Gastbeitrag
26.08.2022, 07:15 Uhr
«Es hört doch jeder nur, was er versteht»
Fakt ist, dass ein Grossteil der Digitalisierungsvorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Laut Studien liegt die Erfolgsquote bei lediglich 15 bis 30 Prozent. Wie gelingt es trotzdem, eigene Projekte erfolgreich abzuschliessen?
Der Autor: Florian Baumann ist Partner bei der Valion AG und Spezialist an der Schnittstelle zwischen Business und IT. www.valion.ch/psdd
(Quelle: Valion AG)
Vor rund 200 Jahren sagte Johann Wolfgang von Goethe: «Es hört doch jeder nur, was er versteht.» Trotz ausgefeilter Kollaborations- und Kommunikations-Tools hat die so treffend formulierte Aussage nicht an Aktualität eingebüsst. Insbesondere an der Schnittstelle zwischen Business und IT, wo faktisch die Digitalisierung umgesetzt und der zukünftige Unternehmenserfolg geprägt wird, scheinen die Grundlagen für gemeinsames Verständnis und reibungslose Zusammenarbeit alles andere als gegeben.
Vier Ratschläge
Vier Kernelemente haben sich in unserer Beratungspraxis bewährt, um eine optimale Zusammenarbeit und damit den Erfolg von Digitalisierungsvorhaben zu ermöglichen:
Verfassen Sie ein Vision Statement: Unabhängig von der Grösse des Vorhabens braucht es eine gemeinsame Vision. Diese soll sich konsequent am strategischen Imperativ – dem Kunden – ausrichten. Bei allen Entscheidungen geben die Fragen «Wie trägt die angestrebte Veränderung dazu bei, Kundenerwartungen zu prägen?» und «Womit generieren wir einen messbaren Mehrwert für unsere Kunden?» den Kurs vor.
Richten Sie die Prozesse am Kunden aus: Eine reine digitale «Anreicherung» bestehender Funktionslogiken führt oftmals nicht zur erhofften Verbesserung. Treffend formulierte es der ehemalige CEO von Telefónica Deutschland: «Wenn Sie einen Scheissprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiss digitalen Prozess.» Es braucht eine konsequente Ausrichtung der Prozesse auf die Erfüllung der Erwartungen an den Kunden-Touchpoints, denn der Erfolg misst sich an der Kundenwirkung.
Investieren Sie genügend Zeit bei der Besetzung des Umsetzungsteams: Insbesondere das effektive Zusammenspiel zweier Rollen über den gesamten Projektverlauf ist von zentraler Bedeutung:
- Der Prozessspezialist ist für die Modellierung des Soll-Prozesses aus einer Kundenoptik verantwortlich und eruiert den Bedarf an technischer Unterstützung für einen optimalen Prozessablauf.
- Der Product Owner erarbeitet und priorisiert zusammen mit dem Prozessspezialisten die Anforderungen und sorgt mit dem Solution Architect für die optimale technische Umsetzung.
Bestehen Sie auf User Stories und einem gemeinsamen Refinement: Nach Ausrichtung der Prozesse entlang der relevanten Kunden-Touchpoints werden die Anforderungen an die IT-Unterstützung identifiziert. Der konsequente Einsatz von User Stories hat sich als Instrument zur Verknüpfung der fachlichen Prozesssicht und der technischen Umsetzung bewährt. Im Rahmen des Refinements werden die User Stories gemeinsam geschärft und ein einheitliches Verständnis erzielt.
Unser Fazit
Die Differenz des Aufgabenbereichs und damit einhergehende Unterschiede bezüglich Skills und Mindset von IT- und Business-Vertretern bilden eine grosse Herausforderung bei Projekten. Die am Kunden ausgerichtete Vision, ein prozessorientierter Ansatz, die optimale Rollenbesetzung und der effiziente Einsatz der richtigen Instrumente bilden die gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit. Sie sind die zentralen Erfolgsfaktoren bei Digitalisierungsvorhaben.