IBM Research Zurich 07.07.2022, 08:19 Uhr

Schweizer Technologie für den neuen Mainframe

Der neue Mainframe besitzt einen KI-Beschleuniger und ist sicher vor Attacken mit Quanten-Algorithmen, sagt IBM. Die Technologie wurde teilweise im IBM-Labor in Rüschlikon entwickelt.
Alessandro Curioni von IBM Research Zurich gab Einblicke in die neue Mainframe-Technologie
(Quelle: computerworld.ch)
Seit gut einem Monat wird die 16. Generation des Mainframes von IBM ausgeliefert. Wie aus Kreisen bei Big Blue zu hören ist, stösst der Grossrechner durchaus auf Interesse bei der Kundschaft. Die Nachfrage von Computerworld, ob die «interessierte» Kundschaft auch aus der Schweizer (Finanz-)Industrie stammt, liess Big Blue aber unbeantwortet. Hingegen waren die Vertreter der Forschungssparte des IT-Riesens durchaus auskunftsfreudig. An einem Anlass für Schweizer Medien bei IBM Research Zurich in Rüschlikon gaben sie Einblicke in die aktuelle Forschung und ihre Beiträge zu kommerziellen IBM-Produkten.
Für IBM-Research-Direktor Alessandro Curioni stand fest, dass Quanten-Computing die Zukunft des Computings ist. Die neuen Rechner böten nie dagewesene Leistungsfähigkeit und versprechen, die Limitationen der heutigen Halbleiter-Technologien aufzuheben. Nach seinen Worten könnten Quantencomputer eines Tages derart leistungsfähig sein, dass sie heute als sicher geltende Verschlüsselungsalgorithmen problemlos knacken könnten. So könnten Hacker heute auf die Idee kommen, einen verschlüsselten Datensatz zunächst einmal abzulegen, um ihn später mit einem Quantencomputer zu decodieren und die unverschlüsselten Daten für ihre Zwecke zu verwenden. Diesen «unerwünschten Nebeneffekt» – wie es Curioni nannte – der künftigen Computertechnologie gelte es zu beherrschen, bestenfalls mit den heutigen Mitteln.

Quanten-sichere Verschlüsselung

Über die Fortschritte beim Bau von Quantencomputern orientierte an dem Anlass die Spezialistin Heike Riel. Sie ist als Quantum Lead bei IBM Research Europe tätig und sorgt mit ihrem Team dafür, dass die Rechner immer leistungsfähiger und verlässlicher werden. Das aktuelle System «Eagle» basiert auf 127 Qubits. Bis Ende Jahr will IBM Research eine Maschine mit 433 Qubits gebaut haben, die derzeit unter dem Namen «Osprey» entwickelt wird. Wie Riel ausführte, folgt 2023 «Condor» mit 1121 Qubits, dann 2024 «Flamingo» mit 1386 Qubits und schliesslich 2025 «Kookaburra» mit 4158 Qubits. Die Praxistauglichkeit von Quantencomputern könne aber schon heute getestet werden, so die Expertin. Sie verwies auf die Cloud-Plattform «IBM Quantum», über die auch der «Eagle»-Rechner zur Verfügung steht.
Der neue Mainframe z16 besitzt nach Aussage von Vadim Lyubashevsky einen Sicherheits-Chip, der auch gegen zukünftige Angriffe von Quantenrechnern schützt. «Auch wenn bis anhin noch keine Gefahr durch Quantencomputer besteht, die gängige Verschlüsselungsmechanismen knacken können, wird sich das aber in absehbarer Zeit ändern», sagte der Kryptografie-Forscher von IBM Research Zurich. Er war an der Entwicklung des «Quantum Safe»-Moduls des z16 beteiligt. Der Chip nutzt «Post Quantum Cryptography»-Verfahren auf der Basis von Gittervektorproblemen (englisch: «Lattice-basedcryptography»), die auch ein Quantencomputer nicht innert nützlicher Frist lösen könne, wie Lyubashevsky sagte.

Mit KI gegen Geldwäsche

Der zweite Baustein aus dem IBM Research Zurich für die neue Mainframe-Generation ist ein KI-Beschleuniger plus die zugehörige Entwicklungsumgebung. Der Turbo-Chip sorge nach Aussage von Mitentwickler Haris Pozidis einerseits dafür, dass Algorithmen mit künstlicher Intelligenz (KI) schneller verarbeitet werden können. Andererseits könnten Kunden ihre bestehenden Anwendungen anhand des Software-Frameworks «SnapML» so adaptieren, dass die KI helfe, die Transaktionen zu optimieren.
Nach den Worten des Spezialisten für Data and AI Systems bei IBM Research könnten durch die KI zum Beispiel Finanztransaktionen beschleunigt werden. Als Anwendungsfall nannte er die Geldwäsche-Prüfung von Kreditkartenbuchungen. Heute benötige die Prüfung der Transaktionen mehrere Stunden und geschehe typischerweise über Nacht, so Pozidis. Beim z16 gebe IBM das Versprechen, dass die Prüfungen in Echtzeit geschehen könne. Die Finanzdienstleister könnten so gemäss dem Anbieter 60 Prozent der heutigen Betrugsfälle künftig vermeiden und Schadensersatzzahlungen in Höhe von rund 330 Milliarden US-Dollar einsparen.



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