18.11.2016, 18:15 Uhr

Fujitsu zeigt extrem gekühltes, DDoS-sicheres Rechenzentrum K5

Auf dem Fujitsu Forum in München zeigten die Japaner, was sie drauf haben: Extreme Cooling, unsichtbare Rechenzentren gegen DDoS, IoT-Cases, die voll kompatible K5-Cloud. Schweiz-Chef Wilhelm Petersmann erklärt im Interview, was Schweizer Kunden davon haben.
Hausmessen wie das Fujitsu Forum in München sind immer auch eine Leistungsschau und ein strategischer Ausblick auf die Zukunft. Im Münchener Internationalen Kongresszentrum zeigten die Japaner, was sie drauf haben. Beim Gang über das Ausstellungsgelände ist uns das «Liquid Immersion Cooling»-System aufgefallen. Fujitsu steckt die gesamte Hardware - und nur diese - in eine spezielle Flüssigkeitslösung. Dadurch wird es möglich, heiss laufende Hardware-Komponenten sehr gezielt und sehr intensiv zu kühlen. Fujitsu spricht von Kosteneinsparungen zwischen 40 und 50 Prozent, die erreichbar seien. In Europa kommt das Angebot für Rechenzentren in etwa einem Jahr auf den Markt.
Dass die Japaner jetzt auch in den Hype-Markt IoT gehen wollen, das zeigte der IoT-Case Ubiquitousware. Die Lösung wird unter anderem auf den prestigeträchtigen Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio zum Einsatz kommen. Um die Benotung in den Turner-Wettbewerben auf eine sachliche Grundlage zu stellen, soll dann jeder Athlet an Armen und Beinen insgesamt vier Wearables tragen. Über 3D-Sensing lässt sich damit die Ausführung der Übungen bis auf den Millimeter genau nachvollziehen. Natürlich tut die Tracking-Lösung auch bei Arbeiten in gefährlichen oder sicherheitssensitiven Umgebungen gute Dienste.  Angeheizt durch die verheerenden DDoS-Attacken der letzten Wochen traf auch Fujitsus sogenanntes unsichtbares Rechenzentrum (Stealth Data Center) auf reges Interesse. Mithilfe eines patentierten Verfahrens lässt die Sicherheitslösung Angreifer praktisch ins Leere laufen. Der Schutz greift sowohl bei Port Scans als auch bei gezielten DDoS-Attacken auf einzelne Dienste. Das Stealth Data Center ist seit einem halben Jahr auf dem Markt erhältlich.
Fujitsu ist mit 162'390 Mitarbeitenden weltweit ein Schwergewicht auf dem ICT-Markt, vergleichbar mit der frisch fusionierten Dell EMC. Das weltweit schwächelnde Produktgeschäft mit Desktops, Notebooks und Peripherie wollen die Japaner durch eine weltweite Partnerschaft mit dem Konkurrenten Lenovo abstützen. Anfang Oktober war noch von einem Verkauf der PC-Sparte an Lenovo die Rede. Diese Idee ist jetzt offensichtlich vom Tisch. Sich mit einem Marktführer wie Lenovo zusammen zu tun sei doch gar nicht so schlecht, sagte Schweiz- und Österreich-Chef Wilhelm Petersmann zu Computerworld. Die Gespräche darüber, wie die Partnerschaft konkret aussehen wird, laufen jedoch zurzeit noch. Nächste Seite: Schweiz-Chef Petersmann im Interview
Sicherheit, Künstliche Intelligenz, die hybride Cloud und das Internet der Dinge sind zukünftig die vier strategischen Säulen der Fujitsu. «Wir wollen das Hardware-Geschäft sicher nicht aufgeben, werden in Zukunft aber viel stärker in 'Connected Services' investieren», sagte EMEIA-Chef Duncan Tait in München. 60 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet Fujitsu zurzeit im Heimatmarkt Japan, 40 Prozent im Ausland. Durch gezielte Investitionen wollen die Japaner den Auslandsanteil auf 50 Prozent erhöhen. Fast 250 Millionen Euro fliessen zum Beispiel in ein neues Rechenzentrum in Frankfurt, das im März 2017 betriebsbereit sein soll.  Der Fokus liegt in Zukunft auf Services. Hier ist die Schweiz den restlichen Ländern voraus. Im Schweizer Markt liege der Service-Anteil bereits heute bei über 50 Prozent, sagte Schweiz- und Österreich-Chef Petersmann im Interview mit Computerworld.
Herr Petersmann, Fujitsu ist Hardware-Anbieter, hat selbst keine Business-Applikationen im Angebot. Warum sollten Kunden jetzt zur IoT-Plattform von Fujitsu greifen?
