27.06.2013, 10:05 Uhr

Interview mit Doodle-CEO Michael Näf

Michael Näf hat eines der erfolgreichsten Start-Ups der Schweiz gegründet: Sein Kalenderdienst Doodle zählt jeden Tag 15 Millionen User und ist ist in 31 Sprachen übersetzt. Im Interview mit Computerworld erklärt er sein Erfolgsgeheimnis.
Doodle-CEO Michael Näf im Interview
Computerworld.ch: Guten Tag Herr Näf. Wie kommt man auf die Idee, einen Dienst wie Doodle zu entwickeln?
Michael Näf: Vor rund zehn Jahren wollte ich mich mit Freunden zum Nachtessen treffen und war dafür verantwortlich, einen Termin zu finden. Das gestaltete sich schwierig, es kamen unzählige Mails mit Kommentaren zurück, jeder hatte andere Vorschläge. Da dachte ich mir, dass es doch eine Möglichkeit geben muss, mit dem Einsatz von IT-Mitteln diesen Prozess effizienter zu gestalten.
So etwas gab es noch nicht?
Ich habe nach solchen Lösungen gesucht, aber keine gefunden. Darum habe ich mich entschieden, selber etwas zu kreieren. Einerseits eben um in Zukunft keine Terminprobleme mehr zu haben, andererseits aber auch, um mir neue Technologien beibringen zu können, da ich vorher nie eine ernstzunehmende Webapplikation entwickelt hatte.
Zu Beginn stand also kein kommerzieller Gedanke dahinter. Heute haben Sie 15 Millionen User täglich und finanzieren sich grösstenteils durch Werbung. Wie haben Sie das geschafft?
Die ersten paar Jahre hatte Doodle tatsächlich keinen kommerziellen Charakter. Aber man hat gespürt, dass hier ein Bedürfnis getroffen wurde, die Nutzerzahlen stiegen ständig. Die virale Verbreitung hat uns hier sehr geholfen. Da wir schnell 100 000 bis 200 000 User auf der Plattform hatten war klar, dass hier Potential vorhanden ist und ich mich bald vollständig auf Doodle konzentrieren konnte. Wie wir den Dienst monetarisieren wollten, wussten wir zur der Zeit allerdings noch nicht. 
Auch heute noch ist der Doodle-Basisdienst kostenlos, dabei wäre der doch prädestiniert, zusätzliche Einnahmequellen zu generieren. 
Wir bieten ja auch kostenpflichtige Zusatzdienste an, wie beispielsweise seit neustem den Buchungsdienst für Kundentermine «BookMe». Aber es ist nicht unsere Absicht, für die Nutzung der Klassikers Gruppenterminfindung Geld zu verlangen, denn die Gratisnutzung ist ein Teil unseres Erfolges. Damit profitieren wir vom Gratiswachstum. Wären alle Dienste kostenpflichtig, würde die Viralität darunter leiden. 
Gab es bei Ihnen auch Zeiten, in denen Sie sich sagten, dass das mit Doodle wohl nichts wird? 
Momente des Zweifels gab es viele. Kleine Krisen, die uns einen Tag lang beschäftigten oder grosse Krisen wie 2009, als der Werbemarkt zusammenbrach und wir jede Woche unsere Liquidität neu anschauten.
Dieses Problem haben Sie nun nicht mehr. Ihr Erfolg weckt aber auch Begehrlichkeiten, vor zwei Jahren beteiligte sich die Tamedia mit 49 Prozent an Doodle. Wie lange gehört die Firma noch Ihnen?
Bei der Beteiligung ging es auch darum, dass die bisherigen Investoren, Gründer und Mitarbeiter etwas zurückerhalten. Für die Zukunft haben wir verschiedene Szenarien. Dass Tamedia die Kontrolle über die restlichen Anteile übernimmt, ist nicht ausgeschlossen. 
Haben Sie einen Tipp für angehende Schweizer Tech-Startups, mit dem diese ebenfalls erfolgreich werden können?
Ich bin mittlerweile der Ansicht, dass die Frage nach Erfolgsgeheimnissen schwierig zu beantworten ist. Jede Erfolgsgeschichte stützt sich auf andere «Geheimnisse». Etwas dürfte aber auf alle Fälle erfolgsfördernd sein: der Wille. Auch in schlechten Zeiten durchzuhalten ist in meinen Augen eine sehr wichtige Eigenschaft erfolgreicher Unternehmer und auch von Projekten, die oft scheitern, weil der Wille am Ende nicht mehr da war. 
Wenn es daneben kein absolutes Kriterium gibt, spielt nicht Glück auch eine entscheidende Rolle?
Ich denke, Glück gehört immer dazu. Egal wie strategisch man vorgeht. Aber es gibt ja auch Pech und über einen langen Zeitraum hat man wohl gleich oft Pech wie Glück. Deshalb ist das für mich kein Indikator. Und deshalb ist aus meiner Sicht letztlich eben der Wille ausschlaggebender.
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