Nicolas Bürer, Digitalswitzerland
27.12.2019, 15:00 Uhr
«Der Digitaltag soll sich als neuer Feiertag etablieren»
Nicolas Bürer will mit Digitalswitzerland der digitalen Transformation hierzulande den Weg ebnen. Auch möchte er dabei helfen, dass sich die Schweiz punkto Technologie und Innovation künftig international besser zu vermarkten weiss.
Nicolas Bürer gehört als Managing Director von Digitalswitzerland zu den Wegbereitern der digitalen Transformation in der Schweiz
(Quelle: Digitalswitzerland)
Als Managing Director von Digitalswitzerland befasst sich Nicolas Bürer hauptberuflich mit der Zukunft der Schweiz. Ziel der Standortförderungsinitiative ist es, der digitalen Transformation unseres Landes den Weg zu ebnen. Mit Computerworld sprach der Romand darüber, wie das in der Praxis gelingt, welche Hürden noch genommen werden müssen und wie die Zukunft von Digitalswitzerland aussieht. Ausserdem gab der erfahrene Business Angel Einblick in die hiesige Start-up-Szene und erklärte, wo der Schweizer Venture-Capital-Markt noch Potenzial hat.
Computerworld: 2018 war ein sehr erfolgreiches Jahr für Sie. Ende Dezember twitterten Sie deshalb: «2018 was great, 2019 is going to be even more impactful!» War es das?
Nicolas Bürer: Ja! Mit Digitalswitzerland konnten wir viele neue Initiativen lancieren – unter anderem die Swiss Digital Initiative für ethische Standards in der digitalen Welt. Zudem konnte sich der Digitaltag noch weiter in der Schweiz ausbreiten. In diesem Jahr waren wir an zwölf Standorten in zehn Kantonen vertreten. Und nicht zuletzt ist die Zahl unserer Mitglieder von 130 auf rund 170 angestiegen.
CW: Digitalswitzerland hat sich mittlerweile etabliert …
Bürer: Insgesamt starten wir jetzt ins vierte Jahr. Digitalswitzerland ist also kein Start-up mehr. Wir sind nicht mehr unbekannt, aber auch nicht mehr in der anfänglichen Phase der Euphorie. Im nächsten Jahr geht es für uns nun darum, noch präzisere, noch wirkungsvollere Projekte und Initiativen zu entwickeln – für unsere Mitglieder, aber auch für das ganze Ökosystem.
CW: Wie hat sich die Wahrnehmung von Digitalswitzerland im Verlauf der letzten Jahre verändert?
Bürer: Vor fünf Jahren sprachen noch nicht viele Leute über Digitalisierung. Heute reden alle darüber. Langsam kann ich es nicht mehr hören. [schmunzelt und verdreht die Augen] Für uns ist das aber ein Erfolg. Denn wir pflegen zu predigen: Egal, ob Grossunternehmen, KMU, Start-up, Hochschule oder Bürgerin und Bürger: Pass auf! Da kommt eine neue Welle, eine Transformation auf dich zu. Sie bringt Risiken, aber auch Chancen.
CW: Inwiefern wirkte sich das auf Ihre Arbeit aus?
Bürer: Wir mussten in den letzten drei Jahren viel Awareness für die Thematik schaffen – mit Kampagnen, Vorträgen, Blog-Beiträgen etc. Nun zünden wir die nächste Phase. Es geht jetzt darum, eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Das versuchen wir etwa im Rahmen des Digitaltages oder der Initiative «Lifelong Learning». Denn wir müssen uns auf die Transformation vorbereiten. Und ich bin der Meinung, dass das noch nicht überall angekommen ist. Themen wie künstliche Intelligenz oder Blockchain werden erst in den kommenden Jahren so richtig Fahrt aufnehmen.
CW: Ist die Sensibilisierung der Stakeholder von Digitalswitzerland also abgeschlossen?
Bürer: Auch auf der Stufe Awareness müssen wir noch Arbeit leisten. Ich treffe nach wie vor Leute an, die das Thema auf die leichte Schulter nehmen. Aber geschätzte 90 Prozent der Grossunternehmen sind sich wohl bewusst, was auf sie zukommt. Bei den KMU ist es dagegen sehr unterschiedlich. Und Start-ups sind per Definition disruptiv. Für uns geht es also darum, die Nachzügler mit auf die Reise zu nehmen. Und solche, die bereits an Bord sind, wollen wir dazu bringen, aktiver zu werden.
CW: Weshalb ist das Thema Digitalisierung doch noch nicht überall angekommen?
