14.10.2015, 13:52 Uhr

Gartners tiefer Blick in die Kristallkugel

Robotik und künstliche Intelligenz könnten unser Privat- und Geschäftsleben bis 2020 stark prägen, meinen die Marktforscher der Gartner Group. Fazit: Maschinen werden wichtiger, Menschen immer unwichtiger.
Die Marktforscher von Gartner haben wieder einmal ihre Kristallkugeln hervorgeholt und einen Blick auf die kommenden Jahren bis 2020 gewagt. Die digitale Zukunft ist demnach eine Maschinen-getriebene Welt, in der Menschen und Geräte sich neu positionieren müssen. «Der Trend zu mehr Robotik und die zunehmende Anwendbarkeit von künstlicher Intelligenz und die Tatsache, dass Unternehmen und Verbraucher diese Technologien zu verinnerlichen beginnen, sorgen für einen grundlegenden Wandel», erklärt Daryl Plummer, Analyst und Gartner Fellow. Es gehe nicht mehr nur um die Frage, wie sehr wir diese Techniken adaptieren, sondern darum, was unsere Rolle als Mensch in der digitalen Welt noch sein werde, ergänzt er.
Gartner hat diese Entwicklungen in 10 Trends zusammengefasst:
1. Bis 2018 werden 20 Prozent der Business-Inhalte von Maschinen stammen
Techniken, die Informationen automatisch zusammenstellen und ausliefern können, werden dazu führen, dass viele Inhalte innerhalb eines Unternehmens von Maschinen stammen werden. Die Informationen aus Datenbanken und Analysewerkzeugen würden durch natürliche Sprachefunktionen in Texte umgeformt werden. Business-Inhalte wie Aktionärsberichte, legale Dokumente, Marktübersichten, Pressemitteilungen, Artikel und Weissbücher sind laut Gartner Kandidaten für solche Autorenautomaten.
2. 2018 werden sechs Milliarden Dinge nach Support verlangen
Im Zeitalter der Digitalisierung der Wirtschaft  werden die Grenzen zwischen der physischen und digitalen Welt zunehmend verwischt werden. Die Folge: Unternehmen werden lernen müssen, Dinge als Kunden von Dienstleistungen zu sehen und sie entsprechend behandeln. So werden in Zukunft auch Dinge Supportanfragen starten und auf eine Antwort warten. Allerdings wird laut Gartner die Antwort auf die Supportanfragen für Dinge anders aussehen müssen als für Kunden aus Fleisch und Blut. Diese Entwicklung werde ganz neue Dienstleistungsbetriebe hervorbringen, ist Gartner überzeugt. Nächste Seite: Autonome Software-Agenten übernehmen
3. Bis 2020 werden 5 Prozent aller ökonomischen Transaktionen von autonomen Software-Agenten generiert werden, also ausserhalb einer menschlichen Kontrolle sein
Solche auf bestimmten Algorithmen beruhende Agenten, beteiligten sich schon heute an der Wirtschaft, argumentiert Gartner. Allerdings seien diese noch nicht autonom, weil sie schlussendlich doch von menschlichen Systemen kontrolliert werden. Eine neue Generation von Software-Agenten werde aber selbst über Werte verfügen, auf deren Grundlage sie dann Entscheidungen treffen. Sie werden Teil einer Wirtschaft sein, für die Gartner die Bezeichnung «programmierbare Ökonomie» geschaffen hat. Diese Wirtschaft habe das Potenzial ziemlich alles auf den Kopf zu stellen, was bis heute speziell in der  Finanzinustrie gegolten hat. «Wir werden Algorithmen sehen, die sich Aufgaben aus den Bereichen Banking, Versicherungswesen, Börsenhandel und Crowdfunding widmen werden können», heisst es.
4. Bis 2018 werden mehr als 3 Millionen Arbeitskräfte weltweit von einem Robo-Boss geleitet werden
Roboter werden zunehmend als Manger Entscheidungen übernehmen, die bis lang von Menschen gefällt wurden. Die Leistung von Arbeitnehmern wird immer mehr daran gemessen werden, wie gross deren Output und - bei Dienstleistungen - wie gross die Kundenzufriedenheit ist. Solche Messungen lassen sich laut Gartner besser von intelligente Maschinen erfassen und interpretieren, die speziell trainiert und geschult wurden, als von klassischen Managern. Nächste Seite: Digitaler Vandalismus nimmt zu
