15.06.2016, 14:45 Uhr

Erst 5G gibt selbstfahrenden Autos Schub

Erst die nächste Mobilfunkgeneration 5G dürfte selbstfahrenden Autos eine weitere Verbreitung ermöglichen. Grund dafür ist unter anderem die viel schnellere Reaktionszeit gegenüber 4G.
Erst die nächste Mobilfunkgeneration 5G dürfte selbstfahrenden Autos eine weitere Verbreitung ermöglichen. Grund dafür ist unter anderem die viel schnellere Reaktionszeit der fünften Mobilfunkgeneration gegenüber der heutigen Mobilfunktechnologie 4G (oder auch LTE genannt). Während 4G eine Latenzzeit, also eine Verzögerung, von 30 bis 50 Millisekunden hat, werde die neue fünfte Mobilfunkgeneration lediglich 1 Millisekunde Latenz haben, sagte 5G-Spezialistin Zhu Peiying an den Innovationstagen des chinesischen Telekomausrüsters Huawei in Paris. Damit können Bremsbefehle in Echtzeit über das Mobilfunknetz erteilt werden, wofür 4G zu langsam ist. Jetzige selbstfahrende Autos seien unabhängig voneinander, sagte David Ewalt vom US-Wirtschaftsmagazin «Forbes»: «Die haben Computer an Bord, welche die jeweilige Verkehrssituation analysieren.» Das sei zwar eine grossartige Technologie, aber richtig von Vorteil wäre es, wenn die Autos vernetzt wären. Dann könnten die fahrerlosen Vehikel live Updates zur Verkehrslage erhalten und auf neue Navigationsbefehle oder plötzliche Gefahren reagieren. Ein verunfalltes Auto könnte beispielsweise andere Fahrzeuge warnen und gleichzeitig die Notfallzentrale alarmieren. «Mit 5G bremst ein vernetztes, fahrerloses Auto nicht mehr zu spät, weil das Netzwerk zu langsam ist», sagte Ewalt.

Schub für das Internet der Dinge

Aber nicht nur für selbstfahrende Autos, sondern auch für andere Bereiche bringt 5G Vorteile. So können sich mit 5G bis zu 1 Million Geräte pro Quadratkilometer ins Mobilfunknetz einloggen. Das sind 100 Mal mehr als heute. Damit dürfte das Internet der Dinge Schub erhalten und erst dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, viele selbstfahrende Autos mit dem Internet zu verbinden. Denn es wäre fatal, wenn ein fahrerloses Auto plötzlich die Netzverbindung verlieren und orientierungslos herumfahren würde. Aus dem Internet der Dinge ergeben sich beispielsweise Vorteile im Gesundheitswesen: So können intelligente Tablettenschachteln die Ärzte informieren, wenn ein Patient seine Medikamente vergessen hat. Oder Kühlschränke in den Spitälern würden das Personal warnen, wenn der Inhalt zu verderben droht. Aber nicht nur Autos oder Tablettenschachteln, sondern auch Haushaltsgeräte, Klimaanlagen oder Industrieroboter usw. werden im Internet der Dinge miteinander verbunden. Das ermöglicht ganz neue Geschäftsmodelle, Herstellungsverfahren, Produkte und Dienstleistungen. Bis 2025 rechnet Huawei weltweit mit 100 Milliarden vernetzten Geräten.

Frühestens 2020

Zudem bringt die fünfte Mobilfunkgeneration eine Geschwindigkeitssteigerung um Faktoren. Sie wird eine Bandbreite von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) erreichen. Das ist 33 Mal schneller als heute (maximal 300 Megabit pro Sekunde). Damit können etwa Chirurgen Fernoperationen ausführen, weil sie kristallklare Bilder von ihrem Patienten empfangen können. 5G sei nicht nur eine einfache Weiterentwicklung von 4G. Es sei vielmehr die neue Infrastruktur von einer vernetzten, intelligenten Welt, zeigte sich Ewalt euphorisch, der eine von Huawei gesponserte Studie zu 5G durchgeführt hat: «Wenn 5G-Netzwerke online gehen, werden sie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Wachstum auf beispiellose Art und Weise ankurbeln.» Doch bis dahin gehen noch fünf bis zehn Jahre in Land. Denn obwohl alle über 5G reden, ist der Standard noch gar nicht abschliessend definiert. Nur, wenn sich Netzbetreiber, Handy- und Gerätehersteller auf eine gemeinsame Technik einigen, wird 5G zum Erfolg. Denn der Nutzer ist sich gewohnt, dass er unabhängig von Handymarke und Netzbetreiber einfach überall auf modernste Technik zugreifen kann. Andernfalls wäre man wieder um zwei Jahrzehnte zurückgeworfen. In der Urzeit des Mobilfunks funktionierten nämlich europäische Handys in Asien und Amerika nicht. Bei einem technischen Durcheinander wäre das Internet der Dinge ein Netz mit grossen Löchern. Die beiden grössten Telekomausrüster der Welt, Huawei und Ericsson, haben bisher 2020 als Startzeitpunkt für 5G genannt. Aber ob die Telekomfirmen dann bereit sein werden, steht in den Sternen. In der Schweiz wollten bei einer früheren Anfrage weder Swisscom noch Sunrise oder Salt ein Einführungsdatum nennen.



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