5G-Betreiber werden ausgebremst
30.09.2020, 06:26 Uhr
5G: Diskussion statt Aktion
Seit Frühjahr 2019 - und damit vergleichsweise früh - sind Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) in der Schweiz in Betrieb. Aber trotzdem scheint 5G nicht zu dem Zugpferd geworden zu sein. Woran könnte es liegen? Eine Analyse.
Bei 5G gehen die Meinungen auseinander. Anstatt die moderne Mobilfunktechnik
rasch flächendeckend einzuführen, passiert wenig. Es wird diskutiert, ausgebremst und blockiert. Die Schweizer Wirtschaft droht, ins Hintertreffen
zu geraten
(Quelle: KEYSTONE/DPA/Martin Schutt)
Wie immer bei neuen Mobilfunktechnologien hat es auch bei 5G bereits im Vorfeld Nebengeräusche gegeben: sei es bei der Versteigerung der Funklizenzen durch die ComCom oder wegen Bedenken betreffend Strahlenschutz.
Noch nie haben Verbände und Bürgerinitiativen so vehement gegen eine neue Mobilfunktechnologie opponiert wie gegen 5G. Und noch nie waren wegen Social Media so viele Verschwörungstheorien im Umlauf, egal ob Vögel-, Bienen- oder Pflanzensterben durch 5G.
Der breite Widerstand manifestiert sich aber nicht nur in Einsprachen gegen 5G-Sender. So hört man (besonders aus der Westschweiz) von Beschädigungen an Fahrzeugen und Sendeeinrichtungen der drei Mobilfunkanbieter sowie von Angriffen gegen deren Mitarbeiter.
Dabei nutzt 5G nur weiterentwickelte Übertragungsverfahren in gängigen Frequenzbereichen, wie sie auch bei anderen Technologien wie etwa bei DECT-Telefonen oder WLANs verwendet werden.
5G: Erprobte Verfahren und Frequenzen
Die Versteigerung des für 5G nötigen Frequenzspektrums erfolgte Ende Januar/Anfang Februar 2019 unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch die eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom). Sie erbrachte einen Erlös von rund 380 Millionen Franken. Die Konzessionen haben eine Laufzeit von 15 Jahren.
Sechs Frequenzblöcke im 700-MHz-Band waren am begehrtesten, weil sie sich besonders zur Abdeckung ländlicher Gebiete eignen (grosse Reichweiten) und weil tieffrequente Signale leichter ins Gebäudeinnere eindringen. Für eine vernünftige Flächenabdeckung sind so weniger Sender erforderlich. Jede der mitbietenden Firmen konnte für sich maximal drei (sechs) Blöcke erwerben, wobei Swisscom drei, Salt zwei Blöcke, Sunrise aber nur einen Block ersteigerte.
Ebenfalls begehrt waren die 15 Frequenzblöcke im 3,5-GHz-Band, von denen sechs an Swisscom, fünf an Mitbewerber Sunrise und vier an Salt gingen. Dieses Band ermöglicht eine schnelle Datenübertragung und Verbindungen mit zahlreichen Geräten, was mit Blick auf das Internet of Things (IoT) von grosser Bedeutung ist.
Nachteil: Sender auf diesen Frequenzen erreichen nur geringe Distanzen und durchdringen Mauern, Fenster etc. deutlich schlechter. Von den restlichen Blöcken – 18 im 1400-MHz-Band und drei im 700-MHz-SDL-Band (Supplementary Downlink) – fanden nicht alle einen Abnehmer. Hier gingen 15 respektive zwei Blöcke an die drei Anbieter.
Schon bald danach startete der 5G-Rollout, was sich in einem ersten Schritt primär auf bestehende Senderstandorte beschränkte, um möglichst schnell eine vernünftige Abdeckung zu erzielen.
Sunrise und Huawei
Wenig überraschend war das aggressive Vorpreschen von Sunrise. So wurde vom Start weg «erstes Schweizer 5G-Netz» und «150 Orte mit 5G ab Ende März 2019» breit kommuniziert. Markenbotschafter Roger Federer liess man zur besten SRF-Sendezeit schon mal mit Augmented-Reality-Brille durchs heimische Wohnzimmer tapsen und er zeigte, wie sehr er sich schon auf 5G daheim freut. Da ein eigenes Anschlussnetz fehlt, versorgt Sunrise insbesondere ländliche Standorte via 5G Fixed Wireless Access (FWA) mit drahtloser Konnektivität.