Petersmann: Infrastruktur ist das Basis-Layer für alles. Irgendjemand muss ja die ganzen Business-Applikationen zum Laufen bringen. Die Fujitsu IoT-Plattform ist eine Komponente unserer DDoS-sicheren K5-Cloud. Mit dieser Plattform können Kunden aus Umsystemen Daten und IoT-Anwendungen einbinden, aber die Plattform selbst ist keine Anwendung, das stimmt sicher. Wir haben keine vorgeschneiderten SaaS-Lösungen.
Das Partnern mit SaaS-Anbietern wie Salesforce ist also für Fujitsu unabdingbar.
Petersmann: Genau, wir partnern mit Cloud-Software-Providern wie Salesforce. Fujitsu bietet das Framework, mit dem Applikationen sehr leicht integriert werden können. SAS, Salesforce und SAP sind Applikationspartner. Wir haben mit unserer K5 eine Plattform, mit der Sie diese Applikationen praktisch via Plug&Play einbinden können. Fujitsu offeriert aber auch die ein oder andere Applikation, zum Beispiel die RFID-Lösung GlobeRanger. So völlig fremd ist uns das Anwendungsgeschäft nicht.
Aber die Konkurrenz ist zahlreich. SAP zum Beispiel hat auf der TechEd eine komfortable IoT-Management-Plattform vorgestellt. Microsoft und Oracle bieten ebenfalls IoT-Lösungen an.
Petersmann: Unser Standard ist OpenStack. Viele Konkurrenzangebote sind nicht so offen. Wir können alles integrieren, auch die Clouds von Drittanbietern wie Microsoft Azure.
Ein typisches Kundenszenario auch in der Schweiz wäre eine Oracle Datenbank, Microsoft Office 365, Salesforce CRM und SAP ERP. Dafür gibt es bereits Konnektoren, um diese Cloud-Komponenten schnell und einfach anzubinden.
Petersmann: Da gebe ich Ihnen recht, die Konnektoren gibt es. Aber wenn Sie auf den nächsten Release-Stand updaten, müssen Sie unter Umständen ihren Konnektor wieder anpassen. Unsere Plattform basiert auf OpenStack und ist auf hybride Cloud-Szenarien ausgelegt. Einer unserer Schweizer Kunden hat uns genau aus diesem Grund ausgewählt. Er kann seine IT modernisieren und gleichzeitig IoT nutzen.
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Was sind typische Wünsche, mit denen Schweizer Kunden an Sie herantreten?
Petersmann: In der Schweiz machen wir über 50 Prozent unseres Umsatzes mit Service-Verträgen und den geringeren Anteil mit Hardware. Die Schweiz ist atypisch - in anderen Landesniederlassungen liegt der Service-Anteil niedriger. Die grösseren Wachstumsschübe kommen aus dem Services-Markt.
Wir reden dabei nicht von Consulting- und Integration-Services - das machen unsere Partner - sondern von Operational- und Enduser-Services, wie sie beim Betrieb einer Cloud-Plattform nötig werden. Auch Mobile-Device-Management, um ein Beispiel zu nennen, ist bei uns ein Cloud-Service. Unsere Kunden sprechen uns an, wenn sie schnellere, flexiblere und skalierbarere Lösungen brauchen.
Wie viele Kunden haben Sie in der Schweiz?
Petersmann: Ich kann Ihnen sagen, in welchen Branchen Fujitsu in der Schweiz stark ist: Financials, Utilities/Services und in der Produktion. Nicht so stark sind wir im Retail-Bereich vertreten. Im Telko-Markt haben wir einen von dreien als Kunde.
Nehmen wir die Swisscom. Das Unternehmen ist ja schon lange nicht mehr nur ein reiner Telko. Swisscom hostet die grossen Software-Anbieter und hat auch eine eigene Cloud.
Petersmann: Wir gewinnen gerne gegen die Swisscom. Aber wir konkurrenzieren uns mit ihr relativ selten, weil unser Fokus auf Unternehmen mit einer internationalen Ausprägung liegt, die zwar in der Schweiz agieren, aber auch im umliegenden Ausland. Da ist die Swisscom weniger stark vertreten. T-System, Atos, CSC und HPE treffen wir oft.
Swisscom treffen wir schon auch. Aber ich glaube, dass Fujitsu die innovativeren, auch hybriden Konzepte hat. Swisscom bastelt immer noch an der Swiss Cloud.
Wie viele Rechenzentren hat Fujitsu weltweit?
Petersmann: Wir betreiben über 120 Rechenzentren weltweit. Unsere K5-Cloud-Rechenzentren sind überall gleich aufgesetzt. Darin liegt ihr besonderer Charme. Für die Schweizer Alpiq haben wir die kompletten Data-Center-Services übernommen. Vor zwei Jahren haben wir angefangen, die Umstellungs- und Transitionsphase hat ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Seit eineinhalb Jahren sind wir im neuen, sogenannten „Future Mode of Operations“.



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