12.10.2017, 06:01 Uhr

Mit KI und IoT-Technik gegen «Raucherhusten»

Mit Künstlicher Intelligenz (KI) und IoT-Technik (Internet of Things) will ein Schweizer Start-up und das IBM-Forschungslabor Rüschlikon bei Patienten der chronischen Lungenkrankeit COPD für Linderung sorgen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wird die Technik am Universitätsspital Zürich getestet.
Mit einem ausgeklügelten Überwachungssystem wollen das Schweizer Start-up Docdok.health basierend auf Entwicklungen des IBM-Forschungslabors Rüschlikon das Leben von Patienten der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD; Chronic Obstructive Pulmonary Disease) erleichtern. COPD äussert sich durch Atemnot, Husten und Auswurf. Sie wird hauptsächlich durch Rauchen – daher oft auch schlicht als «Raucherhusten» bezeichnet -, aber auch  durch Luftverschutzung ausgelöst. «Die Krankheit ist nicht heilbar», erklärt Ulrich Mühlner, CEO und Mitgründer von Docdok.health, während der Präsentation der Technik am Medientag des IBM-Forschungslabors. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation könnte die Krankheit bis 2030 die drittgrösste Todesursache darstellen. Allein in der Schweiz gibt es derzeit gemäss Lungenliga gut 400'000 COPD-Patienten.
Mit dem nun präsentierten Forschungsprojekt, das unter der Bezeichnung CAir läuft und im nächsten Jahr am Universitätsspital Zürich mit gut 100 Patienten durchgeführt wird, soll laut Mühlner der Krankheitsverlauf verlangsamt und die Lebensqualität der Erkrankten verbessert werden. Mit der ständigen Überwachung des Patienten werde aber vor allem eine sogenannte Exazerbation vermieden. Dabei handelt es sich um eine akute Verschlechterung der Krankeitssymptome, die meist zur Hospitalisierung führt. «Ganz abgesehen von den hohen Kosten der Hospitalisierung verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Patienten nach jeder Einlieferung ins Spital», sagt Mühlner. «Es ist eine wahre Abwärtsspirale, die es zu vermeiden gilt».
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Smartphone als zentrale Datensammelstelle

Dreh und Angelpunkt von CAir ist das Smartphone des Teilnehmers. Es sammelt Daten aus diversen Geräten, so einem Fitnesstracker, der zudem Puls und Temperatur sowie Sauerstoffgehalt misst. Auch ein sogenannter Spirometer wird mit dem Smartphone verbunden. Mit diesem können etwa täglich oder wöchentlich Lungenfunktionstests durchgeführt werden. Schliesslich ist ein Luftmessgerät, das zuhause steht, über WLAN mit dem Smartphone verbunden. «Dieses misst beispielsweise gewisse Partikel in der Luft und ermittelt so das Raumklima des Patienten», erklärt Thomas Brunschwiler vom IBM-Forschungslabor das Setting.
Doch auch die eingebaute Kamera und das interne Mikrophon des Smartphones werden genutzt. Letzteres nimmt beispielsweise die Geräusche während der Nacht auf. So kann etwa die Hustenfrequenz des Patienten analysiert werden. Bei dieser Aufgabe kommen nun Techniken mit KI des Forschungslabors zum Tragen. So wird der Husten anhand von Mustererkennung «herausgehört» und von anderen Geräuschen wie Schnarchen und lautem Ausschnaufen getrennt. Zudem muss das System den Urheber richtig interpretieren, wenn mehrere Personen im gleichen Zimmer schlafen.
Auch bei der Analyse des Auswurfs, bei dem die Smartphone-Kamera zum Einsatz kommt, wird auf KI gesetzt. So wird anhand der Farbe ermittelt, wie gross das Eiteraufkommen in der Lunge ist. Auf einem von Docdok.health entwickelten Dashboard kann der Arzt sodann den Krankheitsverlauf des Patienten überwachen. «Werden die Symptome stärker, kann der Arzt sich beim Patienten zwecks Terminvereinbarung melden», meint Mühlner. Dabei kommt eine spezielle Chat-Plattform zur Anwendung. «Das Ganze dient somit als Frühwarnsystem», erklärt der Docdok.health-CEO weiter. «Der Arzt kann so eine Verschlechterung rechtzeitig erkennen und Gegenmassnahmen ergreifen». Für Christian Clarenbach vom Universitätsspital Zürich könnte CAir sogar wegweisend sein für die künftige Interaktion zwischen Arzt und Patient. «Mit der älter werdenden Bevölkerung sind Ärzte immer häufiger mit chronischen Krankheiten konfrontiert», sagt er. «Wir wollen daher die traditionellen Praxisbesuche reduzieren und unsere Patienten dazu ermuntern, mit benutzerfreundlicher Technik ein Stück weit sich selbst zu betreuen. Gleichzeitig müssen wir als Ärzte in der Lage sein, den Krankheitsverlauf zu verfolgen und einzugreifen, bevor der Patient in der Notaufnahme auftaucht», so Clarenbach.



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