Michael Locher-Tjoa von SAP Schweiz 27.09.2021, 06:00 Uhr

«Ich habe Freude an ganz vielen Projekten»

Der ERP-Weltmarktführer SAP ist in der Schweiz sehr erfolgreich. Der Managing Director Michael Locher-Tjoa sagt im Interview, er habe Freude nicht nur an einem, sondern an ganz vielen Schweizer Projekten.
Michael Locher-Tjoa amtet seit mehr als drei Jahren als Managing Direktor von SAP Schweiz
(Quelle: Samuel Trümpy)
Schweizer Unternehmen sind treue Kunden des ERP-Anbieters SAP. Sie arbeiten seit Jahrzehnten mit den hoch entwickelten und soliden Produkten. Vielenorts stehen nun Migrationen an. Der Abschied von einer stabilen Plattform tut weh, weiss auch Michael Locher-Tjoa, Managing Director von SAP Schweiz. Er und seine Kollegen haben am neuen Firmensitz im Zürcher Circle alle Hände voll zu tun. Und suchen dringend noch mehr Mitarbeiter, wie Locher-Tjoa im Gespräch mit Computerworld betont.
Computerworld: Welches ist aktuell Ihr grösstes Projekt bei SAP Schweiz?
Michael Locher-Tjoa: Wir haben vor drei Jahren das Projekt «Relocation» gestartet, indem wir von unserem alten Standort Regensdorf in unsere neuen Büros im Circle am Zürcher Flughafen umgezogen sind. Das Hauptziel dieses Projekts war, ein attraktives Arbeitsumfeld für junge Talente zu schaffen. Zudem soll sich unsere Firmenkultur in den neuen Räumlichkeiten hier im Circle widerspiegeln.
Natürlich konnten wir zu Beginn des Projekts nicht vorhersehen, welche Auswirkungen der Lockdown und die Pandemie auf die Arbeitswelt haben werden. Mit neuen Arbeitsformen wie Home Office und mobiles Arbeiten, aber auch den Kollaborationszonen hier in den neuen Büros sehen wir uns nun gut aufgestellt, um die begehrten Fachleute zu halten und neu für uns zu gewinnen.
Das grösste Projekt bei unseren Kunden und Partnern war und ist die Transformation vom ECC auf S/4Hana. Dieser «digitale Kern» – wie wir ihn nennen – stellt für die Kunden eine leistungsfähige Basis für ihr Geschäft dar. Hinzu kommt die Cloud als optimale Betriebsplattform für die Business-Applikationen. Diese Transformation bei unseren Kunden war und ist für uns ein weiteres Grossprojekt.
CW: Nun regt sich in der Anwenderschaft allerdings ja Widerstand gegen die Migration ihrer Geschäftsanwendungen in die Cloud.
Locher-Tjoa: Aus Sicht von SAP Schweiz kann ich hier klar widersprechen: Der Wechsel in die Cloud war in der Schweiz immer schon weiter fortgeschritten als in anderen Märkten. Ich sehe einen Zusammenhang mit der hohen Innovationskraft hierzulande. Wir von SAP möchten die Firmen mit unseren neuen Lösungen in der Cloud unterstützen. Mit «Rise with SAP» haben wir Anfang Jahr zudem eine starke Initiative lanciert, welche die Transformation in die Cloud noch weiter fördern wird.
CW: Ist die Schweizer Niederlassung allenfalls auch der Vorreiter für neue Bürokonzepte?
Locher-Tjoa: Ja, uns kam nun allerdings auch der Umzug zugute. Am deutschen Hauptsitz in Walldorf wird aktuell ebenfalls renoviert, wobei wir in der Schweiz eines der Vorbilder sind. Global hat SAP das «Pledge to Flex»-Programm ins Leben gerufen, das flexibles und auf Vertrauen basierendes Arbeiten fördert. Ein Inhalt des Programms ist eine attraktive Bürogestaltung, ein anderer auf Nachhaltigkeit und Wohlbefinden ausgelegte Bürogebäude. Diese Konzepte haben wir hier im Circle bereits alle realisiert – unter starkem Einbezug unserer Mitarbeitenden.
CW: Gab es einen Vorschlag für die neuen Büros, den Sie bis anhin nicht umgesetzt haben?
