23.11.2016, 12:39 Uhr

Digitalisierung und Offshoring bedrohen Schweizer KV-Jobs

Offshoring und Digitalisierung werden zunehmen auch zur Herausforderung für KV-Angestellte. Wer sich weiterbildet und flexibel ist, muss aber nicht zu viel befürchten.
In der Schweiz sind in den nächsten Jahren zwischen 30'000 und 99'000 Jobs im kaufmännischen Bereich durch Offshoring und Digitalisierung gefährdet. Das ist ein Ergebnis zweier Studien, die der Kaufmnnische Verband in Auftrag gegeben hat. So geht das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) in seiner Studie Offshoring und Wandel der Berufsbilder davon aus, dass aufgrund der Frankenstärke und daraus resultierender verteuerter Exporte und vergünstigter Importe viele Schweizer Unternehmen (vor allem grosse, international ausgerichtete) wieder vermehrt Outsourcing- und Offshoring-Projekte ins Auge fassen. Dieser Trend betrifft nicht mehr nur die IT und die Industrie, sondern zunehmend auch den Dienstleistungsbereich und somit auch die KV-Angestellten. Das EHB rechnet damit, dass Mitarbeitende im kaufmännischen Bereich mit Grundbildung stärker betroffen sein werden als jene mit höherer Berufsbildung. Das bestätigt, dass die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften in der Tat stetig steigt. Die Ansprüche an Auszubildende werden daher, vor allem in der Grundausbildung, steigen. Die Studienautoren schätzen, dass heute rund 130'000 KV-Angestellte Weiterbildungsbedarf haben. Gleichzeitig betonen sie aber, dass nicht die Gesamtzahl der exponierten kaufmännischen Beschäftigten auch tatsächlich über kurz oder lang ausgelagert werde.

Digitalisierung verstärkt Offshoring

«Die Anzahl der betroffenen Arbeitsstellen genau vorherzusagen, ist schwierig, da die Digitalisierung das Offshoring verstärkt oder gar ersetzt», erklärt Christian Zünd, CEO Kaufmännischer Verband. Die Bereiche Rechnungswesen, IT, Kundenbetreuung, Human Resources, Business Management und Procurement (vgl. Grafik 1) sind besonders vom Dienstleistungs-Offshoring betroffen.
Zudem werden sich jene kaufmännischen Tätigkeiten, die erhalten bleiben, von ausführenden zu koordinierenden, analytischen und strategischen Tätigkeiten entwickeln und fordern von den kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Angestellten neue Kompetenzen (vgl. Grafik 2).
Die zweite Studie Digitalisierung und die Zukunft kaufmnnischer Berufsbilder der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) zeigt, wie sich die Digitalisierung mittlerweile auf alle Berufsbilder auswirkt. Während sich KV-Berufe zu Querschnittsfunktionen entwickeln, bei denen koordinierende Tätigkeiten wichtig sind, werden Routineaufgaben wie Ablegen von Akten oder die Selektion von Bewerbungsdossiers per Algorithmus zunehmend von Robotern, respektive Software-Systemen übernommen. Nächste Seite: Generalisten gefragt Gefragt sind künftig Mitarbeitende, die über hohe Sozialkompetenzen verfügen, mit neuen Technologien und Kunden umgehen können, über hohe Allgemeinbildung verfügen und sich in einem Fachgebiet spezialisiert haben. Die Spezialisierung finde dabei innerhalb von Funktionen und nicht mehr entlang von Branchen statt, da die Bedeutung von Branchen aufgrund der Digitalisierung schwinde (vgl. Grafik 3), so die Studienautoren.
Aber es gibt auch gute News: «Die Arbeit wird interessant, kreativ, wenig repetitiv, aber auch sehr anspruchsvoll», sagt Prof. Dr. Sybille Sachs, Studienverantwortliche und Leiterin des Institutes für Strategisches Management an der HWZ. Arbeitnehmer werden künftig eher projekbasiert beschäftigt, statt fest angestellt und Teams setzen sich immer wieder neu zusammen. KV-ler entwickeln sich also vom Sachbearbeiter zu Managern, Vermittlern und «Portfolioworkern». Nächste Seite: Welche Jobs sind in Gefahr?

Ist mein Job in Gefahr?

Wer wissen will, welche Jobs in der Schweiz durch die Digitalisierungswelle bedroht sind, für den gibt es vom Arbeitnehmerverband «Angestellte Schweiz» seit gestern ein Tool. Es zeigt auch, für welche Stellen ein besonders hohes Offshore-Risiko besteht. Dieses scheint für IT-Jobs besonders hoch zu sein (vgl. Grafik 4).
Generell wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird. Zum einen dürften zwar in Zukunft viele Jobs wegfallen, aber auch andere, neue geschaffen werden. Und: Wenn die Entwicklung in der Schweiz weiterhin so «rasant» voranschreitet wie beispielsweise im E-Government, beim Mobile Payment oder bei der Einführung einer nationale Digital ID, können wir uns noch ein paar Jahre in Sicherheit wähnen.



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