Ein relatives Risiko
Ein relatives Risiko
Gerade im WAN-Bereich dürften auf viele Unternehmen, die mit einer Einführung der IP-Telefonie liebäugeln, grosse Veränderungen zukommen. Die häufig noch als Fernverkehrs-Backbone verwendeten Frame-Relay-Strukturen eignen sich laut Gartner nur bedingt für die IP-Sprachtelefonie. Zwar nutzen etliche Unternehmen auch hierfür Frame Relay, doch nach Meinung von Gartner ist das Management einer solchen Infrastruktur aufwändig und kostspielig. Der Knackpunkt ist dabei, dass in einem Frame-Relay-Netz selbst beim Einsatz von Voip zwischen zwei Standorten letztlich dedizierte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen erforderlich sind, was dem eigentlich verbindungslosen Charakter des Internet Protocols widerspricht. Erschwerend kommt hinzu, dass die dynamische Bandbreitenzuweisung unter Frame Relay für die IP-Telefonie nicht flexibel genug ist. Dies treibt nicht nur die Kosten in die Höhe, sondern macht das Ganze auch umständlicher. So muss die Bandbreite jedes Mal für das gesamte Netz neu kalkuliert werden, wenn ein Standort hinzukommt.
Ist der Bandbreitenbedarf der IP-Telefonie heute noch eine Schlüsselanforderung an ein Netz, so ändert sich dies laut Gartner in den nächsten Jahren dramatisch. Nach Einschätzung der Analysten macht das Telefonieren über IP im Jahr 2008 nur noch zehn Prozent des Bandbreitenbedarfs eines Anwenders aus. Möglich wird dies durch die Entwicklung wirkungsvollerer Audiocodecs, die es erlauben, die Sprache effizienter zu komprimieren, so dass weniger Bandbreite benötigt wird.
MPLS als WAN-Backbone
Deshalb raten die Gartner-Consultants gerade bei über mehrere Standorte verteilten Installationen zu einem MPLS-basierten (Multi Protocol Label Switching) IP-VPN als Backbone. Dies bringt gleich mehrere Vorteile: So erhält der Anwender im Rahmen eines MPLS-Netzverbundes häufig mehr Bandbreite als in einem Frame-Relay-Netz - und dies zu besseren finanziellen Konditionen. Zudem eröffnen MPLS-Netze die Möglichkeit, so genannte «Classes of Services» zu definieren. Damit können die Sprachpakete gegenüber E-Mail und anderen Applikationen, die nicht in Echtzeit reagieren müssen, priorisiert werden. Diese Methode verhindert nicht nur die im Zusammenhang mit der IP-Telefonie gefürchteten Latenzprobleme, sondern erleichtert auch die Verkehrsplanung. Unverzichtbar ist die Definition von Serviceklassen zudem, wenn etwa bei der Voip-Migration die TK-Anlagen der Filialen durch einen zentralen Telefon-Server am Hauptstandort ersetzt werden sollen. MPLS wartet im Vergleich zu Frame Relay noch mit einem anderen Vorteil auf: Zwischen den einzelnen Niederlassungen existiert kein Single Point of Failure mehr, so dass die Service-Provider hier in der Regel eine Ausfallsicherheit garantieren, die sehr nahe an jene von klassischen Telefonnetzen heranreicht.
Ausfallsicherheit im LAN
Die geforderte hohe Ausfallsicherheit ist meist auch der Grund dafür, warum im Zuge der Voip-Einführung ein Redesign der LAN-Infrastruktur erforderlich ist. Aus Kostengründen wurde nämlich in der Vergangenheit kaum ein lokales Netz aufgebaut, das den Verfügbarkeitsansprüchen einer Telefoninfrastruktur entsprach. Zudem existieren in vielen Netzen Altlasten, die nicht den Ansprüchen der IP-Telefonie entsprechen. Als weiterer Knackpunkt entpuppt sich oft die Stromversorgung. Während bei einer klassischen TK-Anlage meist eine Notstromversorgung genügt, stellt sich die Situation bei der IP-Telefonie anders dar. Da-bei sind die Telefone noch das geringste Problem, denn sie können Strom meist mit Power over Ethernet (PoE) bekommen. Einspeisegeräte sind auch als Vorschalteinheiten erhältlich, so dass nicht zwangsläufig Switches und andere Netzkomponenten ersetzt werden müssen. Schwieriger gestaltet sich jedoch die Stromversorgung der aktiven Netzkomponenten, die in einem konvergenten Sprach- und Datennetz auch bei einem Stromausfall weiter funktionieren müssen. PoE mit seiner relativ knappen Reichweite scheidet aus, da es nur eine begrenzte elektrische Leistung liefert. Bei grossen Installationen sollte deshalb eine alternative Versorgung über einen Notstromgenerator in Erwägung gezogen werden.