12.06.2013, 11:45 Uhr
Die GovCloud bleibt wolkig
Am zweiten Open Cloud Day, organisiert vom Verein /ch/open, lag ein Fokus auf der Government Cloud. Das Fazit: Es bleibt noch viel zu tun.
Wie schon am ersten Open Cloud Day, organisiert vom Verein /ch/open fanden sich über 100 Interessierte in der ZHAW Winterthur in einem wenig schmucken Hörsaal ein. Willy Müller, der Cloud-Beauftragte des Bundes, resümierte, dass der Startschuss für die Cloud-Strategie des Bundes (Zeitrahmen 2012 - 2020) im Oktober gefallen ist. Dies nachdem dem Fachausschuss eine Risikobeurteilung (PDF) vorgelegt wurde (Illustration unten). Danach erklärte Müller mit ein paar Beispielen, wie die Bundesverwaltung jetzt schon dank Cloud-Diensten Millionen spare. Konkret ging es um das Online-Befragungstool Survalyzer.com, welches vom Bundesamt für Gesundheit eingesetzt wird. «Da haben wir eine Million Franken Steuergelder gespart» erklärte Müller stolz. So ein Projekt - also eine anonymisierte Online-Befragung via Browser - koste intern nun mal so viel. Als weiteres Beispiel nannte Müller ein Cloud-basiertes Prozessplanungstool, welches billiger einzuführen war, als ein internes Projekt aufzugleisen. «Nur schon das Vorprojekt hätte mehr gekostet, als das im Einsatz stehende Tool» sagte Müller. Solche Engagements sind übrigens in der Cloud Strategie des Bundes als strategische Eckpfeiler unter «Cloud First» definiert. Das stösst natürlich nicht nur auf Gegenliebe, wie er gegenüber der Computerworld ausführt. Die Bundes-IT sei ein eher starres Gebilde und es brauche viel Überzeugungsarbeit. SwissTopo zum Beispiel, der mehrfach prmierte GeoInformationsdienst des Bundes, kann durchaus als leuchtendes Beispiel aufgeführt werden, wenn es um cloud-basierte und offen zugängliche Behördensysteme für die Bevölkerung geht.
Müller schloss seinen Vortrag mit der Aufforderung an Wissenschaft, Forschung und IT-Industrie, sich jetzt mit Konzepten und Projekten zu melden, damit die Cloud-Strategie des Bundes auch tatsächlich zum fliegen kommt. Er hofft dabei auf viel private Initiative, denn mit der Verabschiedung der Strategie ist zumindest eine erste Hürde gefallen und macht den Weg auch in den Kantonen und Gemeinden frei. Wir haben vor 2 Jahren ein Interview zur Cloud-Strategie des Bundes mit den Verantwortlichen geführt. Auf der nächsten Seite: Netcetera mit eigenen Plänen.
Netcetera mit eigener GovCloud-Initiative
Eine solche private Initiative präsentierte Jens Piesbergen, Program Manager der «Swiss Government Cloud» der Firma Netcetera. Er präsentierte seine Vision dieser GovCloud. IBM unterstützt die Initiative und stellt den Infrastrukturlayer sowie Kapazitäten im Business Development zur Verfügung. Im Oktober wird das Portal ePolice aufgeschaltet - ein Online-Polizei-Schalter für die Bevölkerung. Mit dabei sind die Kantone Bern, St. Gallen, Zug, Luzern und Zürich. Weitere Projekte sind in der Pipeline. So wird ein Prozessabbildungsapplikation sowie eine Lösung für das Zivilstandswesen umgesetzt. Mobility ist ebenfalls ein grosses Thema; so soll die Distributions-Seite des E-Governments mit Apps unterstützt werden. Auch Jens Piesbergen ist zuversichtlich, dass durch die Verabschiedung der Cloud-Strategie des Bundes die «Blockade» ein wenig gelöst wird. Vor allem auf Gemeindeebene hofft er auf einen grossen Schub. Doch das föderalistische System der Schweiz sei nicht gerade förderlich für eine nationale eGovernement-Strategie und Piesbergen verwies auf das ungenügende Abschneiden der Schweiz im Vergleich zum Ausland. «Punktuell gibt es in der Schweiz durchaus Vorzeigeprojekte, doch es bleibt Stückwerk» ist sein Fazit.
Die Deutschen machens vor
Wenn die eingeladenen Redner zur GovCloud als Pulsmesser der Schweizer Bestrebungen genommen werden, dann hat man geradezu neidisch auf die Präsentation von Kerstin Mende-Stief über die «Deutsche Wolke» geschaut. Die «Cloud Made in Germany» ist eine Initiative der Open Source Business Alliancemit Sitz in Stuttgart und macht sich für Open Source Cloud Lösungen stark. Die Hard- und Software Bausteine werden von diversen mittelständischen deutschen Unternehmen bereitgestellt. Die Partner-Liste ist lang, die technologische Power beeindruckend. Fazit: Im GovCloud-Bereich bleibt für die Schweiz noch einiges zu tun. Der Zug ist zwar in Bewegung, aber abgefahren ist er noch nicht.