Hard- und Software
24.08.2007, 10:33 Uhr
Durststrecke ist vorbei
Während derzeit die Umsätze der Hard- und Softwarehersteller teils drastisch zulegen, dümpelte das Geschäft 2006 müde vor sich hin. Nur der Softwaremarkt legte vergangenes Jahr zu, die Hardwareverkäufe schrumpften in fast allen Sparten.
IBM, Dell, Hewlett-Packard (HP) und -Microsoft - im vergangenen Jahr waren es erneut die grossen amerikanischen Unternehmen, die in der Schweiz den Ton in der IT-Branche angaben. Als einzige europäische Stimme in diesem Chor war 2006 einmal mehr SAP im Softwarebereich nicht zu überhören. Fast schon traditionell belegen die genannten Unternehmen im Top-500-Ranking sowohl bei den Herstellern von PC und Grossrechnern als auch bei den Softwareanbietern die ersten Plätze.
Auf den vorderen Rängen im Softwaresegment - hinter Markt-Gigantin Microsoft - gab es allerdings einen Wechsel: Lag im Jahr 2005 noch IBM auf Rang 2, war es 2006 Konkurrentin SAP. Sie schob sich mit einem Umsatzzuwachs von 13,4 Prozent auf 410,9 Millionen Franken an IBM vorbei, die sich trotz eines Zuwachses von 4,1 Prozent auf 377,5 Millionen Franken nun mit dem letzten Podestplatz begnügen muss.
Generell hat die Softwarebranche das letzte Jahr profitabler als die Hardwareanbieter abschliessen können. Dabei war im Jahr zuvor dieser Unterschied noch keineswegs so deutlich ausgefallen.
Die Analysten vom European Information Technology Observatory (Eito) haben für den europäischen IT-Markt 2006 (ohne Telekom-Branche) ein Wachstum von 3,8 Prozent errechnet. Das Softwaregeschäft konnte dabei um 6,3 Prozent zulegen, während der Server-Verkauf um 0,3 und der PC-Umsatz gar um 1,2 Prozent zurückgegangen sind. Allerdings spiegeln sich in diesen Ergebnissen nur Teile der Branche wieder. Hat doch beispielsweise der Verkauf von Speicher-Equipment im Jahr 2006 erheblich zugelegt: Analysten von MSM Research sprechen von einem Umsatzwachstum von 7,5 Prozent auf rund 871 Millionen Franken allein in der Schweiz. Und die Eito-Zahlen treffen den Schweizer Markt noch aus einem anderen Grund nicht ganz: Die hiesigen Resultate liegen drastisch unter dem Mittelwert der Brüsseler Analysten. So weist das «Weissbuch 2007» für das hiesige PC-Umfeld, mit Desktops, Servern, PDAs, Druckern und Displays, Umsatzeinbussen von stattlichen 7,6 Prozent für das Jahr 2006 aus. Das sind immerhin 400 Millionen Franken weniger als im Jahr zuvor. Ein «unerfreuliches Bild», wie die Analyse resümiert.
Robuster Start ins Jahr 2007
So viel zu den wenig erbaulichen Zahlen des vergangenen Jahres. Anfügen liessen sich zwar noch die Krise bei der Direktanbieterin Dell, die zahlreichen Rückrufaktionen diver-ser Gerätehersteller sowie die vielen Verzögerungen, die Microsoft für Vista bekanntgeben musste. Doch ersparen wir uns die Liste. Denn insgesamt ist die Branche aus dem Vorjahr erstaunlich robust hervorgegangen, wie die ersten Quartalszahlen 2007 zeigen. Umsätze und Erträge der Marktleader sind erstaunlich gewachsen. Die Marktforscher von Gartner haben allein für das zweite Quartal 2007 im weltweiten PC-Geschäft einen um zehn Porzent höheren Umsatz als vor einem Jahr registriert. Gelitten hat in dieser Zeit einzig die zur Zeit krisengeschüttelte Dell, die nicht nur von Erzkonkurrentin HP abgehängt wurde, sondern im europäischen Markt auch Acer an sich vorbei ziehen lassen musste. HP, um ein extrem positives Beispiel zu wählen, konnte indes bereits im zweiten und dritten Quartal 2007 ihren Umsatz im PC-Geschäft um 24 respektive 29 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2006 steigern.
Ähnlich drastisch präsentiert sich auch der Wandel im Markt für Grossrechner.Zwar muss in diesem Server-Sektor immer mit erheblichen Schwankungen gerechnet werden - dennoch sind die rasanten Umsatzzuwachsraten für das erste Quartal 2007 signifikant. Wir beschränken uns auf das Geschäft mit Unix-Geräten. Darin konnte IBM im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Umsatzsprung von enormen 80 Prozent, Sun Microsystems ein Plus von 70 Prozent verbuchen.
Die Wende im Markt, so die Quintessenz dieser Beispiele, ist nicht zu übersehen: Der Markt hat angezogen und das Geschäft brummt. Dass die Branche zudem endlich wieder mit neuen Schlagworten wie «Green-IT» und «Öko-Computing» trumpfen kann, deutet zumindest einen möglichen neuen Hype an. Von den Chipherstellern über die Druckerproduzenten bis hin zu Ausrüstern von Rechenzentren - Techniken und Konzepte zur effizienten Energienutzung dominieren die Diskussion. Inzwischen haben diesen Trend auch die Softwareanbieter aufgenommen. Sie favorisieren dazu beispielsweise neue Programme zur Virtualisierung oder On-Demand-Angebote zur effizienteren Nutzung der unternehmenseigenen IT-Ressourcen. Bedeutsam sollen zudem SaaS-Konzepte (Software as a Service) werden, die stark propagiert werden, hierzulande jedoch noch keineswegs den erwarteten Boom auslösen können.
Treiber dieser positiven Entwicklung sind immer auch einzelne Marktsparten. So ist etwa der Plattformwechsel bei den Banken (siehe Bericht ab Seite 22) noch keineswegs abgeschlossen. In diesem Frühjahr hat IBM mit der Übernahme von Unicible gezeigt, dass noch einiges an Potenzial im Bankenumfeld steckt.
Bei all den bisher guten Ergebnissen, die Wolken des vergangenen Jahres haben sich verzogen, steht die IT-Industrie heute vor ganz anderen Problemen. Erstmals seit Jahren ist der latente Arbeitskräftemangel nicht mehr nur ein statistisches Phänomen. Längst sind aggressive Abwerbemanöver nicht mehr nur auf Google und die Finanzbranche beschränkt. Verantwortlich für diese Misere ist nicht nur die allgemein sehr gute hiesige Beschäftigungslage. Die Informatik hat schlicht an Attraktivität verloren. Spezialisten, die ihr Know-how nicht «On-the-Job» aufgebaut haben, bleiben rar.
Kurz: Das IT-Business brummt wieder. Und für 2008 sieht es ebenfalls gut aus. Zeit, sich den Mitarbeitern zu widmen.
Volker Richert