Bürer: Patrick Warnking von Google hat in diesem Zusammenhang einmal gesagt: «We have no Sense of Urgency.» Und da gebe ich ihm recht. In der Schweiz geht es uns trotz Disruption und riesigen Tech-Firmen, die sich rechts und links Marktanteile schnappen, noch zu gut. Die Wirtschaft läuft wie geschmiert, die Arbeitslosigkeit bewegt sich auf tiefem Niveau und der Wohlstand wächst. Das ist schön, aber auch gefährlich.
CW: Arbeiten Sie bei Digitalswitzerland eigentlich vorwiegend mit Unternehmen zusammen?
Bürer: Wir arbeiten industrieübergreifend und verfolgen einen Multi-Stakeholder-Ansatz. Heisst, dass wir auf keinen Fall nur auf die Wirtschaft, sondern auch auf NGOs, NPOs, die akademische Welt, die Politik und die Bevölkerung fokussieren. Und unter Wirtschaft verstehen wir übrigens Grossunternehmen, KMU, Start-ups und Investoren. Denn im Zuge der Digitalisierung müssen alle diese Gruppen zwingend näher zusammenrücken. Digitale Transformation führt dazu, dass Welten verschmelzen. Deswegen muss sich beispielsweise die Wirtschaft dringend intensiver mit der akademischen Welt oder mit der Politik und der Verwaltung austauschen.
Zur Person
Nicolas Bürer
studierte Physik an der ETH Lausanne und lancierte seine Karriere im Consulting-Bereich, bevor er in die Start-up-Welt wechselte. Zunächst arbeitete der Romand im Management der E-Commerce-Firma DeinDeal, anschliessend leitete er den Jugendsender Joiz in der Schweiz. 2014 gründete Bürer gemeinsam mit Laurent Decrue und Nenad Nikolic die Umzugsplattform Movu, die seit 2017 der Baloise Gruppe gehört. Bei Movu engagiert er sich nach wie vor als Chairman. Seit 2017 ist Bürer hauptberuflich als Managing Director von Digitalswitzerland tätig. Nebenbei berät und unterstützt er als Investor Start-ups, was ihm 2018 den Titel «Swiss Business Angel of the Year» einbrachte.
Digitalswitzerland im Umfeld der ICT-Verbände
CW: Verschiedene Verbände und Organisationen setzen sich für die Interessen der Schweizer ICT-Branche ein. Wie bewegt sich Digitalswitzerland in diesem Umfeld?
Bürer: Der Schlüsselfaktor für die ICT-Hubs der Welt ist der Kampf um die Talente. Jene Hubs, die es schaffen, sie anzuziehen, entscheiden das Rennen für sich. Gerade beim Thema Fachkräftemangel würden wir deshalb in den nächsten Jahren gerne stärker mit ICT-Verbänden zusammenarbeiten. Derzeit führen wir dazu Diskussionen mit verschiedenen Playern. Schliesslich brauchen sämtliche Industriezweige zunehmend mehr IT- und Digital-Spezialisten. Daher wäre eine verstärkte Zusammenarbeit wichtig, damit wir in den nächsten Jahren mehr Leute für den ICT-Bereich ausbilden können. Insgesamt müsste die Verbandslandschaft näher zusammenrücken und mehr kooperieren.
CW: Was macht Digitalswitzerland besser als die ICT-Verbände?
Bürer: Unser Anspruch ist es nicht, deren Lücken zu füllen. Allerdings gehört es zu uns, dass wir die Bevölkerung einbeziehen – insbesondere durch den Digitaltag. Wir glauben, dass es dringend notwendig ist, die Leute auf die Reise mitzunehmen. Viele haben Angst vor der Digitalisierung, vor Robotern, die ihnen den Job streitig machen, oder vor der fehlenden Privatsphäre im Netz. Zum Teil ist das wahrscheinlich sogar berechtigt. Gerade mit Daten lassen sich Services anbieten, die heute noch undenkbar sind. Der Nachteil davon ist aber, dass die Privatsphäre darunter leidet. Deshalb ist der Austausch über Technologie in Zusammenhang mit der Gesellschaft für uns enorm wichtig.
CW: Viele Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder auch Stiftungen sind Mitglied bei Digitalswitzerland. Könnte man sie nicht auch als Verband bezeichnen?
Bürer: Nein, das sind wir nicht. Wir sind eine Bewegung und rütteln die Schweiz auf. Das ist für mich Digitalswitzerland. Schliesslich vertreten wir niemanden – ausser die Schweiz.
