«Das Management muss die Digitalisierung vorleben»

Risiken und Chancen in der Möbelbranche

CW: Welche Chancen und Risiken birgt die virtuelle Realität in der Möbelbranche?
Schaniel: Die Augmented und Virtual Reality birgt riesige Chancen für die Einrichtungsbranche. Wir haben schon jetzt diverse Möbelkon­figuratoren auf unserer Website aufgeschaltet. Kunden können sich damit ihre Möbel indivi­duell zusammenzustellen. Eine Herausforderung ist es, die notwendigen 3D-Modelle zu erhalten, zum Beispiel von einem Schreiner oder einem Sattler. Dieser schneidet den Schaumstoff für die Polster kubisch aus und bezieht ihn dann beispielsweise mit Leder. Dabei entsteht ein Radius, der bei keinem Möbelstück exakt gleich ist – und somit schwierig zu dokumentieren. Aus diesem Grund ist es fast unmöglich, für dieses Möbel ein exaktes 3D-Modell zu bauen.
“Möbel Pfister wird sich zum datengetriebenen Unternehmen entwickeln„
Marcel Schaniel, Möbel Pfister
CW: Wo haben Sie Fortschritte erzielt?
Schaniel: Grosse Fortschritte haben wir beim Digitalisieren der Produktkataloge gemacht. In den elektronischen Dokumenten für die Einrichtungsberater sind Logiken für alle möglichen Kombinationen hinterlegt. Nehmen wir zum Beispiel ein Sofa: Wenn der Kunde anstatt der eckigen die runden Füsse wünscht, bekommt der Berater signalisiert, dass bestimmte Konfigurationen in diesem Fall nicht mehr möglich sind – beispielsweise die tiefe Sitzfläche. Diese Logiken wurden den Einrichtungsberatern früher aufwendig in täglichen Schulungen pro Modell vermittelt. Das war eine grosse Herausforderung, da zum Beispiel bei unserem «Classics»-Sofa über eine Million verschiedene Kombi­nationen möglich sind. In den Katalogen sind die Möbelstücke fotorealistisch dargestellt. Der Kunde kann sich am heimischen PC eine Kombination zusammenstellen und sie unter einer sechsstelligen Nummer speichern. Wenn er dann die Filiale besucht, lässt sich anhand der sechs Zahlen das Möbelstück finalisieren und anschliessend bestellen. Der umgekehrte Fall funktioniert selbstverständlich auch: das Produkt in der Filiale zusammenstellen, zu Hause aufrufen und per Mausklick kaufen.
Der nächste Schritt sieht vor, die vom Kunden individuell konfigurierten Möbel in virtuellen Räumen zu platzieren. Der übernächste dann, die Möbel in den Raum des Kunden zu projizieren. Die Herausforderung ist hier anderer Art: Apps mit Augmented Reality kommen bei Männern gut an, bei Frauen jedoch aktuell weniger. Allerdings sind Frauen unsere primäre Zielgruppe. Das heisst, dass wir derzeit an einer Technologie und Applikationen arbeiten, die den Erwartungen unserer weiblichen Kundschaft entspricht. Wir sind auf einem guten Weg.
Zur Firma
Möbel Pfister
wurde 1882 in Kleinbasel durch Johann Jakob Pfister gegründet. Das Unternehmen mit rund 1200 Mitarbeitern ist eine Tochtergesellschaft der Pfister Arco Holding, der nach eigenen Angaben grösste Schweizer Möbel­fach­handels­gruppe. Mit dem Hauptsitz in Suhr, der Online-Plattform pfister.ch und 20 Filialen ist Pfister in allen Landesteilen der Schweiz präsent. Das Sortiment besteht aus über 20 000 Produkten.



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