5. Bis 2018 werden 20 Prozent der intelligenten Gebäude das Opfer digitalen Vandalismus' sein
Sogenannte Smart Buildings werden wegen mangelnder Absicherung zunehmend angegriffen werden. Die Formen des Vandalismus werden dabei manigfaltig sein, von der Veränderung digitaler Anzeigen bis hin zum kompletten Gebäude-Blackout. Allerdings werden diese Attacken laut Gartner mehr ein Ärgernis darstellen als eine echte Gefahr. 
6.2018 werden 45 Prozent der am schnellsten wachsenden Unternehmen weniger Angestellte haben als intelligente Maschinen
Laut Gartner wird somit die erste Gruppe von Firmen, die am meisten Nutzen aus sogenannten Smart Machines ziehen wird, aus Start-ups und relativ jungen Unternehmen bestehen. Schnelligkeit, Kosteneinsparungen, Produktivitätssteigerungen und Wachstumsmöglichkeiten sind bei Firmen, die auf gescheite Geräte und Dinge setzen eher gegeben als bei Unternehmen, die auf Rekrutierung und Ausbildung von Arbeitskräften abstellen. So sieht Gartner bei einem vollautomatischen Supermarkt mehr Potenzial als bei einem traditionellen Detaillisten, oder bei einer Wachgesellschaft, die komlett Drohnen zur Überwachung von Objekten einsetzt. Nächste Seite: der Kundendienst wird komplett digital, Fitness-Tracker ein Muss
7. Bis Ende 2018 werden digitale Kundendienste Individuen mit Hilfe von Gesichts- und Stimmerkennung identifizieren können
Die Betreuung von Kunden wird laut Garner zunehmend digitalisiert, wobei die «Ansprechpersonen» aus Bits und Bytes immer einfühlsamer werden und auf die Bedürfnisse der Kundschaft eingehen können. Sie werden immer mehr eine Konversation zwischen zwei Personen nachahmen können. Das heisst, sie werden sprechen und zuhören, einen Sinn für Geschichte haben und den momentanen Kontext bei ihren Repliken beachten können.
8. Bis 2018 werden zwei Millionen Angestellte dazu gezwungen werden, Gesundheits- und Fitness-Tracker zu tragen
Vor allem Mitarbeiter in Jobs, die gefährlich und physisch anstrengend sind, werden zunehmend von ihren Arbeitgebern mit entsprechenden Devices auf ihren Gesundheits- und Fitnesszustand hin überwacht werden. Laut Gartner gilt dies besonders für Polizisten, Notfallärzte und Ambulanzpersonal sowie Feuerwehrleute. Sie könnten am ehesten dazu verdonnert werden, regelmässig Fitnessarmbänder zu tragen. Dies diene natürlich hauptsächlich deren Schutz, heisst es. So könnten Parameter wie Herzschlag und Atmung überwacht werden, um Stresssituationen bei der Arbeit frühzeitig zu erkennen und Hilfe zu schicken. Nächste Seite: Auf ins Post-App-Zeitalter
9. Bis 2020 werden smarte Agenten 40 Prozent unserer mobilen Interaktionen bewerkstelligen
Damit bricht das Post-App-Zeitalter an. Intelligente Agententechnik in Form von virtuellen persönlichen Assistenten (VPA) werden die Inhalte und das Verhalten der Anwender im Auge behalten. Dabei werden sie mit neuronalen Netzen in der Cloud zusammenspannen und Datenmodelle erstellen, aus diesen dann die Technik ihre Schlüsse zu Menschen, Inhalten und Zusammenhängen ziehen wird. Dadurch werden VPA in der Lage sein, die Bedürfnisse der Nutzer vorherzusagen, Vertrauen zu bilden und schlussendlich autonom im Namen des Anwenders zu agieren.
10. Bis 2020 werden an 95 Prozent der Cloud-Security-Vorfälle die Anwender schuld sein
Sicherheit wird auch in Zukunft ein grosses Thema bei der Verwendung von Public-Cloud-Angeboten sein. Allerdings werde nur ein verschwindend kleiner Teil der Sicherheitsvorfälle auf einen Fehler des Cloud-Providers zurückzuführen sein, ist Gartner überzeugt. Allerdings würden die Anwender nicht davon ausgehen dürfen, dass alles, was sie in der Cloud machen, gut abgesichert sein werde. Weitere Analysen finden sich im Gartner-Bericht «Top Strategic Predictions for 2016 and Beyond: The Future Is a Digital Thing».



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