01.04.2008, 09:40 Uhr

«Wir sind für die Zukunft gerüstet»

Storage-Systeme und Virtualisierung sind aktuelle Trends und zugleich wichtige Pfeiler der Informationsinfrastruktur-Spezialistin EMC. Jacques Boschung, Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung, erklärt, wie sich EMC in diesem dynamischen Umfeld behaupten will.
Jacques Boschung, Geschäftsführer EMC Schweiz: "Wir müssen unseren Top-Kunden gerecht werden und zugleich neue Anreize für KMU schaffen."

Computerworld: Herr Boschung, Sie leiten seit drei Monaten EMC Schweiz. Was war ihre erste wichtige Aufgabe?

Jacques Boschung: EMC verfügt über ein sehr breites Portfolio von Lösungen. Die grösste Herausforderung liegt darin, sicherzustellen, dass unser Marktauftritt unseren Angeboten entspricht. Wir legen viel Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter über das entsprechende Fachwissen verfügen. Es ist spannend, dieses Know-how aufzubauen und weiterzuentwickeln und damit unsere Lösungen im Markt besser positionieren zu können.

Das bedeutet eine ständige Anpassung von Produkten und Fachwissen an die Bedürfnisse?

Ja, denn im Storage-Bereich geht es heutzutage nicht mehr nur um Hardware. Die Kunden verlangen nach neuen Ansätzen, sei es im Bereich Virtualisierung der IT-Umgebungen oder bei den Storage-Produkten. Wir verfügen über die richtigen Produkte und Ansätze. Aber wir müssen diese Lösungen entsprechend der Anforderungen unserer Kunden auch umsetzen. Deswegen brauchen wir durchs Band gut geschulte Mitarbeiter. Das ist eine sehr interessante Herausforderung, denn in unserem Bereich gibt es keine Firma mit einem vergleichbar breiten Angebot.

Besteht bei dieser Breite nicht die Gefahr einer Verzettelung? Wäre es nicht sinnvoller, gewisse Bereiche wie etwa das Dokumentenmanagement -einem Nischenanbieter zu überlassen?

Ich kann das aus zwei Blickwinkeln beantworten. Einerseits wachsen wir seit 18 Quartalen zweistellig. Für mich ein klares Zeichen, dass die Strategie stimmt. Der Markt begrüsst die Möglichkeit, bei einem Anbieter eine grosse Vielfalt von integrierten Lösungen zu finden. Ich denke, wir haben die richtige Balance gefunden. Zum anderen kamen vor fünf Jahren 75 Prozent unseres Umsatzes von Hardware, und davon wiederum 90 Prozent von High-End-Systemen. Da waren wir nicht ausbalanciert. Wir haben uns also in die richtige Richtung erweitert.

«Wir sind für die Zukunft gerüstet»

Wie stark tragen die verschiedenen Software-Bereiche zum Umsatz von EMC bei?

VMware macht zur Zeit ungefähr zehn Prozent aus. Der Rest kommt zu einem Drittel von ECM (Enterprise Content Management), also von EMC Documentum, aber auch von der Dokumentenerfassungs-Suite EMC Captiva. Und ein wesentlicher Teil kommt von unseren Storage-Management- und -Virtualisierungslösungen sowie EMC Legato Networker. Das Wachstum von VMware ist zwar beeindruckend, aber der Löwenanteil kommt immer noch von unseren traditionellen Bereichen zusammen mit Enterprise Content Management.

Virtualisierung liegt im Trend. Nun sagen aber Marktforscher, dass nur etwa fünf Prozent der Unternehmen Virtualisierung überhaupt einsetzen. Braucht es hier Überzeugungsarbeit bei den Kunden, oder wird das Thema von den Kunden an Sie herangetragen?

Da muss man die Kundensegmente stark unterscheiden. Bei den Grosskunden ist das Thema in den Vordergrund gerückt, denn sie müssen in der IT sparen. Diese Kunden kommen auf EMC zu. Im KMU-Segment mit geringeren IT-Ressourcen ist mehr Beratung nötig. Aber das Bewusstsein für den Nutzen von Virtualisierung ist stark ausgeprägt im Markt, vor allem im Bereich der Intel-Server, vermehrt aber auch im Storage-Umfeld.

Wie eng hängen denn Server- und Storage-Virtualisierung zusammen? Bedingt das eine das andere?

Als Marktführerin für Informations-Infrastruktur haben wir die Erfahrung gemacht, dass man diese Bereiche nicht mehr trennen kann. Ein Beispiel: Wenn eine Firma ihre Intel-Server virtualisiert hat, nimmt die Auslastung im Bereich Back-up stark zu, weil ein physischer Server plötzlich zwanzig virtuelle Maschinen beinhaltet. Deswegen haben wir Lösungen wie EMC Avamar in der Produktpalette, die eine Deduplikation der Daten direkt an der Quelle vornehmen. Das erlaubt schnellere Back-ups sowie kleinere Zeitfenster und ermöglicht es, sehr grosse VMware-Umgebungen überhaupt zu betreiben.

