30.03.2016, 16:52 Uhr
Paymit, Twint wollen einheitliches Schweizer Payment
Die Entwickler von Paymit und Twint führen «ergebnisoffene» Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit. Dabei geht es um eine einheitliche Schweizer Payment-Lösung.
Schweizer Banken haben sich in den letzten Wochen und Monaten einen Wettstreit über die Vorherrschaft bei Smartphone-Zahlungen geliefert. Paymit sei die am häufigsten heruntergeladene Payment-App, sagen Six, UBS und ZKB. PostFinance und Coop halten dagegen: Die Twint-Zahlungsterminals besässen die grösste Verbreitung im Schweizer Detailhandel. Beide Lösungen haben unterschiedliche Anwendungsfälle, nutzen verschiedene Technologie und werden von konkurrierenden Anbietern vertrieben. Ein einheitliches System schien undenkbar – auch wenn es von vielen Beteiligten hinter vorgehaltener Hand gewünscht wurde.
Chefsache
Heute kommunizierten die bisherigen Unterstützer von Paymit und Twint, sie würden Gespräche über eine einheitliche Schweizer Lösung für Mobile Payment führen. Diese Gespräche seien «ergebnisoffen», die Entwicklung und Promotion der beiden Lösungen liefe unabhängig davon weiter, heisst es in einer Mitteilung des Beratungsunternehmens Hirzel.Neef.Schmid vom Mittwoch. Bis anhin hatten es sich weder Six noch UBS noch PostFinance respektive Twint nehmen lassen, über Fortschritte ihrer Produkte selbst zu berichten. Nun beraten neun Grossunternehmen gemeinsam über einen Schweizer Standard für Smartphone-Zahlungen. «An den Gesprächen sind die CEOs von Coop, Credit Suisse, Migros, PostFinance, Raiffeisen, Swisscom, Six, UBS und ZKB beteiligt», sagt Victor Schmid, Senior Partner bei Hirzel.Neef.Schmid, im Gespräch mit Computerworld. Das Thema sei Chefsache, was die Bedeutung von Mobile Payment in der Schweiz unterstreicht. Nächste Seite: Credit Suisse und Apple Pay Neu im Kreis der Unterstützer ist die Credit Suisse. Die Grossbank hatte sich bei der Lancierung von Paymit für das System öffentlich «interessiert». Ein eindeutiges Bekenntnis für die Lösung gab es aber auch auf Nachfrage nie. «Die Credit Suisse ist ein wichtiger Player auf dem Finanzplatz Schweiz. Deshalb ist die Bank in die Gespräche involviert», erklärte Schmid auf Nachfrage.
Apple Pay in der Schweiz
In den Gesprächen zwischen den neun Grosskonzernen gehe es hauptsächlich um eine einheitliche Schweizer Lösung. «Die Initiative ging von verschiedenen Seiten aus. Sie ist weniger gegen eine andere Lösung (wie Apple Pay) als vielmehr für die Schweizer Verbraucher anzusehen», führte Schmid aus. Bei Finanzgeschäften seien die Endkunden hierzulande sensibel hinsichtlich Datenschutz. Ausserdem würden die Bürger der Beziehung zur eigenen Bank eine gewisse Bedeutung beimessen. Beide Kriterien würden für eine Schweizer Lösung sprechen. Mit Apple Pay ist wohl trotzdem zu rechnen. Die Schweiz ist ein iPhone-Land. Das Apple-Smartphone hat laut den Zahlen des Vergleichsportals Comparis einen Marktanteil von 54 Prozent. Wenn der US-amerikanische Konzern seine Bezahllösung lanciert, hat er auf einen Schlag fast die halbe Schweiz als potenzielle Kunden. «Über Six-Kassenterminals haben wir schon Zahlungen mit Apple Pay abgewickelt – wenn beispielsweise Touristen in der Schweiz eingekauft haben», sagt Six-Mediensprecher Jürg Schneider auf Anfrage. Die Schweiz ist also technisch bereit für Apple Pay (und auch Android Pay sowie Samsung Pay). Apple hat allerdings keine Antwort auf den Wunsch vieler Händler: Sie wollen in das Payment-System auch ihre Kundenkarten einbinden können. «Es führt das Mobile Payment ad absurdum, wenn der Verbraucher zusätzlich zu seinem Smartphone noch seine Bonuskarte mit zum Einkauf nehmen muss», sagt Berater Schmid. Die Integration von Loyalitätsprogrammen wie Coop Supercard und Migros Cumulus könnte ein weiteres gutes Argument für eine einheitliche Schweizer Payment-Lösung sein.