17.07.2012, 10:37 Uhr
Googles Superhirn wird Yahoo-CEO
Marissa Mayer hat alles: Eine Bilderbuchkarriere, blendendes Aussehen, ein fotografisches Gedächtnis, eine gescheiterte Beziehung mit Google-CEO Larry Page und bald auch Nachwuchs. Das alles mit noch nicht einmal vierzig Jahren. Doch nun steht Mayer vor der grössten Herausforderung ihres Lebens: Sie muss dem taumelnden Internet-Riesen Yahoo wieder auf die Füsse helfen.
Gestern noch war Marissa Mayer lokale Produktchefin von Google, einen Anruf und 24 Stunden später sitzt die 37-Jährige bereits im Chefsessel von Yahoo. Das Wort Sensation sollte nicht zu inflationär verwendet werden, doch dass Mayer Yahoo-Übergangschef Ross Levinson beerbt ist in der Tat eine. Denn nicht nur ist sie eines der bekanntesten Gesichter der IT-Branche, sondern prägte in den vergangenen 13 Jahren auch den Aufstieg von Google wesentlich mit. Als Mitarbeiterin Nummer 20 eingestellt, beweist sich die Stanford-Absolventin beim aufstrebenden Internet-Start-Up als Mathematikgenie mit fast unfehlbarer Logik. Zuerst für das Gebiet Künstliche Intelligenz als Entwicklerin tätig – die erste weibliche Entwicklerin bei Google – leitet sie schon bald das für Webserver verantwortliche Team und bestimmte dadurch das Design der Google-Hauptseite und der Suche. Einige Jahre später war sie Produktmanagerin der Google-Suche und Vizepräsidentin des Suchmaschinisten, was die «Los Angeles Time» zur Aussage veranlasste, Marissa Mayer habe die Internet-Erfahrung der Menschen vielleicht mehr vorangetrieben, als irgend eine andere Person. Das Fortune-Magazin listete sie 2008, 2009, 2010 und 2011 als eine der 50 mächtigsten Geschäftsfrauen Amerikas, mit 33 war sie die jüngste, die das je geschafft hatte. Auch «Woman of the Year» war sie schon, Mayer hatte alles. In ihren letzten Jahren bei Google geriet die Karriere der begeisterten Bergsteigerin – sie war unter anderem auf dem Kilimandscharo - allerdings ins Stocken. Mayer war als lokale Produktchefin zwar laut der «New York Times» für über 1000 Produktmanager verantwortlich, doch in der Branche sahen einige den Job eher als Rückschritt für Mayer. Entsprechend ist ihre Aussage in der «New YorkTimes» zu verstehen, mit der sie den Wechsel bekanntgab: Ich hatte eine wunderbare Zeit bei Google, Aber es war letzten Endes eine leichte Entscheidung, den Job bei Yahoo anzunehmen.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum der Wechsel die IT-Szene unter Hochspannung setzt
Warum der Wechsel die IT-Szene unter Hochspannung setzt
Bereits heute wird Mayer bei Yahoo beginnen, der Übergangschef Ross Levinson hat sich nicht bewährt. Dass Mayer dank ihren Führungspositionen die langjährige Strategie von Google genau kennen dürfte, macht den schnellen Wechsel besonders brisant, denn Wettbewerbsklauseln gibt es in Kalifornien nicht. Dass sie gestern auf Twitter verkündete schwanger zu sein, macht ist hinsichtlich der weltweit laufenden «Kind und Karriere»-Debatten ebenfalls hochinteressant, sie dürfte die einzige Schwangere sein, die eine Fortune 500 Firma führt. Das «i-Tüpfelchen» auf der ganzen Geschichte ist allerdings, dass sie als Yahoo-Chefin gegen ihren ehemaligen Arbeitskollegen Tim Armstrong (AOL), ihren Ex-Freund Larry Page (Google) und ein weiteres Wunderkind der IT-Branche, Mark Zuckerberg (Facebook) in direkte Konkurrenz treten wird. Schafft es Mayer bei solch prominenten Gegnern Yahoo wieder auf Kurs zu bringen? Der einstige Internet-Pionier hat in den letzten Jahren an Marktanteilen und Vertrauen eingebüsst, dass Mayer der fünfte CEO in den letzten fünf Jahren ist, ist ein Beweis dafür. Die 37-Jährige hat zweifellos das Potential und den nötigen Ehrgeiz, den es für solch ein Vorhaben braucht. Yahoo scheint sich mit ihrer Ernennung einiges überlegt zu haben, nun muss aber abgewartet werden, ob Marissa Mayer weiterhin überdurchschnittliches leisten kann.