Best Practice 30.08.2021, 08:00 Uhr

M&A als aktive Unternehmensentwicklung

Inzwischen häufen sich auch in der vergleichsweise jungen ICT-Branche die Firmenverkäufe. Gefragt sind Investoren, die Zukunft gestalten wollen und können.
Das klare Verständnis von Ausgangslage und Ambitionen sind Schlüssel für erfolgreiche M&A-Deals
(Quelle: plainpicture/amanaimages/UBS)
Noch bis vor Kurzem war es eher ungewöhnlich, wenn Software-Unternehmen oder IT-Serviceanbieter zu langjährigen Jubiläen eingeladen haben. Doch die Zeiten ändern sich auch in der relativ jungen ICT-Branche. Immer öfter trifft man auf Firmengründer und -besitzer, auf deren Agenda die Frage nach der richtigen Eigentümerstrategie steht. Der Bund hat zuletzt über 75'000 Firmen ausgewiesen, bei denen ein Generationenwechsel oder Verkauf ansteht, rund 2'500 davon aus dem IT- und Telekom-Umfeld. Meistens handelt es sich allerdings um Kleinst­firmen. Bei Transaktionsvolumen mit mehr als 5 Millionen Franken waren es im Jahr 2020 etwas mehr als 130 Schweizer KMU aus dem ICT-Umfeld, bei denen Nachfolgeregelungen aufgegleist wurden oder ein Verkauf stattfand. Gemäss Mergermarket haben sich die M&A-Transaktionen in der Schweiz, Deutschland und Österreich im ICT- und Telekom-Umfeld seit 2016 um 50 Prozent erhöht.
Das Interesse von Investoren an Unternehmen der ICT-Branche war und ist sehr hoch und die Pandemie hat die Nachfrage nochmals erhöht, nicht zuletzt auch aufgrund attraktiver Wachstumsaussichten. Laut den Analysten von Gartner wird das Software-Business bis 2025 jährlich um über 11 Prozent zulegen und das IT-Servicegeschäft um mehr als 8 Prozent. Und die guten Zahlen finden sich auch bei kleineren ICT-Anbietern und -Firmen mit klarer Alleinstellung, die erneut das erwartete Gesamtmarktwachstum übertreffen sollen. Laut Marcel Waller, der bei UBS M&A Advisory Entscheidungsträger und Unternehmer bei strategischen Transaktionen berät, locken diese Wachstums­erwartungen erfahrungsgemäss weitere Investoren an. Das spiegelt sich in den aktuell meist hohen Unternehmens­bewertungen wider.

Zukunft aktiv gestalten

Doch wird sich niemand mit dem Blick auf den Markt begnügen, um sein Unternehmen in neue Hände zu geben. Grundsätzlich hat man ja die Wahl zwischen einer Nachfolge in der Familie, der Übergabe ans Management oder eben den Verkauf an Externe. Nur in Ausnahmefällen ist ein Börsengang eine Option. Doch können die Varianten ganz unterschiedlich ausgestaltet werden. Vorab, erklärt Waller, sind gewisse Brancheneigenarten zu beachten. So habe er in den 15 Jahren seiner Arbeit im M&A-Umfeld die Erfahrungen gemacht, dass bei erfolgreichen ICT-Unternehmen, anders als in anderen Branchen, eine familieninterne Nachfolge beispielsweise aufgrund der oftmals hohen Spezialisierung weniger üblich ist.
Ein weiterer limitierender M&A-Faktor sei im ICT-Umfeld, dass gerade in Zeiten hoher Firmenbewertungen – wie aktuell – der Verkauf an das bestehende Management eher selten ist: «Wenn der Unterschied zwischen der Markt­bewertung einer Drittpartei und der Verschuldungsfähigkeit des Managements respektive der Firma signifikant ausfällt, macht ein Management-Buy-out für den Verkäufer wenig Sinn», sagt Waller. Allerdings verweist er auch da­rauf, dass sich die Nachfolgegestaltung bei Software- und IT-Servicefirmen selten allein auf den Preis fokussiere.Aber gerade weil bei Unternehmern aus dem ICT- oder Technologieumfeld meist Wachstum im Vordergrund steht, muss ein ganzes Bündel von Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören neben der Positionierung des Unternehmens und dem Umsatzmodell auch die Skalierbarkeit, Integrationsfähigkeit in wichtige Um- beziehungsweise Ökosysteme oder auch mögliche Technologieschulden, um nur eini­ge zu nennen. Vielmehr reichen all diese harten und wichtigen Aspekte noch nicht aus. Auch weiche Faktoren, wie die Wünsche des Verkäufers oder die im Laufe der Jahre entstandene Unternehmenskultur, wollen berücksichtigt sein.
Zur Person
Marcel Waller
UBS
Marcel Waller ist M&A-Experte bei UBS M&A Advisory. Er verfügt über jahrelange Beratungserfahrung bei der Evaluation und Durchführung von M&A-Transaktionen. Als ehemaliger Leiter Unternehmensentwicklung und M&A eines Schweizer Konzerns kennt Waller das weite Feld von Transaktionen von beiden Seiten aus eigener Erfahrung.



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