22.06.2009, 12:39 Uhr
Kollaborative Geschäftsverwaltung in Zug
Aus der Vision einer gemeinsamen Plattform für unstrukturierte Daten entstand bei der Stadt Zug eine völlig neuartige Geschäftsverwaltung (Gever), in der die Zusammenarbeit im Fokus steht.
Patrick Püntener leitet den Verkauf bei itsystems.
Daniel Truttmann ist IT-Leiter bei der Stadtverwaltung Zug.
Daniel Truttmann ist IT-Leiter bei der Stadtverwaltung Zug.
Viele sagen, die Sonne gehe nirgends schöner unter als über dem Zugersee. Die Stadt Zug zählt mit ihrer Nähe zu Zürich und interessanten steuerlichen Aussichten in der Tat zu den attraktivsten Städten der Schweiz. Die Politik und die Stadtverwaltung spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Stadt als Wirtschaftsstandort. Im Stadtrat und Grossen Gemeinderat werden bedeutende Geschäfte behandelt, in denen Entscheide eine weitreichende Wirkung haben. Zeit und Effizienz werden zu immer wichtigeren Faktoren. Dabei stellt nicht die Menge allein das Hauptproblem dar, sondern der grosse Aufwand, den die Geschäfte in der Verwaltung verursachen.
Ein weiter Weg mit Medienbrüchen
Bis ein Geschäft nämlich im Stadtrat behandelt werden kann, durchläuft es verschiedene Stadien. Vom Mitarbeitenden zum Abteilungsleiter weiter zum Departement, in dem das Geschäft ausgearbeitet wird, über die Kanzlei in den Stadtrat und in den Grossen Gemeinderat, die über das Geschäft beraten. Bis schliesslich der Entscheid auf der städtischen Website veröffentlich werden kann, ist der Weg von vielen manuellen Arbeitsschritten und Medienbrüchen gekennzeichnet. Informationen mussten bisher in unterschiedlichen Systemen mehrmals erfasst werden, was zu Redundanzen und unterschiedlichen Informationsständen bei den Beteiligten führte.
Es bestand der Bedarf an einer neuen Lösung, die in der Lage war, sowohl das in den Geschäftsdokumenten enthaltene Wissen besser zugänglich zu machen, als auch die Geschäftsverwaltung in ihren Abläufen effizienter und flexibler zu gestalten. Dazu kam die Vision, nicht eine Insellösung für die Stadtratsgeschäfte zu realisieren, sondern den Grundstein für eine Plattform zu legen, die auch für andere Geschäfte in der Stadtverwaltung, ja sogar zur generellen Verwaltung von Informationen in Dossiers und anderen Fall-basierten Anwendungen genutzt werden konnte. Es sollte ein standardisierter moderner Collaboration-Dienst werden, den die Informatik den Departementen zentral anbieten würde. Daniel Truttmann, IT Leiter der Stadt Zug erläutert: ,,Wir waren der Meinung, dass aus der Verbindung unterschiedlicher Informationen auf einer gemeinsamen Plattform ein grosser Nutzen entstehen würde, der viel zur Effizienzsteigerung in den Abläufen beiträgt."
Stammdaten als Fundament
Gesucht war nun eine Informationsplattform, auf der die verschiedenen Gärtchen der Stadtverwaltung so abgebildet werden können, dass ein grosser, gemeinsamer Park entsteht, in dem die Zusammenhänge besser sichtbar werden. Zwar arbeitet jedes Departement für sich, doch geht es ja um eine gemeinsame Sache. Und es sind immer wieder die gleichen Kriterien, die in der Geschäfts- respektive Informationsverwaltung einer Stadt wichtig sind: Bürger, Firmen, Gebäude, Strassen, die öffentlichen Einrichtungen, die Finanzen, die Organisation der Stadtverwaltung selber. Schnell wurde klar, dass diese Stammdaten die Grundpfeiler sein mussten, auf denen die neue Plattform gebaut wird.
