19.07.2010, 17:03 Uhr

«PCs werden teurer - mindestens 10 Prozent»

Intel präsentierte letzte Woche einen Rekordumsatz für das zweite Quartal 2010. Computerworld sprach im Anschluss mit Intel-Schweiz-Chef Dario Bucci über die erfolgreichen Zahlen, den hiesigen Markt und das iPad. Der Manager kündigt steigende Preise im PC- und Notebook-Bereich an.
Dario Bucci, Intel-Chef Schweiz und Italien
Computerworld: Intel durfte kürzlich einen Rekordumsatz präsentieren. Wie kam dieses unerwartete Ergebnis zustande?

Dario Bucci: Endlich durften wir auf konstante Umsätze aus dem Businessbereich zählen - sowohl im Client- als auch im Server-Markt. Zudem werteten die Erlöse aus dem Consumer-Bereich das sehr gute Ergebnis zusätzlich auf. Es war unsere Rettung, dass die Konsumenten ihre Ausgaben im Krisenjahr nicht wie in anderen Bereichen senkten, sondern zusätzliche Mittel für Computer aufwendeten.

Im Quartalsbericht listen Sie Investitionen in Forschung und Entwicklung von 3,25 Milliarden Dollar auf. Wohin ist dieses Geld konkret geflossen?

Wir haben 2,5 Milliarden Dollar in den Aufbau von Fabriken gesteckt, um das Produktionsvolumen unserer 32-Nanometer-Chips zu erhöhen. Es ist zwar Teil unseres Business-Modells Milliarden von Dollars zu investieren, aber die in den neuen Fabriken hergestellten Produkte müssen auch verkauft werden. Diese Investition hat sich trotz des Rezessionsjahres tatsächlich gelohnt. Wir haben aufs richtige Pferd gesetzt und die Wette gewonnen.

Wie viel Risiko sind Sie denn durch diese Wette eingegangen?

Investitionen sind immer sehr risikoreich. Die Kosten für eine Fabrik sind natürlich ein vielfaches Höher als der Verkaufspreis für ein darin hergestelltes Produkt. Wenn wir also nur eine CPU verkauft hätten, wäre der Preis 2,5 Milliarden Dollar gewesen (lacht). Nichtsdestotrotz konnten wir dank der neuen Fabriken einen grösseren Mix an CPUs anbieten und durch die 32-Nanometer-Technologie die Effizienz steigern und so eine höhere Marge mit unseren Produkten erzielen.

Schweiz das aktivste Land in Europa

Sind die Ergebnisse für den Schweizer Markt genauso gut oder kann der Markt nicht mit dem Rest der Welt mithalten?

Die Resultate sind sehr in allen Ländern sehr ähnlich. Aber trotzdem stellen wir natürlich einige Unterschiede fest. Ich denke es ist kein Geheimnis, dass die USA neue Technologien deutlich schneller annehmen, als dies im Moment in Europa der Fall ist. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Euro-Krise mit den Problemen in Griechenland, Spanien und Portugal. Aber dennoch ist der Umsatz im zweiten Quartal weniger stark gesunken als das in der Vergangenheit der Fall im Vergleich zum jeweiligen Q1 der Fall war: Um 8 statt um 15 Prozent.

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Mir fehlen noch immer die konkreten Zahlen zu der Schweiz. Welche Unterschiede gibt's zur krisengeschüttelten Euro-Zone?

Die Schweiz zählt in Europa zu den Ländern, in denen sich der Umsatz verbessert hat. Insbesondere im Consumer-Bereich verkauften wir gemäss GfK - gemessen in Stückzahlen - über 30 Prozent mehr als im gleichen Quartal des Vorjahres. Erstaunlicherweise verkauften sich Netbooks schlechter als im restlichen Europa. Der Umsatzanteil hierzulande lag zwischen 16 und 20 Prozent. Normal sind 25 Prozent. Aber die Schweiz gehört in Europa zu den besten Ländern, was den Produkte-Mix angeht. Der Markt nimmt neue Technologien schnell an und der Konsument ist bereit, hochpreisige Produkte zu kaufen.

Diese Erkenntnisse erstaunen nicht. Wie beurteilen Sie den Business-Markt in der Schweiz? Ist dieser ebenfalls im Wachstum?

In der Schweiz stellen wir dasselbe Phänomen wie im Rest der Welt fest. Neben dem sehr guten Consumer-Ergebnis kommen die Umsätze endlich auch im Business-Markt zurück. Im Client-Bereich stammt der Hauptumsatz aus dem Ersetzen von bestehenden Produkten. Da hatten wir eine Durststrecke von 15 bis 18 Monaten. Deshalb können Unternehmen jetzt nicht mehr warten und müssen Nach- und Umrüsten. Serverseitig ist der Haupttreiber ganz eindeutig der Stromverbrauch. Firmen wollen und müssen konsolidieren, Stromverbrauch reduzieren und Platz in Rechenzentrum sparen. Eine starke Verbreitung von Cloud-Computing sehen wir noch nicht.

Wenn Sie die Schweiz mit dem Rest von Europa vergleichen: Zu welchem Fazit kommen Sie?

Unter allen europäischen Ländern zählt die Schweiz zu den Aktivsten. Das ist überraschend: Vor drei Jahren war das noch überhaupt nicht der Fall. Ein sehr interessanter Markt für Intel.

Treffen Sie eine Entscheidung: Welcher Markt ist Ihnen lieber - Consumer oder Business?

In der Schweiz halten wir den Server-Markt für den wichtigsten Bereich. In den Unternehmen befinden sich viele alte Geräte, die enorme Wartungskosten verschlingen. Insbesondere Banken beginnen damit, von alten Spark-Architekturen zu Intel-Servern zu wechseln. Deshalb haben wir hier das grösste Marktpotential. An zweiter und dritter Stelle würde ich den Consumerbereich und den Enterprise Client Markt positionieren.

