Wie das Internet der Dinge die Logistik revolutioniert

Im Gespräch mit Amazon-Standortleiter Norbert Brandau

Der Online-Versender Amazon setzt in seinem Logistikzentrum im niedersächsischen Winsen (Luhe) Transportroboter ein. Sie unterstützen die Mitarbeiter, indem sie zum Beispiel deren Laufwege reduzieren.
Norbert Brandau, Standortleiter bei Amazon in Winsen (Luhe)
Quelle: Amazon
Unsere deutsche Schwester-Publikation «com! professional» hat sich mit Norbert Brandau, Standortleiter in Winsen, über seine Erfahrungen mit den automatisierten Lagerarbeitern unterhalten.
com! professional: Herr Brandau, in einigen Logistikzentren arbeitet Amazon schon seit mehreren Jahren mit Transportrobotern, mittlerweile auch in Winsen. Was sind die Hauptgründe, weshalb Sie Ihre Logistikzen­tren immer weiter automatisieren?
Norbert Brandau: Die Transportroboter versetzen uns in die Lage, Aufträge schneller zu bearbeiten und Pakete früher für die Auslieferung an die Kunden bereitzustellen. Dadurch können wir der wachsenden Nachfrage besser gerecht werden. Das bedeutet auch, dass wir den Platz in unseren Logistikzentren effizienter nutzen können. In den vergangenen 20 Jahren haben wir viele innovative Technologien in unseren Logistikzentren eingeführt. Die Technik hilft den Mitarbeitern, ohne sie zu ersetzen. Diese He­rangehensweise ist nicht anders als in anderen automatisierten Logistikdiensten in Branchen wie der Autoindustrie oder dem Technologiesektor im Allgemeinen.
com! professional: Dürfen Sie uns verraten, um welche Roboter es sich in Ihren Logistikzentren handelt? Welche technische Eigenschaften haben sie?
Brandau: 2012 hat Amazon das Unternehmen Kiva Robotics übernommen. Das bildete die Grundlage für die heutigen „Amazon Robotics“, die weltweit bereits in mehr als 25 Logistikzen­tren zum Einsatz kommen. Wir haben drei verschiedene Robotertypen, die Regale an­heben und transportieren: G-Drive, H-Drive und S-Drive. Der G-Drive wird für sortierfähige Behälter, sogenannte Pods, eingesetzt, der S-Drive für schwere Paletten und Vorratsbehälter. Der H-Drive ist ein überarbeitetes Modell. Ein solcher Roboter wiegt rund 145 kg und kann ungefähr 340 kg transportieren. Dabei fahren die Roboter mit einer Geschwindigkeit von etwa 5,5 km/h beziehungsweise 1,5 Metern pro Sekunde.
com! professional: Welche Auf­gaben übernehmen die Roboter in den Logistikzentren und welche Arbeiten erledigt weiterhin der Mensch?
Brandau: Mit den Transportrobotern wird jedes Produkt im Logistikzentrum mobil. Die Transport­roboter fahren zu verschiedenen Standorten in unserem Logistikzentrum, um Regale mit Produkten aufzunehmen. Ähnlich wie bei einem Gabelstabler heben sie die Regale mit den Produkten hoch und bringen sie zu den Mitarbeitern in der Wareneinlagerung und -entnahme. Wenn der Roboter ankommt, nehmen die Mitarbeiter zum Beispiel Artikel aus dem gelieferten Regal, die dann verpackt und an die Kunden versendet werden.
com! professional: Und wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine?
Brandau: In Winsen haben wir sehr gute Erfahrungen mit den Transportrobotern gemacht. Die Zusammenarbeit von Menschen und Transportrobotern geht Hand in Hand. Mit Hilfe der Technik können wir Bestellungen in grossem Umfang schneller abfertigen als je zuvor – dank kürzerer Wege, die unsere Mitarbeiter zurücklegen. In manchen Fällen können wir Bestellungen innerhalb weniger Minuten auf den Weg bringen. Technologien wie die Transportroboter erleichtern die Arbeit für viele der Mitarbeiter. Durch sie entstehen auch viele neue spannende Rollen für Techniker und IT-Experten.
com! professional: Roboter sind nur ein Teil der Digitalisierung Ihrer Logistik. Welche weiteren Techniken setzen Sie ein?
Brandau: Wir probieren immer wieder Neues aus. Ein Meilenstein war sicherlich die „chaotische Lagerhaltung“, die vor 15 Jahren eingeführt wurde. Damals wurde dies als nicht intuitiv und damit kontraproduktiv zur traditionellen Lagerhaltung eingeschätzt, indem Spielzeug eben nicht mehr neben Spielzeug und Bücher nicht mehr mit Büchern gelagert wurden. Heute hat sich erwiesen, dass dies ein effizientes und zeitsparendes Konzept für die Arbeit der Mitarbeiter ist.
Eine weitere Errungenschaft war die Entwicklung der Paketgrössen-Algorithmen, die die optimale Paketgrösse ermitteln und damit verhindern, dass Mitarbeiter mehrere Paketgrössen ausprobieren müssen, bevor sie eine Bestellung verpacken.
com! professional: Was hat es eigentlich mit den Scannern auf sich, mit denen Ihre Kommissionierer unterwegs sind?
Brandau: Einhergehend mit der chaotischen Lagerhaltung setzen wir Handscanner ein, die 1999 erstmals in Bad Hersfeld eingeführt wurden. Die Handscanner teilen den Pickern, also den Kommissionierern, mit, wo sie auf kürzestem Weg den nächsten Artikel finden.
Die Geräte werden zur Nachverfolgung und Verstauung des Inventars und der Nachvollziehbarkeit von Kundenbestellungen genutzt. Die dabei erfassten Daten helfen den Mitarbeitern bei der Ausführung ihrer Aufgaben und bei der akkuraten, pünktlichen Zustellung von Bestellungen. Im Vergleich zur Arbeit mit gedruckten Picking-Listen haben die Scanner die Gehwege immer weiter verkürzt.
com! professional: Was meinen Sie, wie sieht das Amazon-Logistikzentrum der Zukunft aus? Werden Bestellungen bald ohne menschliche Hilfe auf den Weg geschickt?
Brandau: Tatsache ist: Wir können in unserem Netzwerk nicht einfach noch ein Gebäude und noch ein Gebäude hinstellen. Technologie hilft uns dabei, den Kunden mehr Auswahl, flexiblere Lieferoptionen und gute Preise anzubieten. Die Produktivität steigt, weil Technologie die Mitarbeiter bei der Erfüllung unseres Versprechens gegenüber den Kunden hinsichtlich Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, Kosten und Bequemlichkeit unterstützt.
Die neue Generation von Logistikzentren mit Transport­robotern wird unsere Lagerhaltung verbessern, indem wir unsere Lagerkapazität pro Quadratmeter erhöhen und damit noch effizienter werden. So gelangen die Artikel schneller zu den Kunden, die dadurch noch später am Tag bestellen können und dennoch am nächsten Tag beliefert werden.
Hinweis: Der Bericht ist ursprünglich bei unserer deutschen Schwester-Publikation «com! professional» erschienen.



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