Bei der Evaluation wurden in erster Linie bekannte, seit langem auf dem Markt erhältliche Gever-Produkte unter die Lupe genommen. Es stellte sich heraus, dass alle diese Lösungen nicht den richtigen Ansatz verfolgten, um später zu der gewünschten breiten Informationsplattform ausgebaut werden zu können. Zwar boten die Produkte Funktionen zur Verwaltung einzelner Geschäfte im Überfluss, doch hatten alle ein grundlegendes Problem: die Dokumente, die zu den Geschäften abgelegt werden, wären von der Applikation ,,annektiert" worden und hätten nicht mehr zusammen mit anderen Dokumenten verwaltet werden können. Daniel Truttmann bestätigt: ,,Die klassischen Produkte hätten nur zum alleinigen Zweck der Geschäftsverwaltung eingesetzt werden können, womit die Stadtratsgeschäfte auch mit der neuen Lösung eine Insel geblieben wären." Die Vision einer organisationsweiten Informationsplattform wäre geplatzt.
Gemeinsamkeiten nutzen
Ein Produkt war jedoch grundlegend anders, was schliesslich auch den Ausschlag für seine Wahl gab. MatchPoint Records Management, eine in Microsoft SharePoint Server integrierte Lösung der Schweizer Firma itsystems, kommt technologisch aus einer ganz neuen Ecke und verfolgt einen kollaborativen, modellbasierten Ansatz, mit dem nicht nur die Stadtratsgeschäfte, sondern auch alle anderen erdenklichen Geschäfte der Stadt, die Verwaltung von Dossiers, Projekten und anderen Dokument-zentrischen Vorgängen abgebildet und unter einen Hut gebracht werden können. ,,Mit MatchPoint ist es möglich, Anwendung für Anwendung durchzugehen und mit einem standardisierten Vorgehen auf die SharePoint Plattform zu bringen. Es ist wie ein Lego-Baukasten, mit dessen Steinen eine beliebige Collaboration Anwendung in kurzer Zeit zusammengesteckt werden kann. In der Geschäftsverwaltung, die bei einer Stadtverwaltung in dutzendfacher Ausführung zum Einsatz kommt, ist das ein enormer Vorteil", so Patrick Püntener, Leiter Verkauf bei itsystems.
Das Geheimnis von MatchPoint ist die vollautomatische Klassifizierung sämtlicher Informationen mit Metadaten, sogenannten Tags. Dokumente, E-Mails, Aufgaben, Termine etc. werden nach mehreren geschäftsrelevanten Kriterien an die Stammdaten des Geschäfts geknüpft - und zwar ohne jegliche Benutzerinteraktion. Die Vergabe der Metadaten übernimmt dabei ein Metadatenmodell, in dem alle Metadaten zentral zur Verfügung stehen. Mit Hilfe der Tags werden die sonst zusammenhangslosen Informationen unabhängig von Ihrem Ablageort und unabhängig von der Dossierstruktur verbunden. Es entsteht ein n-dimensionaler Würfel, auf den beliebige Sichten auf die Geschäftsinformationen erzeugt und überall in SharePoint dargestellt werden können - also auch ausserhalb der eigentlichen Geschäftsverwaltung, zum Beispiel im Intranet in Kombination mit anderen Informationen. Die Metadaten können über eine komfortable Navigation vom Benutzer auch für die gezielte, schrittweise und zu hundert Prozent verlässliche Suche genutzt werden. Etwas Vergleichbares konnte keine andere Gever-Lösung bieten.