Wo steht denn EMC heute bei der Virtualisierung im Vergleich zur wachsenden Konkurrenz?

Kunden wünschen eine einheitliche Lösung, also einen Anbieter, der nicht nur ein Stück Software, ein Stück Hardware oder ein bisschen Dienstleistung anbieten kann. Und da unterscheiden wir uns von unseren Mitbewerbern, weil wir umfassende Lösungen anbieten können. Bei EMC Schweiz haben wir mehr als 120 Spezialisten, Solution Architects, Fachleute für Design, Umsetzung und Wartung von Lösungen.
Alles in allem betrachtet sind wir die weltweite Nummer Eins für Virtualisierung. Zudem haben wir noch einen gewissen Spielraum mit VMware oder mit unseren anderen Angeboten, um das Portfolio weiter zu entwickeln und noch zusätzlichen Kundennutzen zu erbringen, der uns künftig noch stärker von unseren Mitbewerbern unterscheiden wird.

«Wir sind für die Zukunft gerüstet»

Wie gross ist eigentlich das Potenzial für EMC in der Schweiz, einem Markt, der traditionell von KMU dominiert wird?

Hierzu muss man die Technologien betrachten. Die Prognosen zeigen, dass bis ins Jahr 2010 iSCSI-Storage um 60 Prozent wachsen wird, wesentlich mehr als der Storage Markt selbst. NAS und iSCSI zusammen, also IP-Storage, wird weltweit um etwa 30 Prozent zulegen. Wir sind auch in diesen beiden Bereichen die Nummer Eins und haben im Einstiegssegment zum Beispiel mit Celerra NS20 im NAS- und mit Clariion AX4 im iSCSI-Umfeld die richtigen Produkte. KMU-Kunden haben gerne alles aus einer Hand und einen nahen IT-Partner. Wir haben in der Schweiz mit einem indirekten Vertrieb für KMU die richtige Distributionsstrategie. Diesen Kanal werden wir noch weiter ausbauen. Denn vor zwei Jahren machten wir nur einen kleineren Anteil unseres Umsatzes in der Schweiz mit Partnern - der Rest war direkt. Letztes Jahr haben mehr als 50 Prozent des Umsatzes mit Partnern gemacht. Diese Entwicklung verdanken wir den KMU und unseren IP-Storage-Lösungen.

Die Datenmengen in Unternehmen wachsen bekanntlich explosionsartig. Profitiert EMC von dieser Entwicklung?

Laut IDC beträgt das Wachstum bis 2010 jährlich 60 Prozent. Das heisst, dass 2010 mehr als eine Milliarde Ein-TByte-Festplatten abgesetzt werden. Im untersten KMU-Segment haben wir mit der OEM-Software-Lösung LifeLine, die in Storage-Appliances von Iomega und Intel integriert ist, einen Ansatz gefunden, um mit einem neuen Kanal diese Endkunden anzugehen. Und über die Firma Mozy können wir jetzt unseren Kunden Remote-Back-ups anbieten. Das ist auch ein aktueller Trend, denn kleine Betriebe können es sich oft nicht leisten, viel Aufwand für ihre IT-Systeme zu betreiben.
Im Topsegment empfehlen wir den Kunden, die Daten zu archivieren, um das Wachstum zu kontrollieren. Denn 60 Prozent der Informationen sind in den meisten Fällen ohnehin statisch. Dadurch verkaufen wir zwar weniger Systeme. Aber wir helfen unseren Kunden, die Kosten in den Griff zu bekommen, und bieten dafür Lösungen wie Avamar oder die Centera-Archivierungssysteme.

Welche Herausforderungen stellen sich EMC in naher Zukunft in der Schweiz?

Wir müssen sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter für die gesamte Breite des Portfolios gut ausgebildet sind, und dass die Organisation ausbalanciert ist. Das ist das eine. Gleichzeitig müssen wir so auftreten, dass einerseits unsere Top-Kunden EMC nach wie vor vertrauen, wir andererseits aber auch Anreize schaffen für KMU. Das sind die Herausforderungen in einem sich sehr rasch entwickelnden Markt.
Die Bilanz nach drei Monaten wäre vielleicht, dass wir durch gezielte Schulung einen Quantensprung erzielt haben bei den Fachkenntnissen unserer Maintenance & Delivery-Mitarbeiter, unserer Berater und unserer Verkäufer. Für mich ist es sehr befriedigend zu sehen, dass wir dem Markt und den Anforderungen unseres Unternehmens in der Schweiz gerecht werden.
ZUR PERSON

Jacques Boschung

Der 40-jährige studierte Physiker EPFL ist seit 14 Jahren in der IT- und Telekommunikationsbranche tätig. Bevor er am 1. Januar dieses Jahres zum Geschäftsführer von EMC Schweiz ernannt wurde, leitete er bei Dell den Geschäftskundenbereich. Zuvor war er unter anderem bei IBM und Compaq tätig und gründete 2001 das Beratungsunternehmen Brightrivers.
Andreas Heer



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