Kein CPU-Limit bei Netbooks

Blicken wir in die Zukunft: Sie wollen Prozessoren für Mobiltelefone und Tablet-PCs herstellen. Was kann Intel besser als Hersteller, die schon seit Jahren in diesem Markt tätig sind?

Wir sind ambitiös. Aber es geht um mehr, als nur Prozessoren für Mobiltelefone und Tablets herzustellen. In unserer Vorstellung handelt es sich um ein ganzheitliches Konzept, das wir Continuum of Computing nennen. Gemäss unseren Visionen gibt es in fünf Jahren 15 Milliarden Geräte auf der Welt, die sich mit dem Internet verbinden können. Nur sehr wenige davon sind Computer wie wir sie heute kennen. Die Mehrheit wird aus Smartphones, Autos, medizinische Ausrüstung usw. Wir wollen in dieser Vision eine aktive Rolle spielen. Die Geräte sollen alle auf derselben Architektur aufbauen: Intel-Architektur.

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Sie sprechen von mobilen Geräten. Intel war bis heute nicht bekannt dafür, besonders energiesparende Architekturen zu bauen. Wie gehen Sie das Problem an?

Ich muss zugeben, dass unsere Architektur heute als energiehungrig angesehen wird. Und weil die meisten dieser 15 Milliarden Geräte batteriebetrieben sein werden, haben wir eine Herausforderung beim Aufbau der neuen Architektur zu meistern. Wir müssen neues Know-How aufbauen. Das machen wir unter anderem durch Partnerschaften mit Unternehmen wie Nokia, die weltweit das beste Wissen beim Bau von GSM-Telefonen haben. Ein Resultat dieser Zusammenarbeit ist das OpenSourc-Betriebssystem MeeGo.

GIbt es noch andere Partnerschaften oder nur diese mit Nokia?

Denken Sie zum Beispiel an Google TV und das Joint-Venture aus Google, Logitech, Sony und Intel, das interaktives Fernsehen ermöglichen soll. Unterhaltungselektronik ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer Vision Continuum of Computing. Wir haben eine Roadmap, die genau voraussagt, wann welches Produkt erscheinen wird.

Ist Nokia der einzige Mobiltelefonhersteller, mit dem Sie zusammenarbeiten?

Es gibt mit mehreren Herstellern Partnerschaften, Nokia ist allerdings die einzige Zusammenarbeit, über die wir derzeit sprechen können. Wir schliessen grundsätzlich keine Exklusiv-Verträge mit Partnern ab.

Wann planen Sie, das erste Nokia-Intel-Smartphone zu veröffentlichen?

(Überlegt lange) Ich denke wir werden vermutlich im Jahr 2012, wenn sich alles erstaunlich schnell entwickelt sogar Ende 2011, soweit sein. Aber wir brauchen dazu einen Prozessor der nächsten Generation mit 22 Nanometern.

Sprechen wir über Netbooks. Prozessoren werden immer schneller. Wo sehen Sie die Grenze bei dieser Geräteklasse?

Wir entwickeln weiter Prozessoren, natürlich auch für Netbooks. Wir stellen CPUs in verschiedenen Preisklassen her und versuchen selbst bei einem Stückpreis von 30 Dollar Gewinn zu schreiben. Ich sehe kein Limit für die Prozessoren in Netbooks. Wir müssen aber beobachten, wie sich Netbooks weiterentwickeln. Es gab letztes Jahr einen Hype, die Umsätze wachsen noch immer. Aber wie geht es zum Beispiel mit den Tablets weiter? Kannibalisieren diese die Netbooks? Ich weiss es nicht. Heute muss man sagen, dass Tablets den Markt weiter wachsen lassen - zusätzlich zu den Netbooks. Wir müssen Apple danken, mit dem iPad eine neue Geräteklasse in den Markt gebracht zu haben.

Moore'sches Gesetz gilt auch für Handys

Nochmal zur Entwicklung: Gilt das Moore'sche Gesetz noch für Netbooks oder Tablet-PCs?

Ja. Das Moore'sche Gesetz ist unabhängig vom Gerätetyp noch anwendbar. Es gilt für Mobiltelefone, Netbooks und Tablet-PCs. Wir führen bald die 22-Nanometer-Technik ein, die die Kapazitäten und die Funktionalität von Prozessoren weiter verbessert. Zudem haben auch darüber hinaus noch Visionen für weitere Architekturen. Das Gesetzt gilt also noch für einige Jahre.

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Sie sprachen öfters die 22-Nanometer-Technik an. Wird diese noch 2010 in den Markt eingeführt?

Nein, für die Einführung brauchen wir noch Zeit. Aber wir werden im Herbst weitere Infos dazu geben können.

Blicken wir abschliessend im Notebook- und Desktop-Markt in die Zukunft. Welche Veränderungen stehen uns da ins Haus?

Leider wird es in diesen Bereichen eine Preiserhöhung geben. Die Gründe dafür sind die steigenden Kosten für Komponenten und Wechselkurse. Konsumenten werden diese Veränderungen auf das Weihnachtsgeschäft, im Oktober und November, hin spüren.

Wie viel mehr müssen wir künftig für PCs und Notebooks bezahlen?

Etwas mehr als 10 Prozent. Das ist ziemlich neu in dieser Industrie. Wir haben den Konsumenten eingeimpft, dass die Preise nur in eine Richtung gehen. Nach unten. Es wird spannend zu beobachten, wie der Markt auf steigende Preise reagiert.



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