Sunrise investierte im Geschäftsjahr 2019 460 Millionen Franken und plant für das laufende Jahr Investitionen (Capex) im Bereich von 410 bis 450 Millionen Franken, wovon der grösste Teil für den Netzausbau vorgesehen ist. Dank ihm waren im Juni 2020 über 554 Orte mit Highspeed 5G auf 3,5 GHz und bis zu 2 Gbit/s (Downstream) bzw. bis zu 300 Mbit/s (Upstream) versorgt. Davon profitieren über 80 Prozent der lokalen Bevölkerung, wobei Sunrise mit Basis 5G (auf 700 MHz mit bis zu 1 Gbit/s) 90 Prozent anstrebt.
Deren Hauslieferant Huawei steht trotz innovativer Technologie weiterhin in der Schusslinie. Die Chinesen sahen sich bereits im Festnetzbereich mit Spionagevorwürfen konfrontiert und nun auch bei 5G. Gemäss der US-Justiz soll Huawei 2019 gegen die Iran-Sanktionen verstossen haben und wurde in 13 Punkten angeklagt. Zudem wurden zwei Huawei-Tochterunternehmen in zehn weiteren Anklagepunkten Industriespionage vorgeworfen. Auch Australien und Neuseeland werfen Huawei eine zu grosse Nähe zum chinesischen Staat vor. Sie sehen den Konzern als Gefahr für ihre Cybersicherheit und haben ihn als 5G-Ausrüster ausgeschlossen. Dabei wird verdrängt, dass die meisten Elektronikkomponenten ohnehin in China produziert werden, so auch iPhones von Apple oder Router von Cisco.
Ericsson
Was des einen Leid, ist des anderen Freud, sagt der Volksmund. Vor dem Hintergrund dieses Handelskriegs hat der Telekommunikationsausrüster Ericsson Anfang März 2020 eine neue Produktionsstätte für 5G-Mobilfunkanlagen in Lewisville (Texas) in Betrieb genommen.
Das erste vor Ort hergestellte Produkt ist eine sogenannte Street-Macro-
Basisstation, die vor allem Ericsson-Kunden in Nordamerika beim Aufbau der 5G-Netze verwenden. Die Fabrik weist
einen hohen Automatisierungsgrad auf und dient zudem als Schaufenster, das die Möglichkeiten von 5G in der Fertigung demonstriert. So sind Maschinen und Bauteile via 5G-Campusnetz verbunden, das Lager und die Montage voll automatisiert, die Logistik direkt angeschlossen und autonome Wagen geplant.
Zunächst werden etwa 100 Mitarbeiter beschäftigt. Ericsson produziert ebenfalls in China, denn ohne lokale Fabrik kann man dort nichts verkaufen – so wie in den USA.
Swisscom baut seit Jahrzehnten ihre Mobilfunknetze mit Ericsson – von analogen Netzen wie Natel C über alle digitalen Generationen von 2G bis zu 5G. Der Provider verzeichnet auch wegen des Booms von Smartphones grosse Verkehrssteigerungen. So ist das Datenvolumen im Swisscom-Mobilfunknetz in den letzten sieben Jahren um das Vierzigfache gestiegen.
Neben Videostreams und Online-Games trägt auch das mobile Arbeiten dazu bei, wie das
intensive Arbeiten im Home Office während der letzten
Monate beweist. Daneben nutzen auch die Abos von Migros Mobile sowie seit 2019 jene von Coop Mobile und UPC (vormals Salt-Netz) das Mobilfunknetz von Swisscom.
… und Swisscom
Zudem transferieren junge Menschen unter 25 achtmal mehr Daten als ältere Menschen. Wenn also heute kein Ausbau erfolgt, besteht die Gefahr eines Datenstaus. Swisscom ist somit viel mehr als die Mitbewerber gezwungen, ihre Mobilfunknetze laufend auszubauen.
Bereits seit Ende 2019 sind mit 5G bereits 90 Prozent der Bevölkerung versorgt (5G-wide, Spectrum Sharing mit 4G). Hier sind Bitraten von bis zu 1 Gbit/s (Downstream) bzw. bis zu 50 Mbit/s (Upstream) möglich. Zusätzlich waren per Juli 2020 über 425 Anlagen an 233 Orten mit 5G+ in Betrieb (5G-fast).
Dort sind durch LTE-Aggregation heute bis zu 2,5 Gbit/s und bis in zwei Jahren voraussichtlich bis zu 3,5 Gbit/s möglich (Downstream) sowie heute bis zu 150 Mbit/s im Upstream.