Geschäfte unterscheiden sich zwar in den Details, sprich in den zu verwaltenden Metadaten, aber nicht im Wesentlichen. Und weil sich Geschäfte auch nicht wesentlich von Projekten oder anderen Fall-basierten Anwendungen unterscheiden und SharePoint nicht nur Geschäfte, sondern beliebige Informationen verwalten kann, erfüllt MatchPoint die Vision der Stadt Zug einer gemeinsamen Plattform für unstrukturierte Daten, die mit organisationsweit standardisierten Tags komplett kategorisiert werden. ,,Im Endausbau wird es in Zug möglich sein, alle Dokumente, die in den verschiedenen Bereichen der Verwaltung zu einer bestimmten Sache existieren, mit einem einzigen Klick anzuzeigen, weil diese über die Tags eindeutig der Sache zugewiesen sind. Damit nimmt die Stadt Zug eine Vorreiterstellung unter den Stadtverwaltungen ein", so Patrick Püntener.
Grundsätzlich kollaborativ
Die vollständig vertaggten Geschäfte, Dossiers, Dokumente, Aufgaben und Termine sind auch die Basis für die elektronische Unterstützung der Gever Prozesse. Geschäftsverwaltung ist ein kollaborativer Vorgang, der hauptsächlich auf der Zusammenarbeit zwischen Individuen und weniger auf einem maschinellen Vorgang beruht (siehe Kasten). ,,Mit einem Workflow kann man einen solchen Prozess nicht richtig abbilden", meint Daniel Truttmann. ,,Dank den Metadaten, über die wir auch den Geschäftsstatus steuern, können wir jedem Benutzer zu jedem Zeitpunkt und in Echtzeit genau die Informationen anzeigen, die er braucht, um die seiner Rolle entsprechenden Aufgaben im Geschäft erledigen zu können." Workflows werden nur punktuell eingesetzt, zum Beispiel um Dokumente nachvollziehbar freizugeben. Dieser Ansatz macht die Workflows zu flexiblen, wiederverwendbaren Bausteinen, die günstig und schnell realisiert werden können.
Die ersten Erfahrungen mit der neuen Geschäftsverwaltung der Stadt Zug sind gut, resümiert Daniel Truttmann: ,,Unsere Mitarbeiter haben MatchPoint und SharePoint positiv aufgenommen. Sie sehen, dass die neue Software Ihnen die Arbeit erleichtern wird. Bei der Einführung haben wir Zeit und Kosten gespart. Und weil MatchPoint Records Management die vom Bund verlangten Normen für die Archivierung erfüllt, haben wir diese Frage auch gleich abgehakt. Nun gilt es, die nächsten Etappen in Angriff zu nehmen!"
Kastenelement: Kollaborative Prozesse
Die klassische Prozesslehre unterscheidet zwischen Produktions-, administrativen, kollaborativen und ad-hoc Prozessen. Kollaborative Prozesse laufen nicht linear-maschinell ab, sondern relativ unstrukturiert innerhalb eines definierten Rahmens, der durch einen flexiblen Ablauf, Meilensteine und Lieferobjekte geprägt ist. Collaboration Plattformen wie SharePoint sind in der Lage, mit punktuell eingesetzten kurzen Kontrollsequenzen wichtige Parameter wie das Vorhandensein oder die Gültigkeit eines Lieferobjekts zu messen und den Prozess darüber zu steuern, ohne dass er dadurch ,,überdesignt" und für den Benutzer einschränkend wird. Im Fall der Stadt Zug wird der Status der Stadtratsgeschäfte über Metadaten gesteuert. Für jeden Status existiert eine Sicht auf die zu bearbeitenden Dokumente und Dossiers, die den im Geschäft involvierten Mitarbeitern in Abhängigkeit ihrer Rolle angezeigt wird. Mitarbeiter der Kanzlei, welche ein Geschäft prüfen müssen, sehen das Geschäft z.B. nur, wenn es im Status ,,zu prüfen" ist, weil sie nur dann in den Prozess eingreifen müssen. Dadurch sieht jeder Mitarbeiter immer nur die Informationen, die er gerade für seine Arbeit benötigt, was die Prozesse effizient und übersichtlich macht.
Links zum Artikel:
Patrick Püntener, Daniel Truttmann