11.07.2012, 11:01 Uhr

376 Millionen Franken unter der Hand weg

Der Bund vergab 2011 Aufträge für 376 Millionen Franken unter der Hand, berichtet der Tages-Anzeiger. Das entspricht einem Auftrag pro Tag, den Bundesstellen ohne öffentliche Ausschreibung nach WTO-Richtlinien vergaben.
Die verschiedenen Departemente der Bundesräte halten sich unterschiedlich genau an die WTO-Vorgaben.
Der «Tages-Anzeiger» hat sich unter Berufung auf das Öffentlichkeitsgesetz an die Bundesverwaltung gewandt und dadurch Zahlen erhalten, die zeigen, wie oft der Staat im Jahr 2011 Aufträge unter der Hand vergab. Durchschnittlich sei pro Tag ein Auftrag ohne Ausschreibung vergeben worden, obwohl dessen Wert ber dem von der WTO festgelegten Schwellenwert von 230 000 Franken lag. Insgesamt kam so ein Volumen von 376 Millionen Franken auf freihändig vergebene Aufträge zustande.  Der Tages-Anzeiger listet weiter auf, welche Departemente sich wie genau an die WTO-Richtlinien hielten. Am schlechtesten schneidet dabei das Finanzdepartement (EFD) von Eveline Widmer-Schlumpf ab, bei dem unter anderen Insieme angesiedelt ist. 35 Freihandvergaben gab es alleine für das IT-Projekt der Steuerverwaltung, insgesamt wurden im EFD 100 Verträge mit einem Gesamtwert von 116,2 Millionen Franken vergeben, welche die WTO-Richtlinien umgingen. Ein Sprecher erklärte die nicht gerade angenehme Spitzenposition der Zeitung mit der Tatsache, dass die zentrale Beschaffungsstelle, das Bundesamt fr Bauten und Logistik (BBL), im EFD angesiedelt sei und deshalb «generell überproportional viele Beschaffungsgeschäfte» anfielen. Statistiken, die diese Aussage untermauern, seien momentan nicht verfügbar, würden aber in Kürze auf der Homepage des BBL veröffentlicht. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Maurer räumt auf, das EFD erklärt sich

Maurer räumt auf, das EFD erklärt sich

Mit etwas Abstand zum EFD liegt das Volkswirtschaftsdepartement (EVD) von Johan Schneider-Ammann, das Aufträge von 74 Millionen unter der Hand vergab. Die Musterschüler in dieser Kategorie sind das Departement fr Verteidigung, Bevlkerungsschutz und Sport (VBS) von Ueli Maurer und das Departement des Inneren (DPI), dem Alain Berset vorsteht. Während letztgenanntes bereits 2009 diesen Rang belegte, scheint im VBS unter Maurer eine andere Philosophie eingekehrt zu sein. Der Chef VBS hat mit seinen durch ihn erteilten Inspektionen durchgegriffen und seine Direktunterstellten schon früh darauf sensibilisiert,» sagte eine VBS-Sprecherin dem «Tages-Anzeiger.» Klare Vorgaben und periodische Kontrollen haben dazu geführt, dass anstatt wie noch 2009 98 Aufträge letztes Jahr nur noch 44 unter der Hand vergeben wurden. Das Volumen für unter der Hand vergebene Aufträge sank dabei von 110,2 auf 27,2 Millionen Franken, ist in der Zeitung zu lesen. Wer nun denkt, dass all diese Freivergaben problematisch sind, liegt falsch. «Es gibt Fälle, in welchen eine Direktvergabe absolut rechtskonform und zudem auch günstiger ist», sagte der auf das öffentliche Beschaffungswesen spezialisierte Jurist Christoph Jäger dem «Tages-Anzeiger». Weil eine WTO-Ausschreibung immer mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, lassen Ausnahmebestimmungen im Gesetz einen relativ grossen Ermessensspielraum offen, was Missbräuche angeht, heisst es weiter. Zu diesen Ausnahmeklauseln gehört auch, dass ein Auftrag wegen spezifischer technischer Vorgaben oder wegen des Schutzes geistigen Eigentums nur an bestimmte Auftragnehmer vergeben werden kann, davon hat man bei Insieme gut Gebrauch gemacht.



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