanzkommissionen oder anderen Kommissionen zur Kenntnis bringen. Im aktuellen Bericht befasst sich die Delegation auch mit verschiedenen IT-Projekten – und zieht eine durchzogene Bilanz. Gar nicht gut kommt das Informatikprojekt Insieme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) weg. Die Finanzdelegation «nahm mit Besorgnis zur Kenntnis dass in der Projektleitung erneut einschneidende Veränderungen vorgenommen werden mussten, die Projektarchitektur nach drei Jahren erneut hinterfragt worden war und der verbleibende finanzielle Rahmen nur noch die elementaren Projektziele abzudecken vermag.» Insiemehat ein Gesamtvolumen von circa 155 Millionen Franken (Computerworld.ch berichtete), doch dies soll nun nicht genügen, was die Finanzdelegation als «nicht akzeptabel» abstraft. Zwar strebe die ESTV an, die Fristen und den finanziellen Rahmen einzuhalten, dies jedoch auf Kosten stark reduzierter Projekt- und Anforderungsziele. Insbesondere sei der Grundgedanke des Projektes, die Prozesse über die ganze ESTV zu vereinen, «gefährdet», schreibt die FinDel im Bericht.«Dass schliesslich bei Insieme bezüglich der Einhaltung der Vorschriften des Beschaffungswesens auch noch eine Administrativuntersuchung eingeleitet wurde, passt ins Gesamtbild,» fasst FinDel zusammen. Das Urteil der Delegation fällt darum vernichtend aus: «Einmal mehr zeigt sich, dass der Bund in der Handhabung solcher gewichtiger Vorhaben überfordert ist.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Positiver stimmt die Delegation die Informatikstrategie des Bundes.
Informatikstrategie des Bundes
FinDel ist es ein Anliegen, dass die Verantwortungen für die Informatik in der Bundesverwaltung eindeutig zugewiesen und in der Praxis auch effektiv wahrgenommen werden können. Darum formuliert sie drei grundsätzliche Überlegungen, zur sich in Vorbereitung befindlichen Revision der Bundesinformatikverordnung (BinfV):
- Die Informatik des Bundes braucht eine zentrale, strategische Führung, deren Verantwortung beim Bundesrat liegt. Die Verantwortung für die operative Umsetzung der Strategie und der verbindlichen Standards sollte aus Sicht der FinDel allerdings eine dezentralisierte Struktur in den Departementen übernehmen.
- Eine Trennung der Verantwortungen für Effizienz- und Effektivität bei Standarddiensten kann in der Auffassung der FinDel nur eine theoretische sein und ist aus ihrer Sicht nicht umsetzbar.
- Drittens unterstützt die FinDel die Absicht des Bundesrats, umfassende Transparenz über die gesamte Informatik der Bundesverwaltung zu fordern und die Umsetzung der zentralen strategischen Vorgaben mittels eines strikten, zentral geführten Controllings durchzusetzen.. Eine zentrale operative Führung zu wählen, alleine um die Durchsetzung der Standards gewährleisten zu können, ist aus Sicht der FinDel in einer Gesamtbetrachtung aber nicht zielführend: «Geeigneter sind in diesem Zusammenhang sicherlich entsprechende Prüf- und Steuerungsinstrumente der zentralen strategischen Führung beispielsweise im Budgetprozess.»
Die Finanzdelegation «anerkennt die Stossrichtung, die der Bundesrat mit der neuen Informatikstrategie und der neuen Bundesinformatikverordnung (BinfV) des Bundes einschlägt». Zugleich erwartet sie aber auch, «dass die beschlossenen Neuerungen konsequent umgesetzt werden». Darum wird die FinDel die Projekt weiterhin genau verfolgen.