Swisscom sagt dazu auf Anfrage: «Die Basisversion 5G nutzt seit Längerem dem Mobilfunk zugewiesene Frequenzen (5G-wide), die sukzessive für 5G genutzt werden. Dazu kommt die für die Vollversion 5G+ neu erschlossene Frequenz auf 3,5 GHz, die zuvor für TV-Reportagen verwendet wurde (5G-fast).
5G+ bietet sehr hohe Kapazitäten und Geschwindigkeiten, aber kürzere Reichweiten. Insgesamt sind beide Ausprägungen von 5G effizienter als die Vorgängertechnologien, sowohl punkto Energieverbrauch als auch in der Nutzung von elektromagnetischen Feldern. Um alle Möglichkeiten von 5G zu nutzen, braucht es die Vollversion mit neuer Hardware. Einem schnelleren Ausbau der Vollversion stellt sich jedoch das einmalig strenge Umweltregime in der Schweiz entgegen.»
Für Swisscom ist 5G ein wichtiger Baustein für die Digitalisierung in der Schweiz. «Geschäftskunden können mit 5G erstmals geschäftskritische Anwendungen über das
Mobilfunknetz betreiben, beispielsweise eine über 5G vernetzte Fabrikationsanlage.
Auch im Bereich IoT werden neue Anwendungen möglich. Auch die Privatkunden werden von höherer Geschwindigkeit und einer schnelleren Reaktionszeit profitieren. Wir benötigen es aber auch, um die steigenden Datenmengen zu bewältigen, denn 5G bringt wesentlich mehr Kapazität», teilt das Unternehmen mit.
Salt und seine Lieferanten
Deutlich verhaltener fiel der 5G-Start bei Salt aus, das zu seinen 5G-Plänen nur wenig kommuniziert. Vor dem 5G-Start hiess es aus Lausanne, man habe wiederum Nokia als Lieferanten gewählt, um 5G neu auf- und bestehende 4G-Netze auszubauen. Nokia habe nicht nur durch seine fortschrittliche technologische Kompetenz überzeugt, sondern auch durch die Zuverlässigkeit und Sicherheit, die für private Kunden und Unternehmen in der Schweiz unerlässliche Kriterien seien, erklärte Salt.
Im März 2020 erfuhr man aus der Medienmitteilung zum Finanzergebnis des Vorjahres, dass Salt künftig mit zwei Anbietern zusammenarbeitet: «Huawei wird Salt zur Stärkung des 3G-, 4G- und 5G-Netzes in bestimmten Teilen der Schweiz mit Funkzugangstechnik beliefern und so in Ergänzung zum Netzausbau durch Nokia ein optimales Kundenerlebnis gewährleisten.»
Mit Blick auf die Verdachtsmomente gegen Huawei wird man schnell beruhigt: «Die Lieferanten von Netzwerkkomponenten haben keinen Zugriff auf die Systeme von Salt und die sicherheitskritischen Netzwerkkomponenten werden weiterhin vollständig intern betrieben.»
Zu den Gründen des Kurswechsels erfährt man: «Der Entscheid zur Umstellung auf die Strategie mit zwei Anbietern wurde getroffen, um angesichts der raschen Entwicklung der 5G-Technologie die Robustheit des Netzausbauplans von Salt sicherzustellen.
Darüber hinaus verschafft sich Salt dadurch mehr Handlungsspielraum bei den Kosten.» Zum eigenen 5G-Status befragt, sagt Salt: «Unser 5G-Netz befindet sich zurzeit im Aufbau. Zum aktuellen Zeitpunkt möchten wir noch keine Angaben zum Einführungsplan und zur Anzahl Antennenstandorte machen.»
Position von Asut zu 5G
In einem Brandbrief beklagt der Telko-Verband Asut die Blockadehaltung auch der öffentlichen Hand. Für die Chancen von 5G hat der Verband eine Kampagne lanciert: Chance 5G.
Die Einführung einer neuen Mobilfunkgeneration ist nichts Neues. Die Einführung von 4G/LTE ab Anfang 2013 ging noch zügig voran.
Innerhalb von drei Jahren waren über 60 Prozent der Standorte
ausgerüstet und 2017 war 4G/LTE flächendeckend verfügbar. In dieser kurzen Zeitspanne wurden über 10 00 Mobilfunkanlagen angepasst und auf den neusten Stand gebracht.
Obwohl die funktechnischen Unterschiede zwischen 4G und 5G viel geringer sind als bei älteren Mobilfunkgenerationen, wird die Einführung von 5G verzögert oder gar blockiert. So hat bei neuen Anlagen oder bei Umbauten die Zeitdauer
bis zum Vorliegen einer erstinstanzlichen Baubewilligung seit 2018 um 37 Prozent zugenommen und dauert heute über sieben Monate.
