Interview Patric Märki 04.05.2018, 06:00 Uhr

«Banken haben noch Potenzial bei der Kundenansprache»

Die Analytik kann Banken und allen anderen Branchen helfen, neue Geschäftspotenziale zu erschliessen. Dabei sind die Herausforderungen im deutschsprachigen Raum ähnlich, weiss Patric Märki von SAS.
Patric Märki von SAS hält die Analytik-Herausforderungen von Firmen im DACH-Raum für vergleichbar
(Quelle: SAS)
Die Unternehmen im deutschsprachigen Raum setzen je länger, je mehr im Geschäft auf Analytik-Technologie. Auf diesem Gebiet ist SAS ein Spezialist. Der Anbieter hat sich jüngst neu aufgestellt in der DACH-Region, um die Kunden besser bedienen zu können, sagt der Länderverantwortliche Patric Märki im Interview.
Computerworld: In Ihrer neuen Funktion sind Sie für den gesamten DACH-Raum zuständig. Werden Sie einen neuen Schweizer Country Manager rekrutieren?
Patric Märki: Nein. Ich habe im vergangenen Jahr die Organisation grundsätzlich neu aufgestellt. Unter anderem habe ich die horizontale, Länder-spezifische Unternehmung aufgelöst und durch vertikale Einheiten ersetzt. Der Grund war, dass SAS im DACH-Raum je länger, je mehr mit sehr ähnlichen Chancen und Risiken konfrontiert ist. Das kann einerseits ein Marketing-Instrument sein, das sich in dem einen Markt bewährt hat und für die anderen Länder übernommen werden kann. Andererseits kann es ein Werteversprechen sein, das von den deutschen Kunden überhaupt nicht anerkannt wird. Diese Erfahrung können wir den Kollegen in der Schweiz und in Österreich dann ersparen.
Wie ist die neue Organisation aufgestellt?
Märki: Heute gibt es in der DACH-Region von SAS einen Banken-Verantwortlichen, einen Versicherungs-Chef und zum Beispiel einen Bereichsleiter für die Life Sciences. Sie haben Teams mit Branchenfokus, die für alle drei Länder zuständig sind. So können wir Synergien besser nutzen. Der Nachteil ist, dass in einigen lokalen Büros weniger Kohäsion vorhanden ist. Insbesondere in der Schweiz und in Österreich gibt es bisherige Teamkollegen, die neu mehrere Chefs haben. In Deutschland ist die Organisationsform schon nichts mehr neues, denn die Mitarbeiter dort sind schon lange Jahre mit dem Branchenfokus vertraut.
Die Umstellung ging so weit, dass auch die administrativen Funktionen eine nach den Sparten ausgerichtet sind. Die Kollegen im HR sind spezialisiert auf Branchen: Wenn wir ein Talent suchen für die Assekuranzen, können wir uns an einen Personalverantwortlichen für den Versicherungsmarkt wenden.
Sind die Herausforderungen der Banken tatsächlich so ähnlich, dass ein Kollege aus Deutschland einen Schweizer Kunden von SAS beraten kann?
Märki: Eindeutig ja. Die meisten Branchen beschäftigen sich im gesamten deutschsprachigen Raum jeweils mit sehr ähnlichen Themen. Die Banken sind dafür ein sehr gutes Beispiel. Nehmen Sie das Thema Regulation oder auch das Thema einheitliche Kundenansprache über alle Kanäle hinweg – die Herausforderungen sind für Banken in der Schweiz, in Deutschland oder auch in Österreich fast identisch. Deshalb bewährt sich unsere vertikale Organisation, weil wir unser Know-how in diesen Belangen über Ländergrenzen hinweg einsetzen können.
Allerdings ist nichts in Stein gemeisselt. Was heute gut funktioniert, kann morgen wieder den Marktzugang verschliessen. Deshalb sind wir offen für Veränderung. Die internen Strukturen müssen sich zu jeder Zeit flexibel an den Markt- und Kundenbedürfnissen anpassen können.
Sind die Installationen On-Premises eine Gemeinsamkeit von SAS-Kunden im DACH-Raum?
Märki: Ja, wir haben weiterhin sehr viele lokale Installationen bei neuen Projekten. Aber der Entscheid liegt beim Kunden: Wenn er On-Premises will, bekommt er On-Premises. Wenn er einen Service aus der Steckdose will, bekommt er den Service. Wir machen keine Vorgabe, wie der Kunde unsere Software idealerweise nutzen soll.
Einer Ihrer Marktbegleiter – Microsoft – nötigt die Kunden schon fast in die Cloud.
Märki: Die Cloud wird früher oder später in vielen Bereichen das Deployment-Format der Wahl sein. Aber eben nicht in allen Bereichen. SAS investiert deshalb viel Geld in Cloud-Lösungen, wie auch in On-Premises.
Jenseits dieser Fragestellung werden sich Konzepte wie unser «Results as a Service» je länger, je mehr durchsetzen. Sie ersparen es dem Kunden, zwangsweise eigene Expertise in verschiedenen Bereichen aufbauen zu müssen. Oder sie kommen als «Lückenbüsser» zum Einsatz, bis die Expertise aufgebaut ist. Beides ist ein Hybrid-Ansatz: Die Daten bleiben im Haus, die Analyse kommt aus der Cloud.

