06.05.2015, 14:25 Uhr
Zürich als Innovations-Hub für Digital Banking
Heute gilt London als führend bei Innovationen im Digital Banking. Geht es nach Six, der UBS und Investoren, soll Zürich ein auch Zentrum für FinTechs werden.
Die britische Regierung bietet Start-ups in der Finanzbranche weitreichende Unterstützung. Schatzkanzler George Osborne will London zum Hauptort für innovative Unternehmen aus dem FinTech-Sektor machen. Und Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf? Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartement EFD weiss zwar um die Bedeutung der Finanzbranche für den Standort Schweiz. Eine explizite Unterstützung für FinTech plant sie aber nicht.
FinTech-Hub Zürich
An der Konferenz Finance 2.0am Dienstag in Zürich ergriff die Branche selbst die Initiative: «Zürich soll einer der führenden Standorte weltweit für Start-ups aus dem FinTech-Bereich werden», sagte Andreas Iten von Six vor der Rekordkulisse von 350 Teilnehmern. Sein Unternehmen will im Stadtteil Zürich West ein Innovationslabor eröffnen. Im Incubator an der Förrlibuckstrasse sollen zehn Mitarbeiter von Six an neuen Technologien für die Finanzindustrie forschen und selbst Innovationsprojekte entwickeln. Zudem lädt das Unternehmen auch Start-ups in die Räumlichkeiten ein. Nach den Worten des CIO Financial Information & Corporate Functions bei Six sei ausserdem eine Kooperation mit Impact Hub Zrich geschlossen worden, die Unterstützung für Firmengründer aus der Wirtschaft anbieten.
Das Personal für den Incubator hat Six selbst rekrutiert, auch an dem Hackathon im März. Im nächsten Jahr plant der Börsenbetreiber eine Hackathon-Tournee, auf der in London, Berlin und am Finale in Zürich weitere kluge Köpfe identifiziert werden sollen, wie Iten ausführte.
UBS im Stil eines Start-ups
Ein neues Six-Produktunter der Flagge der UBS präsentierte Andreas Kubli an der «Finance 2.0». Die elektronische Geldbörse Paymit erlaubt P2P-berweisungen am Smartphone. Die UBS-Version ist laut Kubli kostenfrei und offen für Konten anderer Banken. «Paymit beherrscht eine Funktion sehr gut. Das hat die App mit einer Anwendung eines Start-ups gemeinsam», stellte der Head Multichannel Management & Digitization bei UBS Schweiz eine Parallele zu FinTech her.
Die Grossbank ist mit der elektronischen Geldbörse allerdings nicht allein auf dem Markt. Die ZKB will «Paymit» in die App fürs E-Banking integrieren, Credit Suisse und Raiffeisen erwägen ebenfalls den Einsatz. Swisscom hat mit «Tapit» eine eigene Lösung lanciert, PostFinance mit «Twint» ebenfalls. Im Herbst letzten Jahres hatten drei ETH-Studenten mit «Klimpr» eine weitere App mit vergleichbarer Funktionalität präsentiert. Nächste Seite: Bitcoin-Technik für Banken In London forscht die UBS an der Bitcoin-Technologie Blockchain für Finanztransaktionen. Dieses Labor hätte auch gut in Zürich stehen können, erklärten mehrere Teilnehmer der «Finance 2.0» der Computerworld in Konferenzpausen. Denn das Interesse an Blockchain in Zürich ist gross. Six-Manager Iten hat sich intensiv mit der Technologie auseinandergesetzt. Für sein Unternehmen schätzt er den Nutzen als hoch ein. «Mit Blockchain könnten 80 Prozent der Transaktionen auf Six-Systemen abgewickelt werden. Dann braucht es allerdings keinen Vermittler zwischen den Handelspartnern mehr», erklärte er. Via Blockchain werden Transaktionen kostenlos abgewickelt. Jeder Handelspartner hat die gleichen Rechte, einen Regulierer gibt es (noch) nicht. Die Technologie eigne sich nicht ausschliesslich für Finanztransaktionen, sondern auch für den Austausch von Gütern, führte Adrien Treccani von Verso Solutions aus. Das Unternehmen aus Sierre VS ist auf Bitcoin-Lösungen für Unternehmen spezialisiert.
Verso Solution ist nur eines von mehreren Dutzend Schweizer FinTech-Neugründungen. Nach den Worten von Falk Kohlmann, Leiter Swisscom Banking Think Tank, gibt es hierzulande schon eine starke Start-up-Szene. Um mehr Innovation zu fördern, schlug er ein Ökosystem nach dem Vorbild von Apple vor. Der Mac-Konzern habe mit dem iPhone und dem App Store eine Basis geschaffen, auf der die App-Programmierer heute gutes Geld verdienen könnten. Ein ähnliches Ökosystem könnten die Schweizer Finanzdienstleister für die FinTech-Gründer schaffen. Der Incubator von Six ist hier nur der Anfang.
Hürden für FinTech-Gründer
In einer Diskussionsrunde an der Konferenz «Finance 2.0» äusserten sich die Schweizer FinTech-Investoren Marc Bernegger von Orange Growth Capital und Daniel Aegerter von Armada Investment kritisch zu den Rahmenbedingungen für Firmengründer. Bernegger wünschte sich mehr Entrepreneurship von den Gründern. «Banker werden mit einem guten Salär an ihre Institute gebunden. Sie scheuen eher das Risiko und wagen selten den Schritt in die Selbständigkeit», sagte der Mitgründer von Usgang.ch. Dies sei dem Unternehmergeist eher hinderlich.
Aegerter kritisierte die starke Regulation des Finanzsektors: Die Finma schütze mit ihren Vorschriften die bestehenden Unternehmen; neuen Playern werde so der Markteintritt erschwert. «The Empire strikes back», zitierte er den Titel eines Science-Fiction-Klassikers. Etablierte Finanzdienstleister würden an der Steuerschraube drehen, wenn der Regulator den Start-ups bessere Bedingungen zugestehe, spekulierte er. Ein Vertreter der Finma, der hier hätte widersprechen können, war zur Konferenz zwar eingeladen, aber nicht erschienen, sagte Rino Borini vom Veranstalter financialmedia.