Rekurse bis zum Bundesgericht können anschliessend den Neu- oder Umbau einer Anlage über Jahre weiter verzögern. Zudem behandeln viele Gemeinden und Kantone Anträge für neue Anlagen oder für Anlageänderungen gar nicht mehr. So wurden fast alle seit November 2019 eingereichten Baugesuche nicht wegen Einsprachen verzögert, sondern weil die Behörden die Verfahren einfach nicht weiterführen.
Diese Blockade betrifft aber nicht nur Bewilligungsverfahren. Auch Anpassungen bestehender Mobilfunkanlagen dauern heute siebenmal länger als 2018, obwohl keine wesentliche Veränderung der Anlage, der Senderichtung oder der Sendeleistung erfolgt. Simple Notifikationen als effiziente Verfahren ohne Einschränkungen existieren nur noch in sieben Kantonen. In elf Kantonen sind sie nur noch mit Einschränkungen möglich.
Die acht verbleibenden Kantone blockieren dieses bewährte Vorgehen komplett, was umfassende Baubewilligungsverfahren nach sich zieht. Die Mobilfunkbetreiber liegen mit bis zu 60 Prozent Rückstand deutlich hinter ihren ursprünglichen Ausbauplänen zurück, was die 5G-Einführung stark verzögert.
Im Vergleich zur Einführung von 4G/LTE konnten bisher in einem vergleichbaren Zeitraum nur 30 Prozent der Standorte mit 5G ausgerüstet werden. Dabei haben die letzten Monate gezeigt, wie wichtig leistungsfähige Kommunikationsnetze für die Gesellschaft und die Wirtschaft sind. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist es unverständlich, warum die Mobilfunkbranche daran gehindert wird, wichtige Infrastrukturen auszubauen.
Die Mobilfunkanbieter investieren jährlich bis zu 1 Milliarde Franken in den Mobilnetzausbau. Mit der aktuellen Ausbau- und Investitionsblockade werden die künftige Mobilfunkversorgung sowie neue Anwendungen und Services als Basis des wirtschaftlichen Wachstums unnötig verzögert.
Die Konsequenzen sind gravierend: Aufgrund des steigenden Datenverkehrs und der Verdoppelung der Datenmenge alle 18 Monate führt die Blockade einer leistungsfähigen 5G-Infrastruktur gemäss Internationaler Fernmeldeunion (ITU) dazu, dass innert drei Jahren über
60 Prozent des mobilen Internet-
verkehrs nicht mehr bewältigt werden kann.
Die Asut fordert darum den Verzicht auf rechtswidrige Moratorien, die Sicherstellung notwendiger Ressourcen bei den Bewilligungsbehörden, die Vollzugshilfsmittel für 5G sowie eine praxistaugliche Regelung für adaptive Antennen, damit effiziente Antennentechnologien auch in der Schweiz einsetzbar werden.
Zudem ist eine aktivere Kommunikationspolitik des Bundes gegenüber den Bewilligungsbehörden und der Bevölkerung vonnöten. Um die Möglichkeiten aufzuzeigen, hat Asut die Initiative «Chance 5G» lanciert.
Diskussionen um die NISV
Für alle Betreiber erweisen sich die strengen Schweizer Anlagegrenzwerte und die hiesige Einsprachenflut gegen neue 5G-Sender als Hindernisse. Im Februar 2020 beschloss der Grosse Rat im Kanton Genf ein dreijähriges Moratorium für die 4G+- und 5G-Technik mit 60 Ja-Stimmen, 35 Nein-Stimmen und einer Enthaltung.
Die Gesetzesänderung sieht vor, dass alle neuen Antennen während dieses Zeitraums genehmigungspflichtig sind. Zudem fordert Genf, wie bereits der Kanton Neuenburg, ein landesweites Moratorium
für 5G-Millimeterwellen, wobei deren Einführung noch ungewiss ist. Hierzu wurde eine Kantonsinitiative lanciert.
Die «Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung» (NISV) von 1998 mit nur einem Zehntel der in der europäischen Union gültigen Anlagegrenzwerte bleibt weiterhin bestehen und setzt eine Art maximales Strahlenbudget pro Senderstandort. Dabei haben sich die Mobilfunknetze und die dahinterstehenden Technologien deutlich weiterentwickelt.
Weil die NISV diesem Umstand keine Rechnung trägt, hätte sie längst modernisiert und angepasst werden müssen. Leider hat der Ständerat 2018 im Gegensatz zum Nationalrat zweimal dagegen votiert. Ein erbitterter Streit entzündete sich am sogenannten Beam Forming (Grafik unten) mit adaptiven Antennen, das in der Schweiz praktisch blockiert ist, da in der NISV keine variablen Antennencharakteristiken vorgesehen sind.