Defizite bei Personal und IoT

Haben Sie in allen drei Ländern die Schwierigkeit, Fachleute zu finden?
Märki: Ja, der «War for Talents» ist entbrannt. Uns helfen Auszeichnungen wie der «Great Place to Work», der den Kandidaten signalisiert, dass er in unserem Unternehmen gute Arbeitsbedingungen vorfindet. Auch nützt uns die Tatsache, dass wir die Fachleute nicht mehr in allen drei Märkten benötigen. Die personellen Ressourcen können wir durch die vertikale Organisation besser verteilen.
Was fehlt SAS? Was machen die Wettbewerber allenfalls besser?
Märki: Nur zu gerne würde ich sagen: Bei uns ist alles perfekt, es fehlt an nichts. Das wäre aber zu viel des Eigenlobes.
Der Erfolg ist eine Kombination zweier Faktoren: einerseits der Qualität der Produkte und Dienstleistungen sowie andererseits dem Verständnis für die Kundenbedürfnisse. Es ist wie beim Hausbau, den ich gern als Metapher verwende: Der Bauherr weiss, was er will. Wenn er auf einen Handwerker trifft, der ihn versteht, bekommt er das gewünschte Eigenheim. Dabei ist die gute Werkzeugkiste notwendig, aber nicht hinreichend.
SAS hat laut Patric Märki bei Technologien für das Internet of Things noch Potenzial
Quelle: SAS
Wo hat SAS allenfalls noch Potenzial?
Märki: Das Internet of Things ist ein noch sehr neues Feld, auf dem die Kunden und damit auch SAS noch viel Potenzial haben. Die Möglichkeiten sind schier unerschöpflich, für beide Parteien.
Was sagen Sie zu der These: Die Banken arbeiten heute lediglich mit einem kleinen Bruchteil ihrer Daten.
Märki: Sicher haben hier viele Banken noch ungenutztes Potenzial, gerade bei der Kundenansprache. Das wird zum Beispiel im Vergleich mit dem Retail deutlich. Der Handel war und ist durch niedrige Margen und extrem hohen Wettbewerbsdruck gezwungen, in Sachen individuellen Omni-Channel-Kundendialog zu investieren. Die Banken sind hier oft noch nicht so weit – meine Bank spricht mich im Prinzip genauso an wie sie meine deutschen Kollegen anspricht. Wobei allgemein gilt: Wenn sich die Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen näher mit Analytics beschäftigen, finden sie schnell selbst heraus, wo ihre Potenziale liegen und wie gross diese tatsächlich sind.

Zur Person: Patric Märki

leitet seit dem 1. Januar 2017 das Geschäft von SAS in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Zuvor war er seit 2012 Managing Director von SAS Schweiz. Davor war Märki in Führungspositionen für IBM und CA Technologies tätig. Der studierte Informationstechniker (Fachhochschule Nordwestschweiz) verfügt über einen Doctor of Business Administration der Charles Sturt University in Sydney sowie einen MBA der Universität St. Gallen.



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