“Wir müssen uns fragen, wobei die Schweiz in Zukunft eine führende Rolle spielen kann„
Nicolas Bürer
CW: Wie meinen Sie das?
Bürer: Hierzulande motzt man gerne. De facto machen wir aber sehr viel Gutes. Im Global Talent Competitiveness Ranking von Insead und der Adecco-Gruppe belegt die Schweiz beispielsweise seit sechs Jahren den ersten Platz. Auch verfügen wir über hervorragende akademische Einrichtungen und eine geniale Infrastruktur. Die Schweiz muss aber noch lernen, bei Techologie und Innovation international gross zu werden und sich als Ökosystem besser zu vermarkten. Man reduziert uns nach wie vor oft auf Schokolade und Uhren. Geht es aber um Zukunftsthemen, dann denkt man selten an uns. Deshalb müssen wir uns international besser positionieren und dabei wollen wir helfen.
Auch wir als Digitalswitzerland möchten europaweit bekannt werden. Noch wichtiger ist aber, dass der Standort Schweiz in den nächsten Jahren über Aushängeschilder mit internationaler Strahlkraft verfügen wird. Wir suchen daher für die Nation die Themen der Zukunft. Schokolade, Käse, Pharma und Banking – alles gut. Aber wir müssen uns fragen, wobei die Schweiz in Zukunft weltweit eine führende Rolle spielen kann.
Die künftige Aushängeschilder der Schweiz
CW: Worin sehen Sie solche Aushängeschilder?
Bürer: Die Schweiz ist sehr gut darin, Hard- und Software auf höchstem Niveau zu vereinen. Diesbezüglich sehe ich riesige Chancen. An vielen anderen Standorten kann man zwar günstiger produzieren, erhält aber nicht dieselbe Qualität. Auch das Thema Blockchain müssen wir weiterverfolgen. Die erste Welle war aus technologischer Sicht leider noch ungenügend und schaffte den Durchbruch etwa aufgrund des massiven Energiekonsums, der hohen Kosten oder des tiefen Vertrauens nicht. Die nächste Welle wird aber sicher kommen und deutlich kraftvoller sein. Ausserdem verfügen wir über eine der besten Infrastrukturen weltweit. Deshalb können wir auch bei Themen wie Smart Building oder Smart Mobility führend werden. Obwohl wir hier im Land keinen eigenen Autohersteller haben, könnten wir die ersten sein, die autonomes Fahren einführen.
CW: All das bedingt, dass die Gesellschaft mit an Bord ist. Wie hoch ist die gesellschaftliche Akzeptanz neuer Technologien aus Ihrer Sicht?
Bürer: Natürlich gibt es Ängste – vor Datenklau, Verlust der Privatsphäre oder Robotern. Andererseits kommt man heutzutage beispielsweise ohne Smartphone nicht mehr aus. Es ist also eine paradoxe Situation. Grundsätzlich bringen technologische Fortschritte einen Nutzen, verändern aber etwa auch die Arbeitswelt. Das geht Hand in Hand und muss gesellschaftlich akzeptiert werden. Für alle Bürgerinnen und Bürger ist deshalb das lebenslange Lernen zentral. Man muss sich ständig weiterbilden. Wir starteten dazu die Awareness-Kampagne «Lifelong Learning», auch am Digitaltag gehörte diese zu den ganz grossen Themen. Nächstes Jahr wird unsererseits zusätzlich eine Aktivierungskampagne hinzukommen.
CW: Wo sehen Sie die grössten Risiken im Zusammenhang mit technologischem Fortschritt?
Bürer: Wir müssen zum Beispiel unbedingt besser darauf achten, dass Daten nicht missbraucht werden. Besonders, wenn man sich überlegt, welche digitalen Spuren wir tagtäglich hinterlassen. Leider ist das schon passiert. Eine weitere Herausforderung wird der Umgang mit der zunehmenden Automatisierung sein. Wenn sie tatsächlich viele Jobs wegfressen wird und die Arbeitslosigkeit ansteigen lässt, dann haben wir ein grösseres Problem. Da müssen wir aufpassen, dass die Wirtschaft als Makrosystem gut genug ist, um immer noch genügend Jobs anbieten zu können. Vielleicht braucht man dann doch irgendwann ein Grundeinkommen, wie es Elon Musk vorschlägt. Die positive Theorie ist, dass die Wirtschaft stets genügend neue Jobs schaffen wird – an diese glaube ich persönlich eher.
CW: Der Dialog mit der Bevölkerung steht seit der Lancierung des Digitaltags im Zentrum des Anlasses. Wie hat das in diesem Jahr geklappt?