Vorgaben des BAFU
Hierzu äusserte sich das Bundesamt für Umwelt (BAFU) am 22. 04. 2020: «5G-Antennen nutzen eine effizientere Technologie, dank der mehr Informationen schneller übermittelt werden können. Die Eigenschaften der Wellen sind aber die gleichen wie für 4G.
Das Vorsorgeprinzip, das Grenzwerte für die Strahlung vorsieht, die in der Schweiz zehnmal tiefer sind als in den Nachbarländern, muss auch von 5G-Antennen eingehalten werden.» Die Grundlagen bestehen also im Vorsorgeprinzip im Umweltschutzgesetz sowie in der NISV mit den Grenzwerten.
Solange die Bestimmungen der NISV und der baurechtlichen Vorschriften eingehalten werden, ist die Installation von Antennen zur Umsetzung von 5G zu genehmigen.
Die offizielle Bewilligung der adaptiven Antennen steht noch aus. Diese sind in der Lage, die abgestrahlte Leistung gezielt auf einzelne Nutzerinnen und Nutzer zu fokussieren. Das BAFU wird sobald als möglich die technischen Einzelheiten zur Beurteilung solcher Antennen liefern. Um Transparenz zu schaffen, wie stark die Bevölkerung durch adaptive Antennen tatsächlich belastet wird, sind zunächst Testmessungen notwendig.
Gestützt auf die Ergebnisse der Messungen, wird das BAFU die Vollzugshilfe fertigstellen. Bis diese vorliegt, können Kantone adaptive Antennen in einem Worst-Case-Szenario behandeln. Dabei wird die Strahlung wie bei konventionellen Anlagen nach der maximalen Leistung beurteilt. Die tatsächliche
Strahlung wird damit überschätzt, deren
Beurteilung ist gemäss BAFU aber auf der sicheren Seite.
Zudem wird festgehalten, dass für die Bewilligung und Kontrolle von Mobilfunkanlagen weiterhin die Kantone und Gemeinden zuständig sind. Da sich das Baurecht je nach Kanton und Gemeinde unterscheidet, können auch die Verfahren unterschiedlich ablaufen. Der Bund macht den Kantonen diesbezüglich keine Vorgaben. Die NISV-Grenzwerte sind in jedem Fall einzuhalten, wobei jeder Kanton und jede Gemeinde autonom entscheiden dürfen.
Betreiber wie auch Branchenverbände wie Asut oder Avenir Suisse kritisieren dieses Vorgehen, weil es investitions- und fortschrittshemmend sowie wirtschaftsfeindlich sei. Sie fordern landesweit einheitliche Genehmigungsverfahren für Mobilfunkanlagen und moderatere Grenzwerte, was unser Föderalismus aber verhindert.
Fazit
Leider scheinen viele Behörden eher auf Seite der 5G-Gegner zu operieren. Dabei hatten 2018 bereits 92 rozent
aller Nutzer mindestens ein Smartphone – der klassische Zielkonflikt. Pascale Bruderer, Alt-Ständerätin (AG), brachte es 2018 gegenüber dem Migros-Magzin auf den Punkt: «Hoch sind (…) die Ansprüche der Bevölkerung an die Infrastrukturen. Höher, schneller, besser soll der Internetzugang sein; via Grundversorgung garantiert, gern immer und selbstverständlich überall. Die Antennen dazu aber am liebsten nirgends oder zumindest weit weg von der eigenen Haustür. Widersprüchlichkeiten, die sich nicht einfach verdrängen lassen. Weil von nichts eben doch nichts kommt».
Heute sind die Anforderungen betreffend Schnelligkeit und Datenmenge weitaus höher als um die Jahrtausendwende. Damals war das «mobile Internet» noch am Anfang. Längst verbindet das IoT zahlreiche Geräte und Dinge miteinander. Während im Jahr 2013 noch 3,6 Milliarden Objekte miteinander vernetzt waren, sollen es 2025 bereits
20 bis 25 Milliarden sein – je nach Studie.
Mehr Kapazität, höhere Übertragungsgeschwindigkeiten sowie eine tiefe
Latenz bei hoher Flächendeckung und Übertragungsgüte sind für alle Netzbetreiber wichtige Kriterien, um die wachsenden Anforderungen der Geschäfts- und Privatkunden zu
erfüllen. Ohne 5G wird dies alles nicht möglich sein.
Autor(in)
Rüdiger
Sellin