Locher-Tjoa: Wir haben so gut wie alle Vorschläge unserer Mitarbeitenden auch realisiert. Differenzen gab es teilweise wegen der Einzelbüros. Denn einige Angestellten wünschten sich noch einen Raum für sich selbst. Diesen Spezialwünschen konnten wir nicht entsprechen. Wir haben stattdessen Einzelkabinen installiert, in denen konzentriert gearbeitet werden kann.
Weiter haben wir das Konzept der «Business Clubs» umgesetzt – für die einzelnen Geschäftsbereiche inklusive der zugehörigen Führungskräfte. «Business Clubs» haben definierte Flächen, auf denen sowohl gearbeitet werden kann als auch Meetings stattfinden können. Ein komplettes Stockwerk nur mit Konferenzräumen – wie wir es in Regensdorf hatten – gibt es nun nicht mehr.
CW: Nun schliesst sich allerdings die Frage an, ob denn der Managing Director von SAP Schweiz noch ein eigenes Büro hat.
Michael Locher-Tjoa radelt gern mit dem Velo in die neuen Büros von SAP Schweiz im Zürcher Circle
Quelle: Samuel Trümpy
Locher-Tjoa:
Ja, ich habe ein eigenes Büro. «Mein» Büro unterscheidet sich allerdings nicht von den anderen Büroräumlichkeiten. Überall stehen ein oder mehrere Schreibtische oder andere Arbeitsmöbel, die ich genau wie jeder andere nutzen kann.
Ansonsten folgt die Geschäftsführung von SAP Schweiz dem Prinzip der «Business Clubs» – allerdings mit einem Meeting-Raum für Geschäftsleitungssitzungen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung mit ihren jeweiligen «Business Clubs» sind über die gesamte Bürofläche verteilt. Dieses Konzept fördert die Idee, dass ich genau wie die anderen Kollegen aus der Geschäftsleitung während eines Arbeitstages mit vielen verschiedenen Angestellten in Kontakt komme – beispielsweise in einer der Kaffeebars oder am Kickertisch. Das sind Spontankontakte, die sich sonst nur selten ergeben würden.
CW: Die neuen Büros sollen Talente anziehen. Wie gross ist das Fachkräfteproblem für SAP?
Locher-Tjoa: Mit dem Fachkräfteproblem in der Schweiz ist SAP nicht allein. Aus meinen regelmässigen Gesprächen mit Google, Microsoft oder Swisscom weiss ich, dass es für alle IT-Firmen eine grosse Herausforderung ist, passende Mitarbeitende zu rekrutieren. Und es betrifft nicht nur die Informatiker, sondern auch die Consultants und die Sales-Leute. An allen Ecken und Enden fehlt es an jungen Talenten, für die wir als Informatikfirmen neue Anreize bieten müssen.
Mit Anreizen meine ich nicht nur den Firmenwagen, sondern auch die leistungsgerechte Bezahlung und die flexi­blen Arbeitszeiten. Denn die jungen Menschen schauen – insbesondere in der Pandemie – nicht mehr zuerst auf den Tesla und das Salär, sondern suchen nach einer Möglichkeit, die Arbeit optimal mit der Freizeit zu verbinden.
Weiter spielt neu die Nachhaltigkeit vermehrt eine Rolle bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Die Mitarbeiter verzichten beispielsweise auf den Tesla und den Parkplatz, wenn sie den ÖV für die Fahrt ins Büro nutzen können. Dafür ist SAP Schweiz jetzt optimal aufgestellt, denn wir sind mit der Bahn und dem Bus wie auch per Velo genauso gut zu erreichen wie mit dem Auto und dem Flugzeug.
CW: Wie reisen Sie ins Büro?
Locher-Tjoa: Wenn es mein Arbeitstag erlaubt, radle ich gerne mit dem Velo ins Büro. Dann nutze ich die Duschen und Umkleideräume im Keller des Circles, die natürlich allen anderen Angestellten ebenfalls offenstehen.
Mit solchen Extras und der guten Verkehrsanbindung hoffen wir, auch Kandidaten aus der West- und Zentral­schweiz für den Arbeitsort Zürich gewinnen zu können. Während sie dort teilweise ein Auto für die Fahrt in die Firma benötigen, können sie hier bequem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ins Office reisen.



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