Weg mit dem Ballast!

SAP-Nutzer: Weg mit dem Ballast!

Entrümpeln ist nötig

Ein neues SAP-Release bietet die willkommene Chance, die Altlasten abzubauen. Denn es beinhaltet in aller Regel eine ganze Reihe von zusätzlichen Features, welche Anwender zuvor in Eigenregie programmiert hatten, um Lücken zu schliessen. Wer also das Upgrade nutzt, um die selbst geschriebenen Programme durch die mit dem Releasewechsel von SAP als Standardfunktionen gelieferten Features zu ersetzen, kann den Release-Wechsel beschleunigen. Überdies werden Standard-Features bei jedem Software-Update automatisch aktualisiert. Eigenentwicklungen müssen hingegen von den Firmen aufwändig angepasst und getestet werden. Das freut zwar den SAP-Partner, treibt aber die Betriebs- und Projektkosten in die Höhe. Eine Tatsache die gemäss West Trax von vielen Anwenderunternehmen häufig unterschätzt wird und die erhebliche Einsparpotenziale birgt. Diese können, abhängig von der Branche, erheblich sein. In der chemischen Industrie könnten Firmen laut West Trax durchschnittlich mehr als 1,5 Millionen Franken jährlich einsparen, wenn sie nicht benötigte Eigenentwicklungen entfernen würden.

Schlecht informierte Anwender

Erstaunlicherweise wissen sehr viele SAP-Kunden deutlich zu wenig über das Funktionsangebot der Applikationen. Hier scheint zumindest bei der Informationspolitik sowohl des Herstellers als auch seiner Partner einiges im Argen zu liegen. Diana Bohr hat festgestellt, dass kaum jemand die neuen Features der aktuellen SAP-Software ERP 6.0 im Detail kennt. Überall sei meist nur von Netweaver die Rede und die SAP-Kunden wüssten ganz generell nicht, wo sie entsprechende Informationen herbekommen sollten. Bohr vergleicht die Situation mit einem Excel-Anwender, der die Spaltenaddition der Microsoft-Software nicht kennt und eine Spalte voller Zahlen deshalb mühsam von Hand mit dem Taschenrechner aufaddiert.
Allerdings darf man diese bedenkliche Situation natürlich nicht einzig und allein dem Hersteller in die Schuhe schieben. Vielmehr scheint es so, als wollten die Anwender ihre SAP-Systeme gar nicht stärker verändern, als un-bedingt nötig. So planen laut West Trax die meisten Firmen, die derzeit ihre R/3-Systeme gegen ERP 6.0 austauschen, einen rein technischen Umstieg. «An Prozessverbesserungen wagen sich die IT-Abteilungen oft nicht heran», konstatiert die West-Trax--Expertin.
Eine Zurückhaltung, die schon seit Jahren zu beobachten ist. Die Experten kennen einige ERP-Umgebungen mit Release-Stand R/3 4.6C oder 4.7, die in Sachen Funktionsumfang bei der Version 3.1i stehen geblieben sind. Bohr zufolge fehlt - wie so oft - der Dolmetscher zwischen IT-Spezialisten und den Fachbereichen. Letztere wüssten zwar häufig sehr genau, wie Prozesse aussehen sollten. Doch sie kennen die zur Verfügung stehenden Software-Funktionen nicht im Detail.
Allerdings erkennt Bohr auch Licht am Ende des Tunnels: «Vor einem Jahr fanden wir kein einziges SAP-System, bei dem der Anteil der Standardfunktionen mehr als 70 Prozent ausmachte. Das hat sich bei der Analyse 2007 geändert.» Der Wechsel beruhe einerseits auf Systemoptimierungen. Ferner sei es den Firmen aus Kostengründen ohnehin nicht mehr möglich, so viel selbst zu entwickeln wie früher: «Heute überlegen die IT-Experten viel genauer, ob sich eine von der Fachabteilung gewünschte Funktion nicht auch durch eine Standardtransaktion abdecken lässt, wenn auch vielleicht nicht zu 100 Prozent.»
Frank Niemann



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