Bürer: Es ist uns gut gelungen, aber es gibt noch grosses Potenzial. Unser Anspruch ist, künftig in allen Kantonen mit dem Digitaltag präsent zu sein. Denn es gilt, die Bevölkerung lokal abzuholen und mit ihr in den Dialog zu treten. Der Event ist für uns also keine zentralisierte Übung, sondern sollte komplett dezentral aufgebaut sein – im Optimalfall sogar mit mehreren Standorten pro Kanton. Unser Ziel ist es, das bis zum Digitaltag 2021 zu erreichen.
CW: Woran wird eigentlich der Erfolg von Digitalswitzerland gemessen?
Bürer: Einerseits überprüfen wir unsere Projekte anhand von Kennzahlen. Deshalb realisieren wir auch nur konkrete und messbare Projekte. In Bezug auf den Digitaltag lässt sich so etwa sagen, dass wir in diesem Jahr 270'000 Besucherinnen und Besucher verzeichneten und rund 2,5 Millionen Menschen davon hörten. Andererseits messen wir unseren Erfolg daran, wer die Bedeutung und Dringlichkeit der Thematik erkannt hat. Auf der Makroebene schauen wir zusätzlich, ob die Schweiz international in den verschiedenen Rankings nach wie vor erfolgreich abschneidet. Für uns als einzelne Entität ist es hierbei aber eher schwierig zu sagen, welchen genauen Beitrag wir dazu leisten.
Start-ups und Klimafonds
CW: Start-ups haben Sie eingangs bereits kurz als Anspruchgruppe erwähnt. Wie wichtig sind Jungunternehmen für die Zukunft der Schweiz?
Bürer: Das Start-up-Ökosystem ist enorm wichtig für die Gesellschaft. Falls gewisse Industrien in den nächsten Jahren mehr Mühe hätten, geht es darum, den Jobverlust durch neue Firmen zu kompensieren.
CW: Wie steht es aktuell um dieses Ökosystem?
Bürer: Derzeit herrscht ein sehr gutes Momentum. In der Schweiz gibt es aktuell rund 2500 Start-ups, die man noch als solche bezeichnen kann. Jedes Jahr kommen 300 bis 400 neue Jungunternehmen hinzu und in Bezug auf das in Start-ups investierte Kapital liegt die Schweiz im Europavergleich auf Platz fünf.
CW: Macht diesbezüglich ein Vergleich mit China oder den USA überhaupt Sinn?
Bürer: Nein, die beiden Länder sind uns um Welten voraus.
CW: Schliesslich herrschen dort auch ganz andere Marktverhältnisse …
Bürer: Richtig. Elementar ist es für uns nun, dafür zu sorgen, dass unsere Start-ups in der Schweiz bleiben. Grossfirmen wie Novartis, UBS oder Schindler sind weltweit tätig, haben ihren Hauptsitz aber nach wie vor hier. Das soll uns auch mit den Jungunternehmen gelingen. Wir müssen unbedingt verhindern, dass sie nach der Gründung bei uns auswandern. Zudem startet gerade eine neue Welle von Unternehmerinnen und Unternehmern durch, die – wie ich behaupten würde – viel ambitionierter ist und von Vorbildern aus Grossbritannien, Israel oder den USA gelernt hat, einen ehrgeizigen internationalen Weg einzuschlagen. Als Vertreter einer Standortinitiative erhoffe ich mir natürlich, dass sie nicht nur mit einer Holding bei uns bleiben, sondern auch mit Manpower.
CW: Was hat die Schweiz zu bieten, um Start-ups langfristig zu halten?
Bürer: Hier können Start-ups Talente engagieren, die sie sonst nirgends finden. Weiterhin in die Ausbildung zu investieren, muss für uns deshalb auch künftig das A und O sein. Hinzu kommen Vertrauen in den Staat und Stabilität. Das ist unser Modell.
“Nur mit Technologie können wir langfristig unsere Klimaziele erreichen„
Nicolas Bürer
CW: Auch der Zugang zu Risikokapital ist sicherlich ein wichtiges Kriterium. Als Business Angel kennen Sie sich ja bestens in der hiesigen Investorengemeinde aus. Wie beurteilen Sie deren Zustand?
Bürer: Der Schweizer Venture-Capital-Markt ist noch nicht da angelangt, wo er sein sollte. Es gibt zwar neue Fonds – Spicehaus Partners, Wingman Ventures und Übermorgen Ventures, um nur drei von ihnen zu nennen. Das ist sehr zu begrüssen. Dann war es höchste Zeit für den Swiss Entrepreneurs Fund, der soeben mit einem Budget von knapp 200 Millionen gestartet ist. Der muss nun unbedingt vervielfacht werden – hoffentlich bald auch mit Pensionskassengeldern. Wir sind nicht in den USA, wo 3 Prozent davon in Venturing investiert werden. Das fordere ich nicht. Aber wenige Zehntelprozent würden schon viel ausmachen.
CW: Sie wünschen sich also mehr Risikobereitschaft?
Bürer: Absolut. Man darf schliesslich nicht vergessen, dass durch die Investitionen beispielsweise zusätzliche Stellen geschaffen werden. Auch aus politischer Sicht gibt es einige Punkte, die wir verbessern sollten. Zum Beispiel ist das Kontingent für Drittstaaten immer noch zu tief. Punkto Stock-Option-Programmen für Mitarbeitende sind wir derzeit ebenfalls noch im Nachteil gegenüber Staaten wie Grossbritannien oder den USA.
CW: Sie haben den Fonds Übermorgen Ventures erwähnt. Dieser will Jungfirmen unterstützen, die zur Stabilisierung des Klimas beitragen. Sehen Sie Investments in umweltbewusste Start-ups als Trend im VC-Markt?
Bürer: Es ist definitiv ein Trend, dass sich gewisse Fonds spezialisieren. Andere arbeiten dagegen industrieagnostisch. Aus meiner Sicht braucht es beide Modelle. Persönlich finde ich es sehr begrüssenswert und auch notwendig, dass Investoren beim Thema Umwelt aktiv werden. Nur mit Technologie können wir langfristig unsere Klimaziele erreichen – etwa durch Elektroautos oder IoT-Lösungen, die dabei helfen, den Stromkonsum zu reduzieren. Das ist wiederum eine positive Seite des technischen Fortschritts.
Zukunftspläne für Digitalswitzerland
CW: Kehren wir zum Abschluss nochmals zu Digitalswitzerland zurück. Wie sehen Ihre Pläne für 2020 aus?
Bürer: Der nächste Digitaltag wird noch dezentraler aufgebaut und von mehr Dialog geprägt sein. Unser Anspruch ist, dass in der Schweiz an diesem Tag die digitale Transformation das Thema Nummer eins ist. Der Digitaltag soll sich als neuer Feiertag etablieren und in jeder Agenda genauso dick angestrichen werden wie der 1. August oder der Muttertag. Denn wir sprechen da schliesslich über unsere Zukunft und unser künftiges Leben.
Ein wichtiges Anliegen ist für uns auch, die Kollaboration in der Wirtschaft zu fördern. Industrieübergreifend soll mehr zusammengearbeitet und Projekte sollen lanciert werden. Dasselbe gilt für die Kooperation mit Start-ups – sei es durch Business-Partnerschaften, Investments oder Akquisitionen. Das machen wir im Rahmen unserer Verticals und Roundtables. Oben auf der Prioritätenliste stehen zudem nach wie vor unsere Programme rund um das lebenslange Lernen. Und nicht zuletzt wollen wir auch dafür sorgen, dass sich das hiesige Start-up-Ökosystem weiterentwickelt und die internationale Visibilität der Schweiz zunimmt.
CW: Wie sieht Ihre Vision für die Initiative aus?
Bürer: Wir müssen mutiger werden, sodass die Schweiz in ein bis zwei Jahren ganzheitlich bereit ist für die digitale Transformation und man uns weltweit zu den führenden Innovations-Hubs zählt.
CW: Sie haben Digitalswitzerland als Bewegung bezeichnet. Wird sie irgendwann zu Ende sein?
Bürer: Wer weiss, vielleicht ist das Digitalthema in einigen Jahren kalter Kaffee. Dann muss sich Digitalswitzerland selbst transformieren und mit der Zeit gehen. Momentan sind wir aber noch auf einer Mission und kämpfen dafür, dass wir unsere Ziele erreichen.
Zur Firma
Digitalswitzerland
ist eine Standortförderungsinitiative mit rund 170 Mitgliederorganisationen, die sich für die Digitalisierung der Schweiz in Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft einsetzt. Entstanden ist sie aus der 2015 gegründeten Initiative DigitalZurich2025. Diese wurde Ende 2016 in Digitalswitzerland umgetauft und verfolgt seitdem eine schweizweite Strategie. Steckenpferd der Standortinitiative ist der Digitaltag. Dieser wurde im September bereits zum dritten Mal durchgeführt. 2020 ist er auf den